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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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seinen sieben Schlössern.
    Es war einmal ein König von Böh –
    Als der Korporal eben die Grenze von Böhmen überschreiten wollte, nötigte ihn mein Onkel Toby einen Moment zu halten. Trim hatte barhäuptig angefangen, indem er seine Monteromütze seit Ende des vorigen Kapitels neben sich auf dem Boden hatte liegen lassen.
    Das Auge der Menschenfreundlichkeit erspäht Alles; und ehe der Korporal die erstern fünf Worte seiner Geschichte hinter sich hatte, hatte mein Onkel Toby die Monteromütze bereits zwei Mal mit dem Ende seines Stocks berührt, als wollte er sagen: Warum setzest du sie nicht wieder auf, Trim? – Trim ergriff sie in der achtungsvollsten Langsamkeit und warf dabei einen demütigen Blick auf die Stickerei der vorderen Seite, die bereits ihres Glanzes beraubt und in einigen Hauptblättern und den kühnsten Teilen des Musters stark abgerieben war, und legte sie dann wieder zwischen seine Beine, um über den Gegenstand zu moralisieren.
    Was du da andeuten willst, rief mein Onkel Toby, ist nur zu wahr: Nichts auf der Welt ist gemacht, um ewig zu dauern, Trim!
    Aber wenn sich auch die Andenken an deine Liebe, teurer Tom, abnützen, sagte Trim, was sollen wir dann sagen?
    Trim, versetzte mein Onkel Toby, darüber ist weiter nichts zu sagen; und wenn ein Mensch sein Gehirn bis zum jüngsten Tag deshalb anstrengen würde, Trim, ich glaube, es wäre ganz umsonst.
    Da der Korporal einsah, dass mein Onkel Toby Recht hatte, und dass es dem menschlichen Witze unmöglich sein würde, eine reinere Moral aus der Kappe zu ziehen, so machte er auch keinen weiteren Versuch dazu und setzte sie auf. Dann fuhr er mit der Hand über die Stirne, um eine nachdenkliche Runzel zu glätten, welche der Text und die Lehre zusammen erzeugt hatten, und kehrte dann mit dem früheren Blick und Tonstimmung zu seiner Geschichte von dem König von Böhmen und dessen sieben Schlössern zurück.
     
    Fortsetzung der Geschichte des Königs von Böhmen und seinen sieben Schlössern.
    Es war einmal ein König von Böhmen; ich könnte jedoch Euer Gnaden nicht sagen, unter welcher Regierung, wenn es nicht unter seiner eigenen war –
    Das verlange ich auch durchaus nicht von dir, Trim, rief mein Onkel Toby.
    Es war etwas vor der Zeit, Euer Gnaden, da die Riesen anfingen auszugehen; – aber in welchem Jahre unseres Herrn das war –
    Ich gebe keinen Pfennig drum das zu wissen, sagte mein Onkel Toby.
    Eine Geschichte sieht so nur gleich besser aus, Euer Gnaden.
    Es ist deine Sache, Trim, sie nach deiner Art auszuschmücken; nimm jedes Datum, fuhr mein Onkel Toby fort und sah ihn scherzhaft an, nimm jedes Datum das dir gefällt, – mir ist es recht.
    Der Korporal verbeugte sich; mein Onkel Toby hatte ihm jedes Jahrhundert und jedes Jahr jedes Jahrhunderts, von Erschaffung der Welt bis zur Sündflut, und von der Sündflut bis zur Geburt Abraham's, durch alle Wanderungen der Patriarchen, bis zum Auszug der Israeliten aus Ägypten, und durch alle Dynastien, Olympiaden, Urbs condita's und andere denkwürdigen Epochen der verschiedenen Stationen bis zur Ankunft Christi und von da bis zum Augenblick, wo der Korporal seine Geschichte erzählte, – diesen ganzen großen Zeitraum mit all seinen Abgründen zu Füßen gelegt; da aber die Bescheidenheit das was ihr die Freigebigkeit mit beiden Händen hinbietet, kaum mit einem Finger zu berühren pflegt, so begnügte sich der Korporal mit dem schlechtesten Jahr des ganzen Haufens; und damit die geehrten Leser der Majorität und Minorität sich darüber nicht bis aufs Blut verstreiten: ob dieses Jahr nicht immer das letzte Jahr des letzten Kalenders sei? – so will ich denselben offen sagen, dass dem wirklich so war; aber aus einem ganz anderen Grund als sie ahnen.
    Es war das ihm nächste Jahr, das Jahr unseres Herrn 1712, wo der Herzog von Ormond so übel in Flandern hauste. Der Korporal nahm es und begann damit lustig seine Expedition nach Böhmen.
     
    Fortsetzung der Geschichte von dem König von Böhmen und seinen sieben Schlössern.
    Im Jahr unseres Herrn Ein Tausend Sieben Hundert und Zwölf, da war –
    Aufrichtig gesagt, Trim, sagte mein Onkel Toby, jedes andere Jahr würde mir besser gefallen haben, nicht nur wegen des traurigen Fleckens in unserer Geschichte, den dieses Jahr uns gebracht hat, als unsere Truppen sich weigerten, die Belagerung von Quesnoi zu decken, ungeachtet Fagel die Werke mit so unglaublicher Energie vorwärts trieb, – sondern auch eben so sehr wegen deiner

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