Laura Leander 02 - Laura und das Siegel der Sieben Monde
»Nur Geduld, Laura! Geduld zählt zu den Müttern des Erfolgs, wie meine Großmutter immer zu sagen pflegte!«
Das Mädchen verdrehte die Augen. Nun machte Alarik auch schon einen auf Oberlehrer wie Lukas.
Na, vielen Dank aber auch!
Endlich hatte der Junge ein Einsehen. »Ich habe mich an eine Bemerkung von Pater Dominikus erinnert«, erklärte er. »Von damals, als der Professor mich ins Kloster gebracht hat.«
»Was hat er denn gesagt?« Aufgeregt stieß das Mädchen den Jungen an. »Jetzt erzähl doch schon, und lass dir nicht jedes Wort aus der Nase ziehen!«
»Als der Professor den Pater gefragt hat, wo er mich unterbringen will, hat Dominikus ihn nur viel sagend angegrinst und erwidert: ›In den Tresor können wir den Kerl nicht auch noch stecken, deshalb muss ich mir was anderes einfallen lassen‹.«
»Und weiter?«
»Ich hab den Worten keine besondere Bedeutung beigemessen, damals. Der Begriff war mir ja völlig unbekannt – aber jetzt erscheint mir alles plötzlich in einem ganz anderen Licht.«
»Weil du jetzt weißt, was ein Tresor ist?«
»Ja – und weil ich weiß, dass es Morgenstern war, der den Kelch nach der Wintersonnenwende versteckt hat.«
»Ja, und?«
Lauras arglose Frage versetzte den Jungen in Erstaunen. »Was – und?«, gab er irritiert zurück.
»Was folgerst du daraus?«
»Verstehst du denn immer noch nicht, Laura? Muss ich dir wirklich erklären, was das bedeutet?«
Lauras Blick verschleierte sich. Sie wandte sich ab und starrte sinnierend über die Wasser des Sees. ›»In den Tresor können wir ihn nicht auch noch stecken‹«, murmelte sie nachdenklich, »›… ihn nicht auch noch stecken.‹« Mit einem Mal brach sie ab, und ein Leuchten ging über ihr Gesicht. Mit großen Augen wandte sie sich dem Jungen wieder zu. »Ja, klar, jetzt verstehe ich, was du meinst – du denkst, der Kelch befindet sich in einem Tresor im Kloster!«
»War doch möglich, oder?« Der Junge erhob sich und wanderte aufgeregt auf und ab. »Überleg doch mal: Morgenstern hat mich in die Abtei gebracht, weil er überzeugt war, dass ich dort vor den Dunklen in Sicherheit wäre. Und wenn ich dort sicher war – warum dann nicht auch der Kelch?«
»Hey! Das ist gar keine blöde Idee!«
K apitel 26 Das
Geheimnis des
Freskos
autes Stimmengewirr und das Geklapper von Besteck und Geschirr hallten durch den Speisesaal. An Lauras Tisch saßen die vier Freunde dicht beieinander. Wie Verschwörer hatten sie die Köpfe zusammengesteckt, damit keiner der Mitschüler hörte, worum es in ihrer eifrigen Diskussion ging.
Lukas schaute sich noch einmal nach allen Seiten um, bevor er seiner Schwester antwortete. »Selbst wenn der Kelch tatsächlich irgendwo im Kloster sein sollte«, flüsterte er ihr zu, »dürfte er bestimmt nicht leicht zu finden sein. Das Gelände ist ziemlich weitläufig, und es gibt zahlreiche Gebäude. Außerdem wird der Abt auf keinen Fall gestatten, dass wir es einfach durchsuchen. Und Zugang zum Tresor wird er uns schon gar nicht gewähren.«
Mit spitzen Zähnen kaute Laura auf einem zähen Stück Schnitzel herum. »Ich glaube nicht, dass das notwendig sein wird«, brachte sie zwischen zwei Bissen hervor.
Erstaunt ließ Lukas die Gabel sinken. Blumenkohlröschen platschten zurück auf seinen Teller. »Hast du nicht eben behauptet, der Kelch wäre im Klostertresor? Was mir als durchaus logosibel erscheint. Schließlich ist das Gefäß mindestens genauso kostbar wie Messkelche, Monstranzen oder andere liturgische Gerätschaften.«
»Lukas hat Recht«, mischte Kevin sich ein. »Die Klosterkirche ›Zum Heiligen Stein‹ ist doch bekannt für ihre Sammlung wertvollster Messgeräte. Einige bestehen aus purem Gold und sind mit Edelsteinen besetzt – und werden deshalb in einem einbruchsicheren Panzerschrank verwahrt, wie man in der Informationsbroschüre nachlesen kann. Der Kelch der Erleuchtung wäre darin doch auch bestens aufgehoben, oder?«
Laura schüttelte den Kopf. »Kann ja sein. Aber trotzdem glaube ich nicht, dass der Professor ihn dort versteckt hat.«
»Oh, nö!«, meldete sich Kaja zu Wort, bevor sie sich eine riesige Portion Pommes in den Mund schaufelte und eine Ladung Blumenkohl gleich hinterher stopfte. »Wawum wenn wicht?«
»Ganz einfach – weil zu den Schätzen des Klosters normalerweise nur der Bursarius, der Schatzmeister, Zugang hat – und der Abt, natürlich. Aber auf gar keinen Fall der Bibliothekar. Was bedeutet, dass mit dem Tresor, den Pater Dominikus
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