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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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sonderbar, bemerkte mein Vater gegen meinen Onkel Toby, nachdem Obadiah die Türe geschlossen hatte – da doch so ein geschickter Operateur wie Dr. Slop in der Nähe ist – dass meine Frau gleichwohl bis zum letzten Moment auf ihrer eigensinnigen Grille besteht und das Leben meines Kindes, das ein Missgeschick bereits betroffen hat, der Unwissenheit eines alten Weibes anvertrauen will! – ja nicht nur das Leben meines Kindes, Bruder, – sondern sogar ihr eigenes Leben, und damit das Leben all der Kinder, die ich möglicherweise noch hiernach von ihr hätte haben können.
    Vielleicht, Bruder, versetzte mein Onkel Toby, vielleicht tut meine Schwägerin das der Unkosten wegen. – Nicht die Spur! – erwiderte mein Vater; – der Doktor muss bezahlt werden, ob er in Tätigkeit tritt oder nicht – im letzteren Fall vielleicht sogar noch mehr – um ihn bei Laune zu erhalten.
    Dann kann es aus keinem andern Grunde von der Welt sein, sagte mein Onkel Toby in der Einfalt seines Herzens, als aus Schamgefühl. – Meine Schwägerin würde es wohl genieren, käme ein Mann so nahe an sie – ich will nicht bestimmt sagen, ob mein Onkel Toby hiermit seinen Satz schloss oder nicht – zu seinen Gunsten will ich annehmen, er tat es – da ich glaube, dass die Beifügung auch nur eines einzigen Wortes denselben keineswegs verschönert hätte.
    Wäre andererseits mein Onkel Toby noch nicht ganz an dem Schluss seiner Periode angelangt gewesen – dann verdankt die Welt dem Umstand, dass in diesem Augenblick die Tabakspfeife meines Vaters zerbrach, eines der feinsten Beispiele jener Zierform der Rhetorik, welche die Gelehrten Aposiopesis heißen. – Guter Gott! wie bestimmt doch das Poco più – und das Poco meno der italienischen Künstler, – das unmerkliche Mehr oder Weniger die genaue Schönheitslinie in einem Satz wie an einer Statue! Wie gibt doch ein leichter Druck des Meißels, des Pinsels, der Feder, des Fidelbogens et caetera – die wahre Steigerung, welche gerade das wahre Vergnügen erzeugt! – O teure Landsleute, seid heikel – seid vorsichtig in der Wahl eurer Worte; – vergesst nie, niemals, von welch kleinen Silben eure Beredsamkeit und euer guter Ruf abhängt!
    Meine Schwägerin, sagte mein Onkel Toby, würde es vielleicht genieren, käme ein Mann so nahe an sie. – Setzt diesen Gedankenstrich und es ist eine Aposiopesis; – nehmt den Gedankenstrich weg und schreibt, – Hinterteil – so wird es eine Zote; streicht Hinterteil und setzt bedeckten Weg, so wird es eine Metapher; – und da die Befestigungskunst meinem Onkel Toby so sehr im Kopfe herumging, so darf ich wohl sagen: wenn er seinem Satz noch ein Wort hätte beifügen können, so wäre es gewiss dieses Wort gewesen.
    Ob dies aber der Fall war oder nicht – oder ob jenes Zerbrechen von meines Vaters Tabakspfeife im kritischen Augenblick aus Zufall oder aus Ärger geschah, – das werden wir seiner Zeit erfahren.
     
    32. Kapitel
    Obschon mein Vater ein guter Naturphilosoph war, – hatte er doch auch etwas von einem Moralphilosophen. Als ihm daher seine Tabakspfeife in der Mitte abbrach – hätte er als ein Solcher die zwei Stücke ruhig nehmen und sachte ins Feuer fallen lassen müssen. – Das tat er aber nicht, er schleuderte sie vielmehr mit der grössten Heftigkeit hinein, – und um dieser Handlung noch mehr Nachdruck zu verleihen, – sprang er dabei mit beiden Beinen in die Höhe.
    Dies sah etwas hitzig aus; – und die Art wie er meinem Onkel Toby auf seine Äußerung diente, bewies, dass es wirklich so war.
    – Genieren! rief mein Vater, indem er die Worte meines Onkels Toby wiederholte, wenn ein Mann ihr so nahe käme! – Beim Himmel! Bruder Toby, du könntest die Geduld eines Hiob erschöpfen; und ich habe doch wahrlich auch ohne das die Plagen eines Hiob. – Wie so? – Weshalb? – Warum? – Wegen meiner? fragte mein Onkel im höchsten Erstaunen – wenn ich höre, fuhr mein Vater fort, dass ein Mann in deinem Alter, Bruder, die Weiber noch so wenig kennt! – Ich kenne sie gar nicht, – erwiderte mein Onkel Toby, und fuhr er fort, der Stoß, den ich ein Jahr nach der Demolierung von Dünkirchen in meiner Geschichte mit der Witwe Wadman empfing: – und den ich, wie du weißt, nicht empfangen haben würde, wenn mir nicht alle Kenntnis des Geschlechts abging – er hat mir gerechten Anlass gegeben zu sagen, dass ich von den Weibern und ihren Angelegenheiten nichts weiß und nichts verstehe, und mir auch gar nicht annahm,

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