Lauschangriff - Im Visier der Feinde
Kleinwaffenherstellern der Welt zählte.
RUAG produzierte Millionen 9-mm-Geschosse für Waffen wie die deutsche Luger und galt als Spezialist für Handgranaten. Bei dem fraglichen, in der Penn Station zum Einsatz gekommenen Modell handelte es sich um eine klassische HG-85, mit der weltweit Armeen ausgerüstet waren. Es war nicht festzustellen und auch kaum relevant, in welcher Fabrik die Handgranate produziert worden war. Doch die zwischen den Trümmern sichergestellten Fragmente des äußeren Gehäuses waren sehr aufschlussreich.
Es wäre eine Sache gewesen, wenn die Explosion durch eine Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung erzeugt worden wäre, wie sie in Bagdad oder Kabul verwendet wurden. Eine Handgranate aber war etwas ganz anderes. Handgranaten waren einzig und allein fürs Militär bestimmt und auf dem Schwarzmarkt so gut wie nicht erhältlich. Wer immer sie zum Einsatz brachte, musste Verbindungen zu den Streitkräften eines Landes haben.
Commander Ramshawe wurde in den frühen Morgenstunden aus dem Bett geklingelt und war sofort hellwach. Denn mit dieser Handgranate änderte sich alles. An solche Waffen kam man nur heran, wenn man eine gewisse Organisation hinter sich hatte. Und damit waren die Auserwählten mit einem Mal wieder im Gespräch.
Sein Nachbrenner zündete, als er in sein Arbeitszimmer eilte und die Zugfahrpläne von Albuquerque nach New York aufrief. »Könnte doch sein«, murmelte er vor sich hin, »dass die vier Dreckskerle mit dem Zug durchs Land gegondelt sind und dann aus irgendeinem Grund die beiden New Yorker mit einer gottverdammten Handgranate umgelegt haben …« Natürlich war das eine sehr gewagte Vermutung, aber Jimmy wollte nichts, absolut nichts unversucht lassen.
Schließlich stieß er auf die Zugverbindung, die jeder benutzt hätte, wenn er am Morgen der beiden Morde an der mexikanischen Grenze von Albuquerque nach New York hätte reisenwollen. Es gab keine andere Möglichkeit, keine anderen Züge, keine andere Route.
Der Southwestern Chief fuhr am Abend in Albuquerque ab und traf um 15 Uhr des Folgetags in Chicago ein. Der Anschlusszug war der Cardinal , der kurz vor 22 Uhr am nächsten Abend in New York ankam. Und dort springt dieser verfluchte Ibrahim aus dem Zug und lässt um 21.55 Uhr das Scheißhaus in der Penn Station hochgehen – passt zeitlich genau. Und ergibt überhaupt keinen Sinn.
Jimmy Ramshawes Gehirn arbeitete auf Hochtouren, und wie immer, wenn er aufgeregt war, sprudelte es nur so aus ihm heraus. »Was hab ich damit bewiesen?«, fragte er sich. »Nichts, oder? Außer dass die Auserwählten dahinterstecken könnten , wenn sie in den beiden Zügen gesessen haben. Die Wahrscheinlichkeit dafür: eins zu einer Million. Vergiss es.«
Er schaltete den Computer aus, stand auf und hatte vor, wieder ins Bett zu gehen und das Problem hintanzustellen, bis er um sieben Uhr ins Büro musste. Aber dann fiel ihm etwas Neues ein. Der nächste große Schlag gegen die USA soll die Penn Station sein. Die Bettlakenträger schnappen sich von der mexikanischen Armee einen Vorrat an Handgranaten, stürmen über die Grenze und töten dabei zwei amerikanische Grenzschützer, die ihnen in die Quere kommen. Ihre Kumpel holen sie mit dem Auto ab und fahren sie zum nächsten Bahnhof für Fernverbindungen – Albuquerque. Sie steigen in den Southwestern Chief nach Chicago, und von dort geht’s weiter nach New York.
Sie schlendern in der Penn Station den Bahnsteig entlang, aber dann werden sie dabei gesehen, wie sie die Handgranaten verteilen. Ein Zugreisender vielleicht, möglicherweise Ex-Militär, läuft brüllend auf sie zu.
Yousaf verzieht sich auf die Herrentoilette. Der Zugreisende stürzt hinterher. Yousaf überwältigt ihn, zieht den Sicherungsstift und lässt alles hochgehen. Die Bettlakenträger stecken ihre Handgranaten weg und spurten zu einem Wagen, der vor dem Madison Square Garden auf sie wartet.
Jane Ramshawe schlief noch, als Jimmy zwei Zimmer weiter diesen Monolog vom Stapel ließ. Um 6.30 Uhr aber war dann auch sie auf und machte Kaffee und Toast, bevor sie sich auf den Weg zur Georgetown University machte, wo sie amerikanische Geschichte studierte. Sie las gerade die letzten Seiten eines Artikels über die Armee von General »Stonewall« Jackson, als Jimmy sie fragte: »Hältst du die Explosion in der Penn Station für einen Unfall?«
»Möglich«, erwiderte sie. »Es gibt kein Motiv, es ergibt keinerlei Sinn. Keiner hat was davon. Hohes Risiko,
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