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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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Börse sein würde. – Dann ließ er eine Banknote für die Bemühungen des Wundarztes und einen Brief voll zärtlichen Dankes für die Pflege meines Vaters auf dem Tisch zurück – packte seine Pläne, seine Werke über Befestigung und seine Instrumente zusammen, stieg mit Hilfe einer Krücke auf der einen und Trimms auf der andern Seite in den Wagen und fuhr Shandy Hall zu.
    Die Ursache, oder vielmehr der Entstehungsgrund diesem plötzlichen Auswanderung war folgender:
    Da der Tisch im Zimmer meines Onkels Toby, an welchem er am Abend vorher, ehe Obiges geschah, mit seinen Plänen u. s. w. um ihn herum saß – für die Menge großer und kleiner wissenschaftlicher Instrumente, die beständig darauf lagen, viel zu klein war – so passierte es ihm, als er nach seiner Schnupftabaksdose hinüber langte, dass er seinen Zirkel auf den Boden warf, und als er sich bückte um den Zirkel aufzuheben, dass er mit seinem Ärmel sein Reisszeugkästchen und seine Lichtschere hinabstreifte, – und da nun schon einmal der Teufel los war, im Bestreben die Lichtschere beim Fallen zu erhaschen – auch Monsieur Blondel hinunterwarf und auf diesen den Grafen Pagan.
    In Anbetracht seiner Lahmheit konnte mein Onkel Toby nicht daran denken, diese Schäden alle selbst wieder in Ordnung zu bringen, – er schellte daher seinem Diener Trim. – Trim, sagte mein Onkel Toby, da sieh einmal, was ich für eine Konfusion angerichtet habe – ich muss durchaus eine bessere Anstalt haben, Trim. – Nimm einmal meinen Maßstab und miss die Länge und Breite dieses Tisches und dann bestelle mir einen doppelt so großen. – Zu Befehl, Euer Gnaden, erwiderte Trim mit einem Bückling; ich hoffe aber, Euer Gnaden werden bald wieder so wohl sein, dass Sie nach Ihrem Landsitz reisen können – und da Euer Gnaden eine so große Freude an der Befestigung haben, so könnten wir das dort aufs Tüpfelchen hinaus besorgen.
    Ich muss Sie hier in Kenntnis setzen, dass dieser Diener meines Onkels Toby, der auf den Namen Trim ging, Korporal in meines Onkels Compagnie gewesen war – er hieß eigentlich James Butler; – allein da er im Regiment den Spitznamen Trim bekommen hatte, so nannte ihn auch mein Onkel Toby nie anders, wenn er nicht gerade besonders ärgerlich auf ihn war.
    Der arme Bursche war durch eine Verwundung am linken Knie dienstuntauglich geworden, von einer Flintenkugel her, die er zwei Jahre vor der Affaire bei Namur in der Schlacht bei Landen erhalten hatte – und da er im Regiment sehr beliebt und dazu ein gewandter Bursche war, so nahm ihn mein Onkel Toby als Diener an; er zeigte sich wirklich als höchst brauchbar, da er meinem Onkel im Lager und Quartier als Kammerdiener, Reitknecht, Barbier, Koch, Schneider und Krankenwärter Dienste leistete, und ihn von Anfang bis zu Ende mit großer Treue und Anhänglichkeit pflegte und bediente.
    Mein Onkel Toby liebte den Mann gleichfalls; und was ihn noch anhänglicher an ihn machte, das war die Ähnlichkeit ihrer wissenschaftlichen Ausbildung; – denn dadurch, dass Korporal Trim (so will ich ihn künftig nennen) vier Jahre lang der gelegentliche Zuhörer bei den Vorlesungen seines Herrn über befestigte Städte gewesen war, auch beständig in seines Herrn Pläne u. s. w. hineingesehen hatte, hatte er – abgesehen davon, was er als ein an sich zwar nicht mit einem steckenpferdbehafteten Leibdiener doch hierbei an Steckenpferdlichkeit mitnahm – nicht wenig in jener Wissenschaft profitierte; so dass Köchin und Zimmermädchen überzeugt waren, er wisse von der Natur der Festungen so viel wie mein Onkel Toby selbst.
    Ich habe nur noch einen Pinselstrich zu tun, um das Gemälde von Korporal Trim's Charakter zu vollenden – und zwar ist dies die einzige dunkle Linie darin. – Der Bursche gab gerne einen guten Rat – oder vielmehr er hörte sich gerne reden; sein Benehmen war jedoch so respektvoll, dass es leicht war ihn schweigend zu erhalten, wenn er einmal schwieg; war aber seine Zunge einmal im Gange – so gab es kein Aufhalten mehr – sie war zu geläufig. Allein das beständige Durchspicken seiner Rede mit »Euer Gnaden« und sein ganzes achtungsvolles Wesen sprach so sehr zu Gunsten seiner Redseligkeit – dass man wohl davon belästigt – aber doch dem Manne nicht böse sein konnte. Mein Onkel Toby vollends war selten das eine oder das andere – oder wenigstens hatte dieser Fehler Trimms bei ihm nichts zu sagen. Mein Onkel Toby liebte wie gesagt den Mann; und da er einen treuen

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