Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)
vorhergehenden Kapitel zur Genüge dargetan.
Wenn man dem Mann im Monde gesagt hätte, ein Mann auf der Erde habe ein Kapitel geschrieben. in welchem zur Genüge dargetan worden, dass das richtige Geheimnis aller Gesundheit in dem gehörigen Kampf um die Herrschaft zwischen radikaler Hitze und radikaler Feuchtigkeit bestehe; und er habe diesen Beweis so geschickt durchgeführt, dass gleichwohl im ganzen Kapitel auch nicht ein einziges nasses oder trockenes Wort über radikale Hitze oder radikale Feuchtigkeit, – nicht eine Sylbe pro oder contra, direkt oder indirekt über den Kampf zwischen diesen zwei Mächten in irgend einem Teile der tierischen Ökonomie gesagt sei, – so würde er mit der rechten Hand (falls er eine hat) auf die Brust geschlagen und ausgerufen haben: O du ewiger Schöpfer aller Dinge, du, dessen Allmacht und Allgütigkeit die Fähigkeiten deiner Geschöpfe bis zu diesem unendlichen Grad von Fürtrefflichkeit und Vollkommenheit erweitern kann – Was haben wir Mondbewohner denn getan –?
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152. Kapitel
Mit zwei Hieben, einem gegen Hippokrates und einem gegen Lord Verulam, brachte mein Vater die Sache zu Wege.
Der Hieb gegen den Fürsten der Ärzte, womit er begann, war nichts als eine kurze Schmähung über dessen jämmerliche Klage – dass die ars longa – und das vita brevis sei. – Das Leben kurz, rief mein Vater, und die Heilkunst von langer Hand! Und wem haben wir denn für diese beiden Dinge zu danken, wem anders als der Unwissenheit der Quacksalber – den Wagenlasten chemischer Arcana und peripathetischen Gerümpels, womit sie zu allen Zeiten der Welt geschmeichelt und zuletzt sie betrogen haben.
O Mylord Verulam! rief mein Vater, indem er sich von Hippokrates abwendete und diesem, als dem ersten Arcanumskrämer und dem Passendsten für die Statuierung eines Exempels den zweiten Hieb versetzte, – was soll ich dir sagen, du großer Lord Verulam? Was soll ich sagen zu deinem inneren Geist, – deinem Opium, – deinem Salpeter, – deinen Fettsalbungen, – deinen Purgirungen bei Tage, – deinen Klystieren bei Nacht und deinen Surrogaten?
Mein Vater war nie in Verlegenheit, was er irgend einem Manne über irgend einen Gegenstand sagen sollte, und bedurfte weniger als irgend ein Menschensohn zu einer Einleitung. Wie er mit den Ansichten seiner Lordschaft umsprang, – sollen Sie sehen, – wann – das weiß ich noch nicht; – wir müssen zuerst hören, welches die Ansichten Seiner Lordschaft waren.
153. Kapitel
Die zwei großen Ursachen, sagt Lord Verulam, welche sich vereinigen, um das Leben zu kürzen, sind erstens –
Der innere Geist der wie eine seine Flamme den Körper allmählich verbrennt; – und zweitens die äußere Luft, welche den Körper zu Asche vertrocknet; – da diese beiden Feinde unsere Körper von außen und von innen zugleich angreifen, so zerstören sie endlich unsere Organe und machen sie unfähig die Funktionen des Lebens weiter auszuüben.
Wenn die Sachen sich so verhalten, so liegt das Mittel ein langes Leben zu gewinnen auf der Hand: man braucht nichts weiter, sagt seine Lordschaft, als den durch den inneren Geist herbeigeführten Verbrauch wieder zu ersetzen, indem man einerseits denselben durch einen regelmäßigen Gebrauch von Opiaten verdickt und verdichtet und andererseits seine Hitze durch 3½ Gran Salpeter, die man täglich vor dem Aufstehen nimmt, abkühlt.
Nun ist aber unser armes Gehäus auch den feindlichen Angriffen der äußeren Luft ausgesetzt; – diese wird nun durch Fettsalben, welche die Poren der Haut so vollständig ausfüllen, dass kein Strahl durchgeht, – und auch nichts hinaus kann, vollkommen ausgeschlossen. – Da dies aber wieder alle merklichen und unmerklichen Ausdünstungen hemmt, wodurch wieder Hautkrankheiten entstehen, – so ist eine Klystiercur nötig, um die überflüssige Feuchtigkeit abzuführen und das System zu vervollständigen.
Was mein Vater über Lord Verulam's Opiate, seinen Salpeter, seine Fettsalben und Klystiere zu sagen hatte, das sollen Sie hören, – aber nicht heute, und auch nicht morgen; die Zeit drängt mich, – mein Leser ist ungeduldig, – und ich muss vorwärts kommen. – Sie sollen das Kapitel in aller Muße lesen (wenn Sie Lust dazu haben) sobald die Tristra-paedia veröffentlicht ist.
Es genüge, wenn ich jetzt sage, – dass mein Vater jene Hypothese dem Boden gleich machte;
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