Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)
die Pfeife weglegte und meines Vaters andere Hand ergriff, – dann bitte ich dir den Sohn des armen Le Fever empfehlen zu dürfen (bei diesem Antrag perlte eine Träne vom reinsten Wasser im Auge meines Onkels Toby, und eine zweite, der Kamerad jener, in dem des Korporals). – Sie werden erfahren, warum, wenn Sie Le Fever's Geschichte lesen. – Ich war doch ein rechter Tor! Ich kann mich nicht mehr erinnern (Sie vielleicht auch nicht), – wenn ich nicht wieder an die betreffende Stelle in meiner Erzählung zurück will – was mich damals verhinderte, den Korporal die Geschichte mit seinen eigenen Worten erzählen zu lassen, – aber da ich einmal die Gelegenheit vorbei ließ – so muss ich sie mit meinem eigenen erzählen.
Fußnote
[ 10 ] Siehe Pellegrina
167. Kapitel
Die Geschichte von Le Fever.
Es war im Sommer des Jahres da Dendermonde durch die Alliierten genommen wurde, also sieben Jahre ehe mein Vater aufs Land zog, – und etwa ebenso lang nach dem Zeitpunkt, da mein Onkel Toby und Trim das Haus meines Vaters in London heimlich verlassen hatten, um eine der schönsten Belagerungen gegen eine der schönsten befestigten Städte Europas zu eröffnen, als mein Onkel Toby eines Abends sein Nachtessen verzehrte, während Trim an einem kleinen Buffet hinter ihm saß – ich sage, saß, – denn wegen seines lahmen Knies (das ihm manchmal außerordentliche Schmerzen verursachte) durfte der Korporal nie stehen, wenn mein Onkel Toby allein zu Mittag oder zu Abend speiste; und des armen Burschen Verehrung gegen seinen Herrn war so groß, dass mein Onkel Toby, wenn er nur die erforderliche Artillerie bekam, Dendermonde selbst mit weniger Anstrengung erobert haben würde, als es ihn kostete, so viel über den Korporal zu gewinnen; denn oft und viel, wenn mein Onkel Toby glaubte, das Bein des Korporals ruhe aus, sah er ihn, wenn er rückwärts blickte, in der respektvollsten Haltung hinter seinem Stuhle stehen. – Dieser Umstand erzeugte mehr kleine Streitereien zwischen ihnen, als alle anderen Ursachen, die sich in fünfundzwanzig Jahren ergaben; aber das gehört ja nicht hierher, – warum erzähle ich es denn? Nun, fragen Sie meine Feder, sie regiert mich, – ich nicht sie.
Er saß also eines Abends so bei seinem Nachtessen, als der Wirt eines kleinen Gasthauses in dem Orte mit einem leeren Fläschchen in das Zimmer trat und um ein Glas oder zwei Sekt bat. – Es ist für einen armen Herrn von der Armee, so viel ich weiß, sagte der Wirt, der vor vier Tagen krank in mein Haus kam, und seither den Kopf nicht gehoben noch zu irgend etwas Lust bezeigt hat, als gerade eben, da er ein Gelüste nach einem Glas Sekt und einer gerösteten Brotschnitte bekam. – Ich glaube, sagte er und nahm dabei die Hand von der Stirne, es würde mir gut tun.
Wenn ich es nicht erbitten, entlehnen oder kaufen könnte, setzte der Wirt hinzu, so möchte ich es beinahe für den armen Herrn stehlen, er ist so gar übel daran. Ich hoffe aber zu Gott, er wird wieder aufkommen, fuhr er fort, wir sind Alle um seinetwillen in Sorgen. Er ist ein guter Mensch, dafür stehe ich, rief mein Onkel Toby, und Er soll selbst die Gesundheit des armen Herrn in einem Glase Sekt trinken, – und ein Paar Flaschen nebst meiner Empfehlung mitnehmen und dem Herrn sagen, es freue mich sehr ihm dienen zu können, auch mit einem Dutzend weiter, wenn es ihm gut tut.
Ich bin zwar überzeugt, sagte mein Onkel Toby, als der Wirt die Türe geschlossen hatte, dass es ein sehr gefühlvoller Bursche ist, Trim, aber ich habe dabei doch auch eine hohe Meinung von seinem Gaste bekommen. Es muss etwas Außergewöhnliches an ihm sein, dass er in so kurzer Zeit so sehr die Zuneigung seines Wirtes gewinnen konnte. – Und seiner ganzen Familie, setzte der Korporal hinzu, denn sie sind Alle um ihn besorgt. – Geh' ihm doch nach, Trim, sagte mein Onkel Toby, und frag' ihn, ob er den Namen des Herren kennt.
Ich habe ihn wahrhaftig total vergessen, sagte der Wirt, der wieder mit dem Korporal in das Zimmer zurückgekommen war; – aber ich kann seinen Sohn fragen. – Er hat also einen Sohn bei sich, sagte mein Onkel Toby. – Einen Jungen von 11–12 Jahren, erwiderte der Wirt; – der arme Mensch isst fast ebenso wenig wie sein Vater; er klagt und trauert nur Tag und Nacht um diesen. Seit zwei Tagen ist er nicht von seinem Bette weggekommen.
Mein Onkel Toby legte Messer und Gabel hin und schob seinen Teller von sich weg, wie der Gastwirt seinen Bericht
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