Laura, Leo, Luca und ich
Knoblauch, Garnelen und Cashewkernen (das eine von den dreieinhalb Gerichten, die ich kann, ohne dass in meinem Hirn in Neonbuchstaben das Wort »Lebensmittelvergiftung« aufleuchtet) schindet immerhin auch in der italienischen Verwandtschaft Eindruck. Risotto ist ohnehin eine sehr sinnliche Sache, dazu kommen noch Safran, Pfeffer und eine Prise Rosmarin. Wer braucht da noch Viagra? Selbst Minnie schaut mich danach irgendwie lüstern an.
Gut übrigens, dass der männlichste Film aller Zeiten auch einen sehr brauchbaren Kochtipp enthält: In ›Der Pate‹ zeigt Killer Clemenza dem jungen Michael Corleone, wie man Pastasauce verfeinert: mit einem Löffelchen Zucker.
Früher träumten Frauen von Machos. Aber ein Macho kocht nicht. Wer kann sich Mickey Rourke unter einer Dunstabzugshaube vorstellen? Deswegen sind |108| Machos so out wie Toast Hawaii. Brad Pitt hingegen, der bindet sich für seine Angelina bestimmt ab und zu mal eine Schürze um und zaubert Spaghetti all’arrabiata. Und David Beckham wird immer mal wieder beim Gemüseeinkauf gesehen.
Ich bin trotz der interkulturellen Heirat nicht fein raus. Auch die einst so grandios aufkochenden Italienerinnen haben inzwischen Gefallen daran gefunden, auf der Couch zu zerfließen und durch die Vorabendserien zu zappen, während der Mann im Schweiße seines Angesichts das Risotto umrühren muss. Globalisierung, verfluchte.
|109|
Laura wird berühmt
D a fällt mir noch etwas ein, was viel über Laura aussagt – falls der Leser oder die Leserin sie sich immer noch nicht so recht vorstellen kann. Ein Freund von mir betreute bei der Frauenzeitschrift ›Cosmopolitan‹ die Essseiten. Für diese Seiten erfand er eine Serie mit einem etwas sperrigen Titel, der etwa lautete: »Ausländerinnen, die in Deutschland leben, kochen ihr Leibgericht.« Und wie es so ist als Journalist, wildert man in der eigenen Bekanntschaft umher. Mein Freund kam schnell auf mich, also taten wir so, als lebte Laura in Deutschland, was ja nicht ganz falsch war. Der Fototermin war an einem Samstag im März in München, und Laura kam mit drei Kühlboxen und fünf Tüten aus Grado angerauscht. Im Auto roch es noch wochenlang wie in einer Küche. Wie in einer echten Küche, wohlgemerkt, nicht wie in meiner völlig geruchlosen Schwabinger Temporärsingle-Küche, denn eingetrocknete Ketchuptuben und einsame halbe Zitronen riechen ja nach nichts.
Laura also rückte gegen Nachmittag in München an, und es sollte geben: Risotto mit Tintenfischchen und |110| Seebarsch in der Salzkruste. Tintenfischchen wie Seebarsch waren am Morgen noch im Meer rund um Grado ihrem Tagwerk nachgegangen; Laura hatte sie praktisch den Fischern vom Boot weggekauft. Auch mein Freund, der Schreiber, sowie der Fotograf, der Food Stylist und der Assistent des Fotografen drängten in meine Wohnung, ausgerüstet mit diesen gleißenden Lampen, die wie Filmscheinwerfer aussehen. Vermutlich waren es Filmscheinwerfer. Laura brutzelte unterdessen drauflos. Das Meersalz hatte sie vergessen, um den Barsch darunter zu begraben, und in ganz Schwabing ließ sich kein Meersalz auftreiben, also musste der Assistent des Fotografen losatzen und welches von daheim holen. Währenddessen wurde Laura am Herd von links, rechts, oben, vorn und hinten fotografiert. Der Fotograf und der Food Stylist kamen sich ein bisschen in die Haare, aber das kannte ich schon, ich bin ja selber Journalist. Inmitten des Chaos rief Laura immer wieder seelenruhig ihren Vater an, der ihr Ratschläge gab, wie man das Risotto machen müsse und wie der Fisch gelänge. In mir, der ich Laura ja nun schon ein bisschen kannte, keimte ein Verdacht.
»Hast du das überhaupt schon mal gekocht?«, fragte ich.
»Nein, noch nie«, antwortete sie. »Hier, probier mal.«
Hätte ich auf einem Stuhl gesessen, wäre ich rückwärts vom Stuhl gefallen. Ich sah schon die Essspezialisten von ›Cosmopolitan‹ mit schweren Vergiftungssymptomen im Krankenhaus liegen, Zehntausende |111| von Leserinnen über der Toilettenschüssel und meinen Freund gefeuert und verklagt. Glücklicherweise hatte Laura Wein mitgebracht. Ich widmete mich intensiv der Flasche.
Fotograf und Food Stylist arbeiteten nicht mit ekligen Hilfsmitteln wie Haarspray oder Autolack, um alles appetitlicher aussehen zu lassen (allenfalls kam mal ein Schuss Olivenöl zum Einsatz, um Glanz herzustellen), und so konnten wir sechs es uns schmecken lassen. Was soll ich sagen: Es war ein voller Erfolg. Auf die genaue
Weitere Kostenlose Bücher