Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)
jene Frage umging, mich oft gewundert, weshalb unsere Herrn Gutsbesitzer, die in großen Ebenen leben wie hier die Umgegend, (besonders wenn sie Frauen haben, die noch Kinder bekommen können) nicht den Versuch machen, etwas Ähnliches in Gang zu bringen. Es würde sich nicht nur bei plötzlichen Berufungen, wie sie bei dem Geschlecht vorkommen, außerordentlich praktisch erweisen – vorausgesetzt, es wehte der Wind – sondern es wäre auch sehr ökonomisch, sich der Winde zu bedienen, die nichts kosten und nichts fressen wie die Pferde, die (hol sie der Teufel!) sehr viel kosten und viel fressen.
Gerade deshalb, entgegnete mein Vater, weil die Winde nichts kosten und nichts fressen – ist der Plan schlecht; – denn der Verbrauch unserer Produkte und die Herstellung derselben gibt eben den Hungrigen Brot, treibt den Verkehr um, bringt Geld ein und hält den Wert unserer Güter aufrecht; – wenn ich ein Fürst wäre, würde ich deshalb den wissenschaftlichen Kopf, der eine solche Erfindung gemacht hätte, reichlich belohnen, – aber ich würde den Gebrauch derselben auf das bestimmteste verbieten.
Mein Vater war hier in sein Element geraten und schon im Begriff sich jetzt ebenso gedeihlich über den Handel zu verbreiten, wie mein Onkel Toby es vorhin über die Befestigungskunst getan hatte; allein zum Schaden der Wissenschaft, hatten die Parzen an diesem Morgen bestimmt, dass mein Vater heute keinerlei Abhandlung zu Ende spinnen sollte, – denn gerade wie er den Mund öffnete, um den nächsten Satz zu beginnen,
40. Kapitel
Trat Korporal Trim mit dem Stevenius ein: – Aber jetzt war es zu spät – der ganze Stoff war ohne ihn erschöpft worden und die Unterhaltung lief bereits in einem anderen Kanal.
Du kannst das Buch wieder heimtragen, Trim, sagte mein Onkel Toby, und nickte ihm zu.
Bitte, Korporal, sagte mein Vater scherzend, – sehen Sie doch erst einmal hinein, ob Sie nicht einen Segelwagen drin bemerken.
Korporal Trim hatte im Dienst gelernt zu gehorchen – und niemals eine Widerrede zu erheben; – er nahm daher das Buch auf einen Nebentisch und durchlief die Blätter. Halten zu Gnaden, sagte Trim, ich sehe nichts der Art, will mich aber, fuhr der Korporal fort, nun seinerseits einen Scherz machend, doch vergewissern, halten zu Gnaden. – Er nahm also das Buch bei beiden Deckeln, bog sie rückwärts, ließ die Blätter nach unten hängen und schüttelte sie ordentlich.
Da ist doch was herausgefallen, halten zu Gnaden, sagte Trim; – 's ist aber kein Wagen oder etwas derart. – Was ist's denn, Korporal, fragte mein Vater lächelnd. – Ich glaub', erwiderte Trim und bückte sich, um es aufzuheben – es ist so was wie eine Predigt – denn es fängt mit einer Stelle aus der Bibel an, nebst Kapitel und Vers – und geht dann weiter, nicht wie ein Wagen, sondern gerade wie eine Predigt.
Die Gesellschaft lächelte.
Ich begreife nicht, sagte mein Onkel Toby, wie eine Predigt in meinen Stevenius hinein kommen konnte.
Ich glaube doch, dass es eine Predigt ist, versetzte Trim; – wenn aber Euer Gnaden gestatten, so will ich eine Seite lesen; es ist eine schöne Handschrift. – Denn Trim, müssen Sie wissen, hörte sich ebenso gerne vorlesen wie sprechen.
Es kitzelt mich immer sehr, sagte mein Vater, Dinge, die mir so ganz zufällig in den Weg kommen, näher ins Auge zu fassen; – und da wir im Augenblick nichts Besseres zu tun haben, wenigstens bis Obadiah zurück ist, so wäre ich dir sehr verbunden, Bruder, wenn nämlich Dr. Slop nichts dagegen hat, wenn du den Korporal veranlassen wolltest, uns ein Paar Seiten zum Besten zu geben – wenn er es ebenso gut kann wie er es gerne zu tun scheint. – Halten zu Gnaden, bemerkte Trim, ich habe zwei volle Feldzüge in Flandern hindurch Schreibersdienste beim Kaplan unseres Regiments versehen. – Er kann so gut lesen wie ich selbst, sagte mein Onkel Toby. – Ich versichere dich, Trim hatte den besten Schulsack in meiner ganzen Compagnie; und er hätte die nächste Unteroffiziersstelle erhalten, wenn den armen Burschen nicht das Unglück betroffen hätte. – Korporal Trim legte die Hand aufs Herz und machte eine demütige Verbeugung gegen seinen Herrn; – dann legte er seinen Hut auf den Boden und nahm die Predigt in die linke Hand, um seine rechte frei zu behalten; – hierauf trat er ohne Bedenken in die Mitte des Zimmers, wo er am besten sehen konnte und wo auch er von seinen Zuhörern am besten gesehen wurde.
41. Kapitel
Wenn Sie
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