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Laura, Leo, Luca und ich

Laura, Leo, Luca und ich

Titel: Laura, Leo, Luca und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Maiwald
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Touristen zahlen Eintritt. Dazu addieren sich die Gebühren für eine Holzkabine, Sonnenschirm und Liegestühle. Einwohner Grados bekommen auf all dies massive Ermäßigungen. Aber vor allem kennen sie diejenigen, die die Tickets abreißen. Und zahlen mit einem freundlichen Lächeln. Die Strandverwaltung hat sich daraufhin vor ein paar Jahren einfallen lassen, |116| dass die Kartenabreißer jede Woche ihren Zuständigkeitsbereich wechseln müssen – der kostenpflichtige Strand von Grado ist gut drei Kilometer lang und verfügt über etwa ein Dutzend Eingänge. Nun sieht man des Morgens interessante Migrationsbewegungen, und schnell ist klar, welcher Gradeser Kartenabreißer über den größten Freundeskreis verfügt.
    Es ist nicht so, dass der Bagnino ein Tunichtgut ist, meist hat er reichlich zu tun, und allein die gemeingefährliche Aufgabe des Liegestuhl-Aufstellens und -Zuklappens verdient höchsten Respekt. Unser Bagnino heißt Sebastiano, der naheliegenderweise von allen Momi genannt wird, und ihm geht es gut, bis auf ein paar Pflaster an den Fingern. Seine Arbeit beginnt morgens um 8 und endet abends um 19   Uhr, dazwischen sind zwei Stunden Pause. Er klappt am Morgen die gebuchten Sonnenschirme auf, richtet die Liegestühle her, raucht dann mit seinen Stammkunden Zigarette, 1 gibt Wetterprognosen für die nächsten Tage ab und klappt am Abend Sonnenschirme und Liegestühle zusammen.
    Das ist das Besondere am Bagnino: Er ist ein integrativer Teil des Sommers, kein Blockwart, sondern eher ein freundlicher Nachbar, der einem immer mit etwas aushilft: mit Feuer, mit einem Frisbee oder mit einem extra Liegestuhl, falls Besuch kommt. Insofern ist er viel höher angesehen als ein einfacher Dienstleister. |117| Dazu verströmt er noch die Kompetenz eines ehrlichen Handwerkers, der kleinere Reparaturen sofort und unentgeltlich ausführt. Ein guter Bagnino ist wie ein guter Kumpel auf Teilzeit. Ein Gesellschafter. Oft sitzt Momi bei meiner Schwiegermutter, und sie verstehen sich verdächtig gut. Will sagen: Momi als Schwiegersohn schiene meiner Schwiegermutter nicht unrecht. Vor allem, weil er Milan-Fan ist und ich nicht.
    Die Schattenseiten des Bagnino-Daseins: Die Bezahlung ist lausig, die Aufstiegsmöglichkeiten sind naturgemäß begrenzt, der Job taugt zudem nur für die Sommermonate. Aber Momi hat Glück, er gehört zu den wenigen Ganzjahres-Bagnini, die auch im Winter für die Strandverwaltung arbeiten. Zudem bekommt er von den Stammkunden am Ende des Sommers gutes Trinkgeld.
    Wenn man erst einmal eine Weile am Strand ist, dann merkt man: Es gibt sogar noch einen besseren Job als den des einfachen Bagnino. Und der nennt sich
salvataggio
. Das sind Rettungsschwimmer, die etwa 50   Meter vom Ufer entfernt in Ruderbooten dümpeln, über sich einen Sonnenschirm, bei sich eine Rätselzeitschrift und einen Minikühlschrank voller kalter Getränke. Mittags kommen die
bagnini di salvataggio
(so viel Zeit muss sein) ans Ufer gerudert, zeigen ihren Teint her und trinken mit den Strand-Bagnini gespritzten Weißwein. Nachmittags geht es wieder raus an den Arbeitsplatz. Mir scheint, die Salvataggi nehmen am Strand von Grado eher symbolische Aufgaben wahr, denn zum einen ist das Wasser so flach, dass es beim besten |118| Willen unmöglich ist, darin zu ertrinken, und zum anderen sind in diesen Breitengraden noch nie weiße Haie oder wenigstens Blauhaie gesichtet worden, weil auch die das flache Wasser nicht mögen und wahrscheinlich auf ihren Schwanzflossen auf Beutezug watscheln müssten, was den für Jäger so wichtigen Tarneffekt stark vermindern würde – aber ich will diesbezüglich nichts beschreien.
    Wer den Job des Salvataggio sterbenslangweilig findet, dem seien mal ein paar Stichwörter hingeworfen: Dostojewskis Gesammelte Werke. Ein I-Pod . Und eine Bierdose, so kalt, dass sie an den Fingern klebt.

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Lernen mit Laura:
Schlangestehen
    I ch will mich nicht über die DDR lustig machen. Ich bin ja selbst im so genannten Zonenrandgebiet aufgewachsen, also gerade noch im Westen, und sehr viel glamouröser war das auch nicht. Wäre ich aber drüben groß geworden, wäre ich vermutlich verhungert. Oder zumindest nie in den Genuss von frischem Obst gekommen. Denn ich kann mich nicht in Schlangen anstellen. Ich bringe es einfach nicht fertig.
    Zum Beispiel bin ich ein Freund von Museen. Das sind die Orte, in denen man Ruhe hat vor der Welt, in denen die Zeit sich verlangsamt und hässliche Alltagssorgen wie

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