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Laura, Leo, Luca und ich

Laura, Leo, Luca und ich

Titel: Laura, Leo, Luca und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Maiwald
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Fernseher liegt |60| ein A C-Mailand -Schal, genauer gesagt:
lag
ein A C-Mailand -Schal, denn vor kurzem schenkte ihr Pepe einen Flachbildschirm, auf dem der Schal keinen Halt mehr findet. Und eines der ersten Wörter, das meine Tochter Lilli lernte, war »Kaká Gol«, zu Ehren des hübschen brasilianischen Offensivspielers. Nebenbei: Der italienische Torschrei lautet nicht
Gol
, sondern
Rete
, was mit dem gerollten R viel schärfer und atemloser klingt. Wenn Lilli und Trixi in der Nähe sind, während Milan übertragen wird, hoffe ich auf wenige Tore, denn jedesmal, wenn Inzaghi, Pirlo oder Kaká treffen, werden meine Töchter von Minnie gedrückt, bis sie rot anlaufen. Bitter für Lilli, die stets ein Auge auf Schewtschenko geworfen hatte, dass der jetzt bei Chelsea spielt.
    Wer nun den AC Mailand reflexartig als Berlusconi-Club ablehnt, begeht einen schweren Fehler. Zum einen ist Milan traditionell der linke Club der Arbeiter; Stadtrivale Inter ist in den Händen der Reichen und Rechten. Der frühere Kommunistenführer Fausto Bertinotti, derzeit der Präsident der Abgeordnetenkammer, ist glühender Milan-Fan und denkt gar nicht daran, seine Haltung zu überdenken, nur weil Silvio Berlusconi die Präsidentschaft übernommen hat. Zum anderen hat Milan den modernen Offensivfußball geprägt wie allenfalls noch Ajax Amsterdam in den Siebzigern. Juve dagegen ist bekannt für den »Calcio cinico«, den zynischen, ergebnisorientierten 1: 0-Stil , dazu noch für extrem körperbetontes Spiel an der Grenze zur Unfairness.
    |61| Wahrscheinlich hat es nie eine bessere Fußballmannschaft gegeben als den AC Mailand in den späten Achtzigern und frühen Neunzigern, kongenial verstärkt durch die drei Holland-Importe Ruud Gullit, Marco van Basten und einen gewissen spuckenden Verteidiger, dessen Name mir partout nicht einfallen will. Das 4: 0 im Champions-League-Finale gegen den FC Barcelona 1994 war für viele Fußballfans ein inneres Sektfrühstück, weil nämlich Barcelona von Johan Cruyff trainiert wurde, welcher in seiner typisch arroganten Art den Milan-Fußball als steinzeitlich und, klar, ergebnisorientiert herunterputzte. Quittung: Die höchste Finalniederlage der C L-Geschichte .
    Dass Berlusconi nachts live in der beliebtesten Sportsendung des italienischen Fernsehens anruft (so geschehen am 22.   Februar 2004 um 23.10   Uhr bei ›Domenica Sportiva‹ der RAI) und sich über die Anti-Milan-Berichterstattung beschwert (Erster Satz: »Wie ich sehe, redet ihr gerade über mich.«), macht ihn doch fast schon wieder sympathisch. Und auch Berlusconis hübschen Satz anlässlich einer Audienz im Vatikan – »Wir exportieren beide eine siegreiche Idee in die Welt«, sagte er zu Papst Johannes Paul II., »Sie das Christentum, ich den AC Mailand« – deuten nur Böswillige als Größenwahn. Andere sehen darin einen ganz besonderen Humor.
    Zu lachen habe ich während Fußballübertragungen, die wir bei der Familie meiner Frau verfolgen, jedenfalls nichts. Bis heute versuche ich, den Trikot-Schnitzer wiedergutzumachen. Aber bislang nützt es nichts. |62| Auch mein Hinweis, dass ich von Mode noch nie viel verstanden habe, verebbt in den Schimpfkanonaden. In der Familie bin ich nun
Lo Juventino
, was, wenn ich die Betonung korrekt interpretiere, eine ähnliche Semantik besitzt wie
Il Geschlechtskrankheitenüberträger.

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Die Cappuccino-Jahre
    E s gab einmal eine Zeit, da kamen viele Deutsche nach Italien und wussten nicht so genau, was zu tun ist. Daher aßen sie Spaghetti mit Gabel und Löffel und bestellten auch spätabends einen Cappuccino. Die Italiener wunderten sich, sagten aber nichts. Weil Deutsche nicht nur im Autobauen und Elfmeterschießen gewinnen, sondern auch im Anpassen spitze sind, lernten sie schnell, dass man Spaghetti mit der Gabel dreht und ein Cappuccino nur sehr früh am Morgen, also etwa bis 11   Uhr, erlaubt ist, dann aber nicht mehr.
    Italien ist nun in unseren Köpfen, und wir versuchen, die besseren Südländer zu sein. Das lässt sich gut in München beobachten, wo es das Straßencafé Venezia gibt. Es ist bei akzeptablem Wetter voll mit Menschen, die ihre Sonnenbrillen im Haar tragen und beim Kellner auf Italienisch bestellen, nicht beachtend, dass
Luigi schon seit vierzig Jahren hier lebt und akzentfrei Deutsch spricht;
Luigi kein Italiener ist, sondern Kroate.
    |64| Es sind nicht sosehr die Italiener selbst, die über Deutsche grinsen, die sich noch am Nachmittag oder gar am Abend einen

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