Laura, Leo, Luca und ich
mehr als unseren eigenen Bedarf erlegt, verkauft er die Lecce an Restaurants, wo sie noch am gleichen Abend den Gästen angepriesen werden.
Während Mario jagt, stehe ich mit dem Fernglas Schmiere. Abgesehen von der Illegalität (die Mindeststrafe beträgt 516 Euro, nach oben sind offenbar keine Grenzen) verstoßen wir gegen so ziemlich jede Sicherheitsregel, die ich ja erst im vorigen Kapitel gelernt habe. So muss einer, der
pesca subacquea
betreibt, an seinem Boot eine rot-weiß gestreifte und weithin sichtbare Flagge hissen, um andere Boote zu warnen und sich selbst zu schützen (jetzt, wo ich nicht vor der Prüfungskommission sitze, perlt es nur so aus mir heraus). Natürlich haben wir eine Flagge nicht einmal an Bord, und auch die Höchstfangmenge von 5 Kilogramm überschreiten wir öfter mal. Ich male mir, wie ich es gern und ausgiebig tue, das Schlimmste aus:
Ich werde in den Knast geworfen, und die gesamte Familie meiner Frau muss mich auslösen. Sie erwartet mich am Gefängnistor und ist sehr, sehr enttäuscht von mir.
|104| Ich werde zu einer Strafe verdonnert, die meine finanziellen Mittel um ein Vielfaches übersteigt. Auf Jahre hinaus schreibe ich jeden Artikel praktisch nur für die italienische Wasserschutzpolizei.
Ich werde zum unerwünschten Ausländer erklärt, darf Laura nie mehr wiedersehen und meine Töchter nur einmal pro Halbjahr per Videotelefon kontaktieren.
Das Heimkommen ist das Beste an der Sache und entschädigt für den Nervenabrieb. Gegen neun Uhr morgens laufen wir den Hafen an, während sich Verwandte und Bekannte also gerade aus dem Bett geschält haben. Meist haben wir schon einige SMS mit unseren Erfolgsmeldungen in die Welt gesetzt, und nicht selten erwarten uns ein paar wohlwollende Menschen an der Anlegestelle, etwa Pepe oder Marios jeweils aktuelle Freundin. Bei ihm wechselt das öfter mal, denn er ist eigentlich nur ins Fischen verliebt, und ich habe den Verdacht, dass sich Frauen allenfalls begrenzt für harpunierte Fische begeistern. Dann ziehen wir das Boot aus dem Wasser und gehen in eine ranzige Kneipe, die ausschließlich Fischern vorbehalten ist, rauen, gutaussehenden Kerlen mit Gesichtshaut wie Parmesanreiben. Das Salzwasser ist es, was einem die Lebensjahre in den Teint reinmultipliziert. Dann bestellt sich Mario ein Bier, wie es nach dem Ende eines harten Arbeitstages gute Sitte ist, und fachsimpelt mit den Kollegen übers Wetter (wird jedes Jahr seltsamer), die Anzahl der Fische (wird jedes Jahr geringer) und den |105| Preis für den Fang in den Restaurants (dito). Ich stehe mit rosigen Backen daneben: ein Praktikant, einfach nur stolz darauf, irgendwie dazuzugehören.
Falls Sie übrigens wissen wollen, was Mario, der mit seiner Passion auf allerlei schmalen Graten wandelt, von Beruf ist: Steuerberater.
|106|
Stefans Kochstudio
W enn Männer, diese haarigen, hormongesteuerten Wesen, zu denen zu gehören ich mich nicht zuzugeben schäme, wenn also Männer in den letzten zehn Jahren etwas gelernt haben, dann doch wohl dies: Sachen zum Essen sollten zumindest aus drei Zutaten bestehen. Und dieses Wissen kann Ehen retten, denn auch Laura will ab und zu bekocht werden.
Männer sind einsame Wölfe und müssen sich das Kochen selbst beibringen; das ist keine einfache Aufgabe, denn für Männer sind Küchen zunächst eigenartige, nicht zum Haus zu gehören scheinende Vorratskammern, die man in puncto Pflege und Einrichtung ebenso vernachlässigen kann wie den Dachspeicher. In meinen ersten Jahren weg von Mutti war in meiner Küche nicht einmal Deckenlicht angebracht. Mit dem Einkaufen wartete ich so lange ab, bis der Kühlschrank noch eine halbe Zitrone und eine eingetrocknete Ketchuptube enthielt. Dann fuhr ich in den Supermarkt, schnappte mir einen Einkaufswagen und stapelte alles rein, was cool aussah. Als ich es bis zur Kasse geschafft hatte, war der Wagen so voll wie Charlie |107| Sheens Adressbuch. Obendrauf kam noch eine Tonne Schokoriegel, und auf dem Nachhauseweg rissen die Einkaufstüten. Natürlich mitten auf der Kreuzung. Das übliche alltägliche Drama im Leben eines Junggesellen.
Ich merkte, dass ich damit bei Frauen wenig Chancen hatte. Also richtete ich die Küche her und begann mit ersten Experimenten. So wie Männer nie nach dem Weg fragen, würden sie auch nie ihren besten Kumpel um einen Kochtipp bitten
. »
Was fragt der wohl als Nächstes?«, wird der Kumpel denken. »Wie man sich die Beine enthaart?«
Mein bereits erwähntes Risotto mit
Weitere Kostenlose Bücher