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Lausbubengeschichten

Lausbubengeschichten

Titel: Lausbubengeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Thoma
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deinem Gehalt.“
    „Das gehört nicht hierher,“ sagte der Onkel, „was soll der
    Bursche denken, wenn du seine Aufmerksamkeit ablenkst.“
    „Er wird denken, daß er dir noch mehr stiehlt, wenn du
    soviel Geld in den Hosensack steckst“, sagte die Tante. „Wer
    weiß, wieviel er schon genommen hat. Du natürlich weißt
    es nicht, weil du ja nicht acht gibst, als hättest du das Gehalt
    von einem Präsidenten.“
    „Ich habe bloß einmal die sechzig Pfennig genommen“,
    sagte ich.
    „Es waren wenigstens zwei Mark,“ sagte der Onkel, „aber
    ich verzeihe dir, wenn du es aufrichtig bereust und gegen die-
    sen Fehler ankämpfen willst. Du mußt den heiligen Vorsatz
    fassen, daß du es nie mehr tust und die Versuchung meidest
    und meinen Hosensack nie mehr aussuchst.“
    Ich war furchtbar zornig, aber ich durfte es nicht merken
    lassen. Ich dachte, wenn die Kommunion vorbei ist, dann
    will ich ihn schon ärgern, daß er blau wird. Vielleicht mache
    ich seine Goldfische kaputt oder etwas anderes.
    Es waren bloß mehr fünf Tage.
    Der Tante Frieda ihre Anna durfte heuer auch zum er-
    stenmal zur Kommunion gehen, und sie haben ein ekelhaftes
    Getu mit ihr. Die Anna ist eine falsche Katze, und ich habe
    sie nie leiden mögen, aber jetzt bin ich noch giftiger auf sie,
    weil die Tante Frieda immer von ihr redet und sich so dick
    macht damit.
    Die Tante Frieda ist die beste Freundin von der Tante
    Fanny, und sie sagen allemal etwas über meine Mutter, wenn
    sie beisammen sind.
    Am Abend ist die Tante Frieda öfter gekommen, und wie
    sie einmal gehört hat, daß wir Andachtsübungen machen,
    hat sie zum Onkel Pepi gesagt: „Du tust ein gutes Werk an
    dem Burschen; ich fürchte bloß, daß es nicht viel hilft.“
    Und dann fragte sie mich, ob ich mich auf die heilige
    Handlung ordentlich vorbereite.
    Ich sagte, daß ich schon zwei Wochen mich vorbereite.
    „Vorbereiten und vorbereiten ist ein Unterschied. Ach Gott“,
    sagte sie, „ich weiß nicht, mein Ännchen flößt mir beinahe
    Angst ein. So durchgeistigt kommt sie mir vor und so ange-
    griffen von dem Gedanken an ihre erste Kommunion. Und
    denkt euch nur, wie das Kind spricht! Am letzten Freitag
    wollte ich ihr ein bißchen Fleischsuppe geben, weil sie doch
    schwächlich ist. Aber sie hat es um keinen Preis nicht ge-
    nommen. Ich sagte, es ist doch eine Kleinigkeit. ‚Nein,‘ sagte
    sie, ‚liebe Mutter, kann das eine Kleinigkeit sein, was Gott
    beleidigt?‘ Und ihre Augen glänzten ganz dabei. Mir ist ganz
    anders geworden. Liebe Mutter, hat sie gesagt, kann das eine
    Kleinigkeit sein, was Gott beleidigt?“
    Tante Fanny war erstaunt und nickte mit dem Kopfe auf
    und ab, und der Onkel Pepi machte große Augen auf mich
    und hatte Wasser darin. Er sagte zu mir: „Hörst du das?“
    Ich sagte, daß ich es schon gelesen habe, weil es eine Hei-
    ligengeschichte ist, die wo in unserem Vorbereitungsbuche
    steht.
    Tante Frieda ärgerte sich furchtbar, daß ich es wußte. Sie
    sagte, daß sie es nicht glaubt, weil ich immer lüge, aber wenn
    es wahr ist, dann macht es auch nichts, weil man sieht, daß
    Ännchen die Moral in sich aufgenommen hat.
    Und sie erzählte, daß Anna gestern nicht geschlafen hat
    und weinend im Bett gesessen ist. „Was hast du, Kind?“ hat
    sie gefragt. „Ich habe ein Stück Brotrinde gegessen“, hat Anna
    gesagt. „Warum sollst du keine Brotrinde nicht essen?“ hat
    die Tante Frieda gefragt. „Weil das Essen schon vorbei war,
    und die Brotrinde war nicht für mich bestimmt, das war ein
    Unrecht, und ich habe so fest vorgehabt, daß ich keine Sünde
    mehr begehe“, hat die Anna gesagt, und sie hat noch mehr
    geweint. „So ist das Kind,“ sagte die Tante Frieda, „sie kommt
    mir oft überirdisch vor, und ich kann sie nicht beruhigen.“
    „Es gibt Kinder, welche zwei und drei Mark aus einem Ho-
    sensacke stehlen und keine Unruhe verspüren“, sagte Onkel
    Pepi. Und die Tante Frieda wußte es schon von der Tante
    Fanny und sagte: „Es ist der Fluch der milden Erziehung.“
    Das habe ich alles hören müssen, und ich war froh, wie
    der Kommuniontag da war. Meine liebe Mutter hat mir ei-
    nen schwarzen Anzug geschickt und eine große Kerze.
    Sie hat mir geschrieben, daß es ihr weh tut, weil sie nicht
    dabei sein kann, aber ich soll mir vornehmen, ein anderes
    Leben anzufangen und ihr bloß Freude zu machen.
    Das habe ich mir auch vorgenommen.
    Wir waren vierzehn Erstkommunikanten von der Latein-
    schule, und die Frau Pedell hat

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