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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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schrie Susanna, und gab ihm mit dem was noch in der Pfanne war das Kompliment zurück
     
    165. Kapitel
    Dr. Slop und Susanna klagten einander im Wohnzimmer gegenseitig an, worauf sie sich, da es nun mit dem Kataplasma nichts mehr war, in die Küche zurückzogen, um eine Bähung für mich herzurichten. Während dies geschah, entschied mein Vater die Sache, auf die Art wie Sie lesen werden.
     
    166. Kapitel
    Sie sehen, es ist hohe Zeit, sagte mein Vater zugleich gegen meinen Onkel Toby und gegen Yorick gewandt, dass man das junge Geschöpf den Weiberhänden entzieht und denen eines Hofmeisters übergibt. Marcus Antoninus stellte zu gleicher Zeit vierzehn Hofmeister auf, um die Erziehung seines Sohnes Commodus zu überwachen! – und nach sechs Wochen jagte er fünf derselben fort. – Ich weiß sehr gut, fuhr mein Vater fort, dass die Mutter des Commodus zur Zeit ihrer Empfängnis in einen Gladiator verliebt war, woraus sich viele der Grausamkeiten des Commodus, als er Kaiser wurde, erklären lassen; – aber ich bin noch immer der Ansicht, dass jene fünf, die Antoninus entlassen musste, dem Charakter des Commodus in der kurzen Zeit mehr Schaden zugefügt hatten, als die übrigen Neun im Stande waren, ihr ganzes Leben lang wieder gut zu machen.
    Wenn ich nun denjenigen, der meinen Sohn zu überwachen hat, als den Spiegel betrachte, in welchem sich dieser von Morgens bis Abends beschauen, und nach dem er seine Blicke, sein Benehmen und vielleicht die innersten Empfindungen seines Herzens richten soll, – so möchte ich einen Spiegel haben, Yorick, der wo möglich nach allen Seiten hin poliert und so beschaffen wäre, dass mein Kind ruhig hineinschauen könnte. – Das ist sehr verständig, sagte mein Onkel Toby zu sich selbst.
    Es gibt, fuhr mein Vater fort, einen gewissen Ausdruck, eine gewisse Bewegung des Körpers und aller seiner Teile, beim Handeln und Sprechen, woran man recht gut erkennen kann, wie ein Mensch innen aussieht; und es wundert mich durchaus nicht, dass Gregor von Nazianzum, als er die hastigen und sonderbaren Gebärden des Julian wahrnahm, voraussagte, derselbe würde eines Tags Apostat werden; – oder, dass der h. Ambrosius seinen Gehilfen wegen einer unziemlichen Bewegung des Kopfes, der wie ein Flegel hin- und herging, vor die Türe setzte, – oder dass Democritus dem Protagoras ansah, dass er ein Gelehrter sei, weil dieser bei einem Reisbündel die kleineren Reiser innen hinein band. – Es gibt tausend für gewöhnlich nicht beachtete Öffnungen, fuhr mein Vater fort, durch die ein scharfblickendes Auge in die Seele eines Menschen blicken kann; und ich behaupte, setzte er hinzu, dass ein Mann von Geist nicht seinen Hut beim Hereintreten in ein Zimmer ablegt, oder ihn beim Hinausgehen wieder ergreift, ohne sich dabei durch irgend etwas als solchen zu verraten.
    Aus diesen Gründen, fuhr mein Vater fort, darf der Hofmeister, den ich wähle, nicht lispeln [ 10 ] , noch schielen, noch blinzeln, noch zu laut sprechen, noch aufbrausend oder närrisch aussehen, – noch auf die Lippen beißen, noch mit den Zähnen knirschen, noch durch die Nase sprechen, noch daran kratzen, noch sich mit den Fingern schnäutzen.
    Auch darf er weder schnell, noch langsam gehen, noch die Arme kreuzen – denn das deutet auf Trägheit; noch sie hängen lassen, – denn das ist albern; noch sie in die Tasche stecken, – denn das ist Unsinn.
    Er darf weder zuschlagen noch kneipen noch kitzeln, – noch seine Nägel abbeißen oder schneiden, noch sich räuspern, noch spucken, noch mit der Nase schnupfen, noch in Gesellschaften mit den Füßen oder Fingern trommeln; – noch (wie Erasmus will) mit Jemand sprechen, wenn er sein Wasser lässt, – noch auf Aas oder Kot deuten. – Das ist nun wieder lauter Unsinn, sagte mein Onkel Toby zu sich selbst.
    Dagegen soll er heiter, spassig, zu Scherzen aufgelegt sein, fuhr mein Vater fort; zugleich aber auch bedachtsam, aufmerksam auf sein Amt, wachsam, scharfsinnig, witzig, erfindungsreich, rasch im Entscheiden von Zweifeln und spekulativen Fragen; – er soll weise, verständig und gelehrt sein. – Warum nicht auch demütig und bescheiden und mild und gutmütig? fragte Yorick. – Und warum nicht offenherzig, großmütig, wohltätig und tapfer? rief mein Onkel Toby. – Das soll er auch, mein lieber Toby, erwiderte mein Vater, und stand auf und schüttelte ihm die Hand. – Dann Bruder Shandy, versetzte mein Onkel Toby, indem er sich gleichfalls von seinem Stuhl erhob,

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