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Lauschangriff - Im Visier der Feinde

Lauschangriff - Im Visier der Feinde

Titel: Lauschangriff - Im Visier der Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Robinson
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selbst Ransom kannte den Namen des großen Torhüters nicht.
    Im Moment wartete er auf die kleine Cessna mit den beiden Washingtoner Anwälten, die wegen möglicher Berufungsverfahren mit einigen Gefangenen reden wollten. In diesem Moment war sich Ransom nur dreier Dinge absolut sicher: Erstens, die Anwälte hatten verdammt noch mal kein Recht, sich hier aufzuhalten, und hätten selbst hinter Gitter gehört; zweitens, Richter Kennedy hatte ganz offensichtlich den Verstand verloren; und drittens, wenn er, Biff Ransom, hier etwas zu sagen gehabt hätte, dann wären diese zwei Knallchargen die 800 Kilometer von Havanna zu Fuß gelaufen. Außerdem waren die beiden eine Stunde zu spät dran, und in einer Stunde stand für ihn ein weiteres wichtiges Verhör an.
    »Mein Gott«, sagte Ransom und spähte in den kristallblauen Himmel. »Wo bleiben die bloß?«
    Es wäre natürlich angenehmer gewesen, wenn er auf dem Militärflugplatz der Basis gewartet hätte, aber in diesem Punkt hatte die Navy eine klare Grenze gezogen. Sie konnten die Zusammenarbeit mit dem Außenministerium schlecht verweigern, aber sie konnten die anstehende rechtliche Untersuchung des Falls immerhin so weit torpedieren, dass sie die Landung einer von kubanischen Piloten gesteuerten Zivilmaschine auf der Militärbasis untersagten. »Aus Sicherheitsgründen«, wie es in der aus dem Pentagon eingetroffenen Meldung geheißen hatte.
    Weshalb nun Sergeant Ransom 25 Kilometer nördlich des Lagers auf dem kleinen Flughafen der Stadt Guantanamo herumhing und auf die Männer wartete, die er aus tiefster Überzeugung für Verräter an den USA hielt.
    Um sich die Zeit zu vertreiben, summte er das Lied, das in den 30er-Jahren von José Fernández Díaz geschrieben worden und später durch Pete Seeger populär geworden war: »Guantanamera«, die Hymne an die Frauen dieser fröhlichen kleinen und für das US-Militärpersonal im Grunde unzugänglichen Stadt.
    Ransom war mit einem älteren Marine-Helikopter eingeflogen, da kein Weg durch die ausgedehnten Minenfelder führte, die die US-Basis umgaben. Es gibt keinen Landweg von Castros Kuba zur Basis. Der Helikopter stand nun am Rand des Rollfelds, das sich so aufgeheizt hatte, dass man auf dem Hubschrauberrumpf Spiegeleier hätte braten können. »Sollen Sie ruhig ein bisschen ins Schwitzen kommen«, murmelte Ransom vor sich hin und fügte mit einer gewissen Befriedigung an: »Diese Schweinepriester.«
    Zehn Minuten später traf die Cessna endlich ein. Staff Sergeant Ransom begrüßte die Passagiere mit militärischer Zackigkeit. Da er nicht wusste, ob Myerson oder Renton als Offiziere gedient hatten, salutierte er ihnen und führte sie zum Helikopter, in dem man mittlerweile Metall hätte schmelzen können.
    »Der kühlt gleich ab«, sagte der Sergeant heiter, »wenn wir erst mal in der Luft sind und der Wind reinbläst.« Natürlich irrteer sich in diesem Punkt. Im Helikopter blieb es so heiß wie zuvor. Brüllend heiß. Myerson und Renton waren klatschnass, als sie auf der Basis eintrafen und neben der roten Backsteinmauer landeten, hinter der der weiße Granitblock lag, auf dem in großen Lettern verkündet wurde: CAMP JUSTICE – Guantanamo Bay, Kuba.
    Dieses Schild hing über dem Eingang zum Hochsicherheitsgerichtssaal, wo viele Jahre lang die dem Gerichtsverfahren vorausgehenden Anhörungen und Militärtribunale stattgefunden hatten. Nur selten verließ jemand als freier Mensch dieses Gebäude – dazu musste er schon Lehrer oder umherstreifender Botaniker gewesen sein, der im allgemeinen Chaos, das in Bagdad, Basra, Kabul oder im Hindukusch herrschte, den US-Soldaten in die Hände gefallen war.
    Tom Rentons Vater war hier als Leiter der Militärjustiz beratend tätig gewesen. Dabei hatte es sich fast immer um Fälle gehandelt, bei denen unrechtmäßige Kombattanten behaupteten, einer regulären Armee anzugehören. Colonel Renton hatte das alles für völligen Schwachsinn gehalten, dieser Meinung unmissverständlich Ausdruck verliehen und den Angeklagten die Verachtung entgegengebracht, die sie verdient hatten. Er zitierte dabei immer aus den Genfer Konventionen und instruierte den Vorsitzenden Offizier, dass man doch keinem erlauben könne, eine Bombe in einen Supermarkt oder ein Hotel zu schleudern, dabei mehrere Dutzend Menschen zu töten, um sich danach darauf zu berufen, man sei eine Art Sprengstoffoffizier in Diensten eines islamistischen Generals Patton, nur um in den Genuss einer ehrenhaften Behandlung zu

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