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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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eigenen Geschichte, Trim; denn wenn es sich dabei – und nach dem was du bereits darüber hast fallen lassen, vermute ich sehr, dass es so sei, – wenn es sich dabei wirklich um Riesen handelt –
    Es kommt nur Einer darin vor, Euer Gnaden.
    Das ist so schlimm, wie wenn es zwanzig wären, erwiderte mein Onkel Toby; – du hättest ihn so etwa 7–800 Jahre weiter zurücksetzen sollen, auch wegen der Kritiker und anderer Leute; deshalb möchte ich dir raten, wenn du die Geschichte wieder erzählst –
    Euer Gnaden, wenn ich's erlebe, sie fertig zu erzählen, so will ich sie gewiss nicht wieder bringen, sagte Trim, weder Mann noch Weib noch Kind soll sie wieder hören. –
    Puh, machte mein Onkel Toby, – aber in so freundlicher aufmunternder Weise, dass der Korporal mit grösserer Freudigkeit als je in seiner Geschichte fortfuhr:
     
    Fortsetzung der Geschichte von dem König von Böhmen und seinen sieben Schlössern.
    Euer Gnaden, begann der Korporal mit erhobener Stimme und rieb dabei seine Hände in heiterer Weise, es war also ein König von Böhmen –
    Lass lieber das Datum ganz weg, Trim, sagte mein Onkel Toby, indem er sich vorwärts beugte und dem Korporal die Hand sanft auf die Schulter legte, um dadurch seine Unterbrechung abzuschwächen, – lass es lieber ganz weg, Trim; eine Geschichte kann dieser Subtiläten wohl entbehren, wenn man nicht ganz sicher darin ist. – Sicher darin, wiederholte der Korporal und schüttelte den Kopf.
    Gut, sagte mein Onkel Toby; es ist für Einen, der wie du und ich, Trim, für das Waffenhandwerk erzogen wurde, der selten weiter vorwärts sieht als das Ende seiner Muskete, oder weiter rückwärts als seinen Tornister, es ist für einen Solchen nicht leicht, hierüber viel zu wissen. – Gott segne Euer Gnaden, sagte der Korporal, den die Art wie mein Onkel Toby räsonierte ebenso sehr überzeugte wie das Räsonnement selbst, der Soldat hat allerdings etwas Anderes zu tun; wenn er sich nicht im Gefecht oder auf dem Marsch oder im Garnisonsdienst befindet, – muss er seine Muskete rein halten, Euer Gnaden, – sein Lederzeug herrichten, – seine Uniform flicken, – sich selbst rasieren und reinigen, damit er immer so auftreten kann als müsste er auf die Parade; was geht den Soldaten überhaupt die Geographie an, Euer Gnaden? setzte der Korporal triumphierend hinzu.
    Du willst sagen, die Chronologie, Trim, sagte mein Onkel Toby; denn die Geographie ist ihm wirklich von großem Nutzen; er muss ja mit jedem Land und dessen Grenzen, wohin ihn sein Beruf führt, genau bekannt sein; er muss jede Land- und Hauptstadt, jedes Dorf und Weiler mit den Kanälen, Straßen und Hohlwegen, die dahin führen, kennen. Bei jedem Fluss oder Bach, Trim, den er passiert, sollte er beim ersten Anblick sagen können, wie er heißt, – in welchem Gebirge er entspringt, – welchen Lauf er nimmt, – wie weit er schiffbar ist, – wo sich Furten befinden, und wo nicht; – er sollte wissen, wie es mit der Fruchtbarkeit jedes Tals steht, und wie das Volk beschaffen ist, das es anbaut; er sollte alle Ebenen und Défiléen, Forts, Steigen, Wälder und Sümpfe, durch die seine Armee zu marschieren hat, beschreiben oder erforderlichen Falls einen genauen Plan davon machen können; – er sollte ihre Produkte, Pflanzen, Mineralien, Gewässer, Tiere, Jahreszeiten, Klima, Hitze und Kälte, Einwohner, Sitten, Sprache, Regierungsweise und sogar ihre Religion kennen.
    Würde es sich sonst begreifen lassen, Korporal, fuhr mein Onkel Toby fort, und stand, als er sich bei diesem Teil seiner Rede wärmer redete, im Schilderhause auf, – wie Marlborough seine Armee von den Ufern der Maas nach Belburg, von Belburg nach Kerpenord – (hier vermochte auch der Korporal nicht länger sitzen zu bleiben), von Kerpenord, Trim, nach Kalsaken, von Kalsaken nach Neudorf, von Neudorf nach Landenburg, von Landenburg nach Mildenheim, von Mildenheim nach Elchingen, von Elchingen nach Giengen, von Giengen nach Ballmertshofen, von Ballmertshofen nach dem Schellenberg führen konnte, wo er die feindlichen Schanzen durchbrach und den Donauübergang erzwang, worauf er dann über den Lech ging, seine Truppen bis in das Herz des deutschen Reichs vorführte und an ihrer Spitze durch Friedberg, Hohenwart und Schönfeld in die Ebenen von Blindheim und Hochstätt marschierte? – Trotz all seines Genies, Korporal, hätte er nicht einen Schritt vorrücken oder einen einzigen Tagmarsch ausführen können, ohne Hilfe der Geographie.

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