Laura - Venezianisches Maskenspiel
Klöster in Venedig gegeben, sondern in ein strenges Institut, in dem tatsächlich noch unter den Klosterfrauen und deren Schützlingen Ehrbarkeit und Ordnung herrschte. Die Untadeligkeit seiner einzigen überlebenden Tochter – sein Sohn war mit fünfzehn Jahren bei einem der oft derben Karnevalsspiele ums Leben gekommen und seine zweite Tochter im zarten Alter am Fieber gestorben – war für ihn die einzige Möglichkeit, durch eine günstige Heirat seine Lebensumstände zu verbessern. Wie günstig, das hatte ihn selbst überrascht.
Ihre Eltern waren ohne Trauer einen Tag nach der Hochzeit abgereist und Domenico war seiner frischvermählten Gattin sehr schnell überdrüssig geworden. Er hatte sie freundlich, aber herablassend behandelt, ihr klargemacht, was er sich von seiner Gattin erwartete und hatte schließlich die Stadt ebenfalls verlassen, um anderswo sein Vergnügen zu suchen. So hatte sich Laura ihre Ehe zwar nicht vorgestellt gehabt, aber diese reizvolle und bunte Stadt hatte ihr dabei geholfen, über die Enttäuschung hinwegzukommen, und sie hatte sich schnell eingelebt.
Und sie hatte sich verändert! Aus dem schüchternen Klosterzögling war eine Frau geworden, der viele Männer den Hof machten. Ja, sie hatte Erfolge gehabt und sie war stolz darauf! Doch trotz der vielen Bälle, die sie besuchte, der Bekannten, der Männer, die sie umschmeichelten, fühlte sie sich manches Mal sehr einsam. Wunderbar musste es sein, einen Gemahl zu haben, der einen liebte, für den man der Mittelpunkt der Welt war, die einzige Schönheit in einer Stadt voller Schönheiten. Aber das war ihr wohl nicht vergönnt, auch wenn sie in der Hochzeitsnacht versucht hatte, Domenico klarzumachen, dass sie Liebe wollte und bereit war, diese Liebe im Übermaß zu erwidern. Aber er hatte sich nur abgewandt, irgendetwas von kindischer Romantik gemurmelt, war gegangen und hatte sie tagelang kaum mehr beachtet.
In ihren Träumen allerdings war er nicht gegangen, sondern geblieben und hatte ihr all jene Dinge gesagt, die sie sich in ihrer ‚kindischen Romantik’ tatsächlich ersehnte.
Sie sah sich selbst im Spiegel zu, wie ihre Hände über ihren Körper glitten, über ihre Hüften, ihren Bauch, hinauf bis zu ihren Brüsten. Sie strich zart darüber, ertastete unter dem Stoff die zufriedenen weichen Spitzen, die sich unter ihren kreisenden Berührungen langsam erhoben, härter wurden, während sie sich vorstellte, es wäre ein liebender Gatte, der sie so liebkoste. Domenico hatte so wunderbar schlanke und doch kräftige Hände. Der Gedanke ließ ihren Körper wärmer werden. Ein Gefühl, das sie schon kannte, weil sie es in ihren Träumen – alleine in ihrem Bett – immer wieder nachgespielt und ausgekostet hatte.
Sie seufzte. Vom Beginn seiner Werbung an war ihr von ihren Eltern eingeschärft worden, dass sie dankbar sein sollte, weil die Wahl dieses wohlhabenden Mannes auf sie gefallen war, obwohl sie weder Schönheit noch Geld in die Ehe mitbrachte, sondern nur ihre unzweifelhafte Tugend und ihre untadelige Abstammung. Niemals sollte sie sich in das Liebesleben ihres Gatten einmischen, sondern ihm eine treue Gattin und fürsorgliche Mutter seiner Kinder sein und demütig hinnehmen, dass er - wie die meisten Männer - eine Mätresse hatte. Sie war damals verlegen und entsetzt gewesen, aber wie sie inzwischen begriffen hatte, wurde eheliche Liebe lediglich von dieser oberflächlichen Gesellschaft verspottet und nicht nur jeder Mann, der etwas auf sich hielt, hatte eine oder sogar mehrere Geliebte, sondern auch die Frauen hatten ihre Liebhaber.
Sie musste sich nichts vormachen. Wenn ihr Mann überhaupt jemals wieder zurückkam, dann wohl nur aus Pflichtgefühl und seiner Mutter zuliebe, die sich, wie Laura wusste, nach einem Enkel sehnte und Domenico in ihren Briefen zur Heimkehr mahnte. Sie selbst hatte ihm nie geschrieben und nie einen Brief von ihm erhalten, aber der Gedanke, er könnte eines Tages zurückkommen, ließ sie zittern. Wie oft hatte sie es sich ausgemalt, wie es sein würde, wenn Domenico eines Tages zur Tür hereinkäme, sie erblickte, starr vor Verwunderung über diese Veränderung und zerknirscht zugleich. Die Vorstellung, er könnte sich endlich in seine eigene Frau verlieben, war bestechend, aber was würde sie wirklich erwarten? Einen gleichgültigen Ehemann, der jedes Mal, wenn er sie umarmte, dabei an seine Geliebte – oder Geliebten – dachte?
Und wenn er nie mehr kam? Laura presste die Lippen
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