Laura - Venezianisches Maskenspiel
fiel ihr heute zum ersten Mal sein ganz persönlicher Geruch auf. Angenehm nach Mann, aber sauber … sauberer als die anderen, die ihren ungewaschenen Geruch mit allen möglichen Parfüms zu überdecken versuchten.
Sie gab seinem leichten Druck nach, öffnete ihre Lippen ein wenig mehr und atmete tief und zitternd ein, als er nicht einfach nur seinen Mund gierig und ungestüm auf ihren presste, wie Ottavio das getan hatte, sondern darüber streichelte, ihre Oberlippe küsste, an ihren Mundwinkeln verweilte, von ihrer Wange wieder zurückkehrte und so sanft an ihrer Unterlippe zu saugen begann, dass sie unwillkürlich leise aufseufzte. Schön war das, unendlich schön. Noch schöner als in ihren Träumen.
Seine Lippen legten sich über die ihren und plötzlich fühlte sie, wie seine Zunge sanft gegen sie stieß, über ihre Zähne streichelte und dann tiefer hineintastete. Erstaunt bemerkte sie, dass ihr die Feuchtigkeit seines Mundes angenehm war, ebenso wenig Fremdes hatte wie sein Atem, und dass sie unbewusst mit ihrer eigenen Zunge die seine suchte und seinen Geschmack aufnahm. Schon längst hatte sie alles um sich herum vergessen. Ihre Gefühle konzentrierten sich nur auf Domenico, der über sie gebeugt war, seine Hand in ihrem Haar vergraben hatte und sie küsste, als gäbe es nichts auf der Welt, das er mehr wollte.
Endlich, als sie schon atemlos war vor Glück und diesem Gefühl erwachender Leidenschaft, das alles andere unwichtig machte, löste sich Domenico von ihr. Er lächelte auf sie herab, strich mit dem Finger über ihre erhitzte Wange und ihre vom Kuss heißen Lippen. „Es freut mich zu sehen, Laura, dass ich es offenbar nicht bereuen muss, dem Ruf meiner Mutter gefolgt zu sein. Obwohl ich vorhin schon befürchtet hatte, du wärst nicht um eine Spur vernünftiger geworden als das letzte Mal.“
Er wollte sich wieder über sie beugen, aber Laura war wie erstarrt. Marinas Worte fielen ihr wieder ein, als sie ihr von den drängenden Briefen ihrer Schwiegermutter erzählt hatte, die ihren Sohn förmlich anflehte heimzukehren und seine Pflicht zu erfüllen. Sie selbst hatte sich nach seiner Abreise geschworen, sollte er jemals wiederkommen, ebenfalls ihre Pflicht ihm und ihrer Familie gegenüber zu erfüllen und das Geschäft, in dem sie die Ware gewesen war, einzuhalten. Sekundenlang klammerte sie sich an ihre – während seiner Abwesenheit – gefassten Vorsätze, aber im nächsten Moment hob sie die Hände, schob ihn von sich fort und drehte den Kopf weg. „Lass mich sofort los!“
Domenico verharrte für Sekunden bewegungslos, so als könne er nicht glauben, was er gehört hatte. Dann zog er langsam seine Hand zurück, setzte sich auf und blickte sie mit gerunzelter Stirn an. „Was soll dieser Unfug, Laura? Weshalb benimmst du dich so lächerlich?“
„Lächerlich?“, fragte sie atemlos zurück. „Nur weil ich mehr für dich sein will als eine lästige Pflicht?“, dachte sie gekränkt. Natürlich war er nur deshalb zurückgekommen! Nicht aus Sehnsucht nach ihr, sondern um seiner Mutter einen Gefallen zu tun und Kinder zu zeugen! Und um sie dann vermutlich wieder erleichtert zu verlassen und zu seinen schönen Mätressen zurückzukehren! Wie dumm sie doch war, etwas anderes anzunehmen! Zuerst hatte ihr Vater sie von frühester Kindheit an von ihrer Familie getrennt und ins Kloster gesteckt, um nichts mit ihr zu tun haben zu müssen, und nun war sie an einen Mann gebunden, dessen Liebe einer – oder vielen – anderen gehörte, aber nicht ihr. Sie war kein Gegenstand, der sich hin und her schieben und gebrauchen ließ. Sie war eine Frau, die sich nach Liebe sehnte. Die Nonnen im Kloster wären entsetzt gewesen über ihre Widerspenstigkeit und ihren Mangel an Demut und sie wusste selbst, dass sie eine dumme Gans war, die das wenige zurückwies, das ihr Gatte ihr zu geben bereit war, aber sie konnte nicht anders.
„Ich bin immerhin dein Ehemann“, erklärte er finster.
„Glaubst du vielleicht, ich würde Wert darauf legen, an einen Mann gebunden zu sein, der nichts anderes im Kopf hat als seine ...“, sie unterbrach sich hastig, denn sie hatte Mätressen sagen wollen, fing sich aber schnell, „... seine Geschäfte.“
„Und du bist und bleibst ein dummes, unreifes Ding, das nichts als Stroh in seinem Kopf hat“, fiel Domenico ihr verächtlich ins Wort. „Ich weiß wirklich nicht, weshalb ich mich überhaupt mit dir abgebe.“ Er stand auf.
„Ach, diese stadtbekannte Signora
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