Laura Leander 02 - Laura und das Siegel der Sieben Monde
einfiel. Nur beiläufig registrierte sie das Zigarillo in der Hand von Max und die Rauchschwaden, die durch das Zimmer drifteten.
»Die Maid wollte ihren Lehrer begrüßen«, erklärte Konrad Köpfer an ihrer Stelle. Das Grinsen schien wie festgefroren in seinem Gesicht.
»Deinen Lehrer?« Sayelle schaute die Stieftochter so verwirrt an, als habe sie eine Außerirdische vor sich. »Welchen Lehrer denn?«
»Dr. Schwartz.« Lauras Stimme klang belegt. Sie räusperte sich. »Ich dachte, ich hätte ihn hier drin gehört.«
Sayelle warf Longolius einen raschen Blick zu, bevor sie Laura verständnislos ansah. »Aber Kind! Wie soll Dr. Schwartz denn hierher kommen? Und warum? Wir haben ferngesehen, Max und ich, weiter nichts.«
Lauras Blick wanderte zum Fernseher. Ein alter Schwarzweiß-Streifen flimmerte über die Mattscheibe. Wenn sie sich nicht täuschte, war gerade Humphrey Bogart im Bild, der von Ingrid Bergman angeschmachtet wurde. Die Szene kam ihr bekannt vor, und da fiel ihr der Titel des Films wieder ein: »Casablanca«.
Hatte sie sich tatsächlich verhört? War das vermeintliche Gespräch der beiden Männer am Ende nur ein Filmdialog gewesen?
Max Longolius legte das Zigarillo im Aschenbecher ab und lächelte das Mädchen an. »Können wir was für dich tun, Laura?«
Es war vielleicht freundlich gemeint, doch auf Laura wirkte es nur schleimig. »Nein, danke, ich geh wieder ins Bett.«
Als sie sich umdrehte, bemerkte sie eine kleine Sprayflasche. Sie stand direkt neben dem Ascher mit dem qualmenden Zigarillo. In dem Fläschchen war Medizin.
E in A sthma- M ittel.
Weder Sayelle noch Max Longolius waren Asthmatiker. Laura kannte nur einen Menschen, der regelmäßig auf dieses Spray angewiesen war: D r. Q uintus S chwanz!
K apitel 5 Das
Schneemonster
er Aufstieg zum Teufelskopf war äußerst mühsam. Laura und Lukas empfanden ihn als die reinste Qual. Der Weg führte steil bergan, und die Skier versanken immer wieder im frisch gefallenen Schnee. Die Geschwister waren schweißgebadet, als sie nach über zwei Stunden endlich ihr Ziel erreichten. Erschöpft stützten sie sich auf die Skistöcke und keuchten wie Zehnkämpfer nach dem finalen Eintausendfünfhundertmeterlauf, während sie sich umschauten.
Der Teufelskopf war eine bewaldete Anhöhe außerhalb von Hinterthur, oberhalb der Skeletonbahn, gelegen. Sie verdankte ihren Namen einem mächtigen Felsbrocken auf ihrer Spitze, der wie ein Kopf mit zwei Hörnern geformt war. Nun war er von einer dichten Schneedecke verhüllt, sodass seine Form nur noch zu erahnen war. Eine Schneise, die eine Lawine vor einigen Jahren mitten in den Schonungen gerissen hatte, führte bis ins Tal hinunter. Im Winter konnte man darüber herrlich abfahren. Sie war allerdings schmal und steil, was hohe Anforderungen an die Skifahrer stellte. Das war jedoch nicht der einzige Grund, aus dem sie nur selten befahren wurde. Dazu kam, dass es keinen Lift gab, der hoch zum Teufelskopf führte. Die meisten Skitouristen scheuten den mühsamen Aufstieg, wodurch sie sich um ein herrliches Erlebnis und eine ebenso herrliche Aussicht brachten.
»Schade, dass Kevin so plötzlich krank geworden ist«, sagte Laura zu ihrem Bruder, während sie den Blick über das eindrucksvolle Bergpanorama schweifen ließ. »Hier oben würde es ihm bestimmt gefallen.«
Es war Kevins Idee gewesen, zum Teufelskopf aufzusteigen. Er hatte die Sommerferien ebenfalls in Hinterthur verbracht und war von einem Jungen aus dem Ort auf die Abfahrt aufmerksam gemacht worden. Sie sei die »geilste« in der ganzen Region, hatte der erzählt, man dürfe sie sich unter keinen Umständen entgehen lassen. Die Piste werde nämlich nicht präpariert und biete deshalb die seltene Gelegenheit zum Tiefschneefahren. Schade, dass Kevin sich eine Erkältung eingefangen hatte.
Beim Aufstehen hatte er sich matt und fiebrig gefühlt und ein Kratzen im Hals verspürt. Das Fieberthermometer zeigte achtunddreißig Komma fünf Grad, sodass es nur vernünftig war, wieder ins Bett zu schlüpfen und sich auszukurieren. Laura wollte den Trip zum Teufelskopf verschieben, Kevin jedoch hatte energisch widersprochen und auf den Neuschnee verwiesen, der in der Nacht gefallen war. Die seltene Gelegenheit zu einer Abfahrt bei so tollen Bedingungen dürften sie sich wirklich nicht entgehen lassen. Und so waren Laura und Lukas schließlich ohne ihn aufgebrochen.
Lukas blickte seine Schwester ausgepumpt an. »Kann ich bitte etwas Tee haben?«
»Ja,
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