Laura - Venezianisches Maskenspiel
war eifersüchtig.“ Dabei hatte sie ihn von Anfang an durchschaut gehabt. Ihm, ihrem Gatten, hatte sie sich hingegeben, ihm alleine, ohne den leisesten Gedanken an einen anderen. „Ich habe dich gar nicht verdient, meine Geliebte“, dachte er voller Schuldgefühle. Zart strich er mit dem Finger über die Zeilen. Ihre Schrift hatte sich verändert in diesen Monaten, stellte er plötzlich fest. Sie war erwachsener geworden, flüssiger. So wie sie selbst sich verändert hatte. Er atmete tief durch, las die restlichen Seiten. Jeden Gedanken wollte er von ihr wissen. Plötzlich stutzte er. Es war der letzte Eintrag. Die Buchstaben waren verschwommen, so, als wäre die Tinte mit anderer Flüssigkeit in Berührung gekommen. Kleine und größere Tropfen hatten die schwarze Farbe zerrinnen lassen. Zittrig war ihre Schrift, als hätte sie beim Schreiben geweint.
„Ich kann es nicht fassen. Weshalb hat er mir das angetan? Wie kann er immer noch eine Liebesbeziehung zu dieser Nicoletta haben, wenn er mir ständig seine Liebe zeigt, sie mir durch seine Liebkosungen, wenn nicht durch Worte, beweist? Zuerst hatte ich gehofft, es wäre Ottavio, der ihr Haus betrat, aber es war kein Zweifel möglich. Trifft er sie immer noch? Eilt er von meinen Armen in ihre und umgekehrt? Genüge ich ihm nicht? Sieht er wirklich nur die Ehefrau in mir, die ihm seine Söhne schenken soll, und die er täuscht, um zum Ziel zu gelangen?“
Die Schrift wurde fast völlig unleserlich. Domenico musste das Buch noch näher zur Laterne halten, um sie entziffern zu können.
„Aber er soll nicht triumphieren. Er nicht und seine Nicoletta ebenfalls nicht. Er ist gestern Nacht zu mir gekommen. Aus den Armen dieser Frau wollte er mein Schlafzimmer aufsuchen. Wie schändlich und grausam von ihm. Wie dumm vor Freude hätte ich mich gefühlt, hätte ich nicht gewusst, was er zuvor getan, wen er besucht hatte. Aber so konnte ich ihm die einzig richtige Antwort geben ...“
Das war es also gewesen. Dieses geflüsterte „Ottavio, mein Liebster“, klang zwar immer noch schmerzhaft in seinen Ohren, aber sie hatte es nicht ernst gemeint. Und sie hatte auch nicht gewusst, wer sie dieses Mal in ihr Liebesnest bestellt hatte. Ottavio hatte ihm geschworen, dass er ohne ihr Wissen gekommen war. Nun, um den würde er sich vermutlich später noch einmal intensiver kümmern, aber vorerst drängte sich alles in ihm danach, seine Frau endlich in die Arme zu schließen.
* * *
Marina streichelte zärtlich die Hand der niedergeschlagenen jungen Frau, die neben ihr in ihrem Boudoir saß. „Ich hätte es meinem Bruder wahrlich nicht zugetraut, dass er sich jemals so zum Narren machen könnte“, sagte sie kopfschüttelnd, nachdem Laura ihr alles erzählt hatte. „Der Gedanke, dich heimlich zu verführen, hat schon etwas sehr Romantisches“, gab sie dann nach kurzem Nachdenken zu, „aber dich dann mit Ottavio zu verdächtigen ist reinste Eselei.“
„Es musste ja so aussehen“, fühlte Laura sich bemüßigt, ihren geschmähten Ehemann zu verteidigen. „Aber darum geht es mir ja auch nicht. Das Tagebuch wird meine Unschuld hinreichend aufklären. Und es wird auch den Inquisitoren genügen, um Domenico frei zu sprechen, das hat mir Ottavio versichert. Nein, es geht mir darum, dass ich es müde bin, gegen seine Zuneigung zu seiner ehemaligen Geliebten anzukämpfen.“ Sie senkte den Kopf. „Ich war wohl dumm, dass ich annahm, ich könnte ihm genügen, und er würde mir eines Tages jene Liebe entgegenbringen, die er für Nicoletta Martinelli empfindet.“
Marina starrte sie an. „Wie bitte? Liebe zu wem?“
„Nicoletta Martinelli“, wiederholte Laura gequält. „Sofia hat mir am Tage vor unserer Hochzeit davon erzählt und dann ...“
„Und du glaubst diesem intriganten Ding überhaupt noch ein einziges Wort?!“, regte sich Marina auf. „Nach allem, was sie getan hat?!“
„Aber damals ...“
„Unfug! Als Domenico dich geheiratet hat, war das Verhältnis zwischen ihm und Nicoletta Martinelli schon lange beendet. Und ich kann mir nicht denken, dass er die Absicht hatte, daran etwas zu ändern. Ganz Venedig hat sich darüber amüsiert, wie er sie mit einem anderen Liebhaber vorgefunden hat!“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein, Domenico ist nicht der Mann, der so etwas vergisst oder verzeiht. Und wenn er ihr Haus betreten hat, dann muss das andere Gründe gehabt haben. Aber bestimmt keine unsterbliche Leidenschaft!“
Laura hatte das Gefühl, als würde
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