Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
Vom Netzwerk:
dieser Tour durch eine so dürre Gegend ermüdet wurde, – möge die Welt beurteilen; die Spuren derselben aber, die in diesem Augenblick jetzt alle zusammen vibrieren, sagten mir, dass es die fruchtbarste, tätigste Periode meines Lebens war; denn da ich mit meinem Mann mit der Flinte keinen Vertrag in Beziehung auf die Zeit abgeschlossen hatte, – blieb ich bei Jedem, dem ich begegnete und der nicht in vollem Trab begriffen war, im Gespräch stehen, – holte die Leute vor mir ein, – wartete auf Alle die hinter mir kamen, – rief Alle an, die auf Kreuzwegen herkamen, – hielt alle Bettler, Pilger, Geiger und Mönche an, – ritt an keinem Frauenzimmer, das sich auf einem Maulbeerbaum befand, vorbei, ohne ihre Waden zu rühmen, und sie mittelst einer Prise Tabak in ein Gespräch zu verflechten, – kurz ergriff alle und jede Gelegenheit, welcher Art sie sein mochte, die der Zufall mir unterwegs bot, – verwandelte so meine Ebene in eine Stadt, – und war immer in Gesellschaft, und zwar in einer sehr wechselnden; und da mein Maultier ebenso gesellig war wie ich und jedem Vieh, das ihm begegnete, immer Einiges mitzuteilen hatte – so bin ich überzeugt, wir hätten einen Monat lang zusammen durch Pall Mall oder St. James' street gehen können und dabei weniger Abenteuer gehabt, – und weniger von der menschlichen Natur gesehen.
    O da finden wir jene lebhafte Offenheit, die jede Falte im Rock des Languedocers öffnet, – und die was immer auch darunter stecken mag, ganz so aussieht wie die Einfalt schönerer Zeiten, von der die Poeten singen! – Ich will wenigstens meine Phantasie betrügen und glauben, es sei so.

Es war auf dem Wege zwischen Nimes und Lunel, wo der beste Muskatwein in Frankreich wächst und der beiläufig gesagt den ehrlichen Domherren von Montpellier gehört, – und schlimm möge es dem Mann ergehen, der ihn an ihrem Tische getrunken hat und ihnen einen Tropfen davon missgönnt.
    Die Sonne war untergegangen, – es war Feierabend; die Mädchen hatten ihr Haar frisch aufgebunden, – und die jungen Burschen schickten sich zum Ringeltanze an – mein Maultier spitzte die Ohren. – Es ist nur eine Pfeife und ein Tambourin, sagte ich. – Ich habe Todesangst, sagte das Vieh. – Sie machen einen Ringeltanz, sagte ich und gab ihm einen Spornstoß. – Beim h. Bogarius und allen Heiligen hinter der Türe des Fegfeuers, sagte jenes – (und gab dabei das gleiche Zeichen des festen Entschlusses von sich wie das Tier der Äbtissin von Andouillets) ich gehe keinen Schritt weiter. – Wie Sie wollen, Monsieur, sagte ich, solange ich lebe, streite ich mit keinem Ihrer werten Familie. Ich sprang also herunter, warf einen Stiefel in diesen Graben und den andern in jenen. – Ich will einen Tanz machen, sagte ich; – bleib' du hier stehen.
    Eine sonnenverbrannte Tochter der Arbeit trat aus der Gruppe und lief mir entgegen, als ich darauf zuging; ihr dunkles kastanienbraunes, fast schwarzes Haar war bis auf eine Flechte in einen Knoten gebunden.
    Wir brauchen einen Kavalier, sagte sie und streckte mir beide Hände entgegen. – Und den sollen Sie haben, sagte ich und fasste sie an beiden.
    O wärest du wie eine Herzogin angezogen gewesen, Nanette.
    Aber dieser verwünschte Schlitz in deinem Rock!
    Nanette kehrte sich nicht daran. –
    Wir hätten es nicht ohne Sie ausführen können, sagte sie, wobei sie in angeborener Artigkeit eine Hand fahren ließ und mich mit der andern hinführte.
    Ein lahmer Junge, den Apollo dafür mit einer Pfeife entschädigt hatte, wozu er noch aus eigenem Antrieb ein Tambourin tat, saß auf der Bank und präludierte sanft. – Binden Sie mir doch diese Flechte herauf, sagte Nanette und gab mir ein Stück Bindfaden in die Hand. – Damit vergaß ich, dass ich ein Fremder war. – Der ganze Knoten fiel herunter. – Es war als ob wir uns seit sieben Jahren kennten.
    Der Junge schlug den Takt auf dem Tambourin – dann fiel die Pfeife ein, und wir gingen los, – der Henker hole den Schlitz!
    Die Schwester des Jungen, die ihre Stimme vom Himmel gestohlen hatte, sang abwechselnd mit dem Bruder, – es war ein Gascogne'scher Rundgesang
Viva la joia!
fidon la tristessa!
    Die Mädchen sangen zusammen die erste Stimme und die Burschen eine Oktave tiefer.
    Ich hätte eine Krone darum gegeben, wenn er zugenäht gewesen wäre, – Nanette nicht einen Sous! – Viva la joia! lag auf ihren Lippen: – viva la joia! in ihrem Auge. – Ein vorübergehender Funken von Freundschaft flog

Weitere Kostenlose Bücher