Laura Leander 06 - Laura und das Labyrinth des Lichts
sich in den zuckenden Flammen ab: der Kopf eines zweifach gehörnten Dämons. Obwohl nur aus feuriger Lohe geformt, waren die schrundigen Narben und eitrigen Warzen auf der hässlichen Fratze deutlich erkennbar. Ebenso die Augen und die Eckzähne, die wie die Hauer eines Ebers aus dem Maul ragten. Selbst sein Ziegenbart glich züngelnden Flammen.
»Hier bin ich, elender Wurm«, erhob sich eine Stimme. »Wie kannst du es wagen, mich in der Ruhe meines Schwarzen Schlosses zu stören?«
Der Fhurhur richtete sich auf, kniff die Augen zusammen und starrte ängstlich ins blendende Feuer. »Ich benötige Eure Hilfe, o mächtiger Herr der Finsternis«, krächzte er. »Deshalb bittet Euch Euer ergebener Diener, ihm Zutritt zu Eurem finsteren Reich zu gewähren.«
Der Dämon zögerte mit der Antwort. »Hast du dir das auch gut überlegt?«, fragte er schließlich. »Du weißt doch, was passiert, wenn du meinen Zorn erregst?«
»Natürlich, o mächtiger Gebieter.« Erneut verbeugte sich der schmächtige, kleine Mann. »Aber ich bin mir sicher, dass meine Worte Euch nicht erzürnen, sondern im Gegenteil mit großer Freude erfüllen werden.«
Die Flammen auf der Stirn des Dämons schienen sich zusammenzuziehen. Sein Maul verformte sich zu einem Grinsen. »Nun denn, mein Freund, du hast es nicht anders gewollt«, fauchte Beliaal wie ein brausender Feuersturm. »Du weißt, wie du auf schnellstem Wege in mein Schwarzes Schloss gelangst. Das Feuer des Phönix wird dich zu mir bringen. Also zögere nicht länger und mach dich auf den Weg!« Die Flammen loderten noch einmal höllenrot auf, dann war das grässliche Haupt verschwunden, als hätte die Lohe es verzehrt.
Der Fhurhur erhob sich, griff in den zweiten Beutel und holte eine Feder daraus hervor – die goldene Schwanzfeder eines Phönix. Er machte einen Schritt auf den Kamin zu, warf die Feder ins Feuer – und sprang hinterher!
Im nächsten Moment war er spurlos verschwunden. Die Flammen fielen in sich zusammen, bis nur noch ein unscheinbares Feuer im Kamin vor sich hin züngelte.
L ukas zögerte immer noch, von seiner Vision zu berichten. Klar war Mr Cool ein Freund! Andererseits hatte Lukas ihm bislang verschwiegen, dass nicht nur seine Schwester über besondere Fähigkeiten verfügte, sondern auch er selbst. Lukas konnte nämlich Schattensehen!
Seine Großmutter Lena, die aus Aventerra stammte, hatte ihm diese äußerst seltene Gabe vererbt. Wie jeder Schattenseher war auch Lukas in der Lage, die Aura eines Lebewesens wahrzunehmen – jene geheimnisvolle Energie, die jedes Geschöpf ausstrahlte. Er konnte das sogar dann noch, wenn das entsprechende Wesen schon längst nicht mehr anwesend war.
Und genau das war vor wenigen Augenblicken geschehen: Lukas war sicher, den Energieschatten jenes unheimlichen schwarzen Reiters beobachtet zu haben, der seine Schwester Laura am Tag vor ihrem dreizehnten Geburtstag gejagt und in Todesangst versetzt hatte. Sie war nur deshalb mit heiler Haut davongekommen, weil der Verfolger sich auf unerklärliche Weise in Nichts aufgelöst hatte.
Oder stand dem Monster der beobachtete Ritt erst noch bevor? Schließlich konnten Schattenseher sogar zukünftige Ereignisse wahrnehmen.
Dieser Gedanke versetzte Lukas einen Schock. Schwebte Laura womöglich in Gefahr? Würde der Reiter vielleicht zurückkehren und sie erneut attackieren, um den fehlgeschlagenen Angriff von damals wettzumachen? Angst und Sorge stiegen in dem Jungen auf und schnürten ihm regelrecht die Kehle zu.
Hatte seine Schwester womöglich nicht alles vergessen und konnte sich daher ihrer außergewöhnlichen Fähigkeiten noch immer bedienen? Ansonsten stellte sie für die Dunklen doch keine Gefahr mehr dar, und diese hätten keinen Grund, gegen sie vorzugehen! Lukas musste so schnell wie möglich herausfinden, ob Laura Gefahr drohte. Damit er sie notfalls warnen und ihr zur Seite stehen konnte!
Aber sollte er seine Bedenken tatsächlich mit Mr Cool teilen?
Lieber nicht!
Dann würde Philipp sich ebenfalls um Laura sorgen, vielleicht sogar mehr als ihr Bruder. Philipp war schließlich in sie verknallt, davon war Lukas überzeugt. Und zwar bis über beide Ohren, auch wenn Laura gar nichts von ihm wissen wollte! Es war daher bestimmt besser, Mr Cool nicht zu beunruhigen.
»Ach, weißt du«, sagte Lukas leichthin, »mir ist nur plötzlich was eingefallen.«
»Echt?« Mr Cool schob die Wollmütze in den Nacken und kratzte sich am Kopf. »Und was, bitte?«
»Ich hatte
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