LAURA und der Kuss des schwarzen Dämons - Freund, P: LAURA und der Kuss des schwarzen Dämons
hatte: Keine zwei Zentimeter von der Stoßstange der schweren Limousine entfernt, stand ein junger Mann
mitten auf der Straße, der Attila mit der ausgestreckten Rechten zum Anhalten aufforderte. Er sah aus wie ein Engel. Langes blondes Haar umspielte sein ernstes Jünglingsgesicht und ein lichtweißes, mit einem Schwert gegürtetes Gewand fiel von seinen breiten Schultern. Die gewaltigen Schwanenschwingen auf seinem Rücken hatte er weit ausgebreitet wie ein weiß gefiedertes Warnzeichen.
»Auriel«, stieß Laura überrascht hervor. »Was, um aller Welt, treibst du denn da?«
Der Wolkentänzer ging um das Auto herum und auf die Beifahrerseite. Als er die Hand ausstreckte, öffnete sich das Rücksitzfenster wie von selbst – und auch die altertümliche Kurbel, mit der es sonst geschlossen und geöffnet wurde, bewegte sich wie von Geisterhand.
»Sei mir gegrüßt, Laura«, sprach der Geflügelte sie sanft und ernst an.
»Du mir auch.« Laura musterte ihn verwundert. »Du hast dich ja ewig nicht mehr blicken lassen.«
»Und doch war ich ständig in deiner Nähe und habe über dich gewacht.« Ein scheues Lächeln spielte um die Lippen des Wolkentänzers. »Genau so, wie es meiner Aufgabe entspricht.«
»Ich weiß.« Laura nickte der hell leuchtenden Gestalt zu. »Und ich kann dir gar nicht genug dafür danken.« Dann runzelte sie die Stirn. »Wem oder was habe ich es denn zu verdanken, dass du wieder bei mir auftauchst?«
Ohne eine Antwort zu geben, griff Auriel in sein Gewand, holte einen faustgroßen Gegenstand daraus hervor und hielt ihn Laura durch das offene Wagenfenster entgegen.
Auf den ersten Blick glich er einem ganz gewöhnlichen Stein. Doch Laura erkannte ihn natürlich sofort: Es war ein Lapismalus. »Das sind ganz besondere Steine, die man nur auf den höchsten Gipfeln des Scheinsteingebirges findet«, hatte Auriel ihr bereits vor langer Zeit
erklärt. »Sie sind mit reinstem Licht getränkt und zeigen jeden Verstoß gegen die uralten Gesetze an.« Genau das tat der Lapismalus auch dieses Mal: Der Geflügelte strich mit der rechten Hand über die Oberfläche des Steins, worauf die augenblicklich durchsichtig wurde.
Laura beugte sich nach vorne, um besser in das Innere des magischen Steins sehen zu können. Doch schon beim nächsten Wimpernschlag stöhnte sie auf. Angst erfasste sie, als ihr der Lapismalus einen Jungen zeigte, klar und deutlich wie ein Fernseher. Der Junge lag in der Nähe einer Kirchenruine hinter einem Baumstamm und wurde von zwei geflügelten Monstern bedroht. »A-a-aber das ist ja Yannik«, stammelte sie fassungslos. »Diese Ungeheuer werden ihn zerreißen!«
»Das glaube ich auch. Es sei denn, jemand kommt ihm ganz schnell zu Hilfe.«
Ohne lange zu überlegen, holte Laura ihr Smartphone aus der Tasche und tippte aufs Display.
Die Gesichtszüge des Wolkentänzers entgleisten. »Was machst du da?«, fragte er fassungslos.
»Ich rufe Miss Mary an. Sie soll Direktor McLightning informieren, damit er Verstärkung zu Yannik schickt.«
»Zu spät, Laura!«, rief Auriel. »Bis dahin ist Yannik doch längst tot. Unser Wächterfreund braucht jetzt Hilfe, sofort! Doch selbst dann ist keineswegs sicher, ob er – oder sein mutiger Helfer – mit dem Leben davonkommen.«
Endlich begriff Laura, was Auriel meinte. Ihre Knie wurden weich wie Kaugummi und doch traf sie blitzschnell die einzig richtige Entscheidung. »Das Risiko muss ich in Kauf nehmen. Ich kann Yannik schließlich nicht im Stich lassen.«
»Natürlich nicht.« Ein sanftes Lächeln huschte über das Engelsgesicht. »Genau diese Antwort habe ich erwartet.« Während Auriel
den Lapismalus wieder wegsteckte, legte er die andere Hand auf Lauras Schulter und drückte sie ganz fest. »Vertraue auf die Kraft des Lichts, Laura. Dann kann dir alles gelingen.«
Das will ich doch hoffen, ging es Laura noch durch den Kopf, als der Wolkentänzer die andere Hand wieder unter seinem Gewand hervorzog und sie ihr entgegenstreckte. »Das hier wird dir eine große Hilfe sein«, sagte er mit Blick auf den Gegenstand in seiner Hand. Es war ein Fläschchen aus schmucklosem Glas, höchstens fünf Zentimeter hoch. Der schlanke Hals war durch einen Korken verschlossen. »Eigentlich solltest du es ständig bei dir tragen. Hast du schon alles vergessen, was wir dir beigebracht haben?« Der Wolkentänzer sah sie vorwurfsvoll an, sodass Laura, verlegen und leicht beschämt, den Blick senkte. »Und jetzt spute dich«, mahnte Auriel sie mit strenger
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