Lauter Irre
Swimmingpool sehen. Kurz und gut, der Wohnsitz der Ponsons war das Luxuriöseste, was er je gesehen hatte, und mit Dingen ausgestattet, die nur wenig Ähnlichkeit mit dem langweiligen Mobiliar in der Selhurst Road 143 hatten.
Als Esmond zusammen mit der noch immer recht feuchten Belinda ins Wohnzimmer zurückkehrte, hatte er beschlossen, dass es ihm bei den Ponsons gefallen würde. Onkel Albert hatte sich gerade einen großen Scotch eingeschenkt.
»Komm und genehmige dir einen«, sagte er. »Was nimmst du dir denn so am liebsten zur Brust?«
Esmond zögerte. Diesen Ausdruck hatte er noch nie gehört.
»Zur Brust?«, fragte er.
»Was willst du trinken, Junge?«
»Ich glaube, ich hätte gern eine Cola.«
»Hab ich nicht. Versuch’s mal mit einem guten Single Malt«, erwiderte sein Onkel und reichte Esmond, ohne eine Antwort abzuwarten, ein Glas, das halb mit einer braunen Flüssigkeit gefüllt worden war. Auf der Flasche stand Glenmorangie. Esmond warf einen Blick auf das Datum. Das Etikett war arg zerfleddert und verkündete, dass der Inhalt zwanzig Jahre alt war.
»Bist du sicher, dass das Zeug noch gut ist?«, erkundigte er sich zweifelnd. »Ist das Verfallsdatum nicht schon längst überschritten?«
»Verfallsdatum? Hat dein Dad dir denn überhaupt nichts über Whisky beigebracht?«, gluckste Albert. »Ich meine, getrunken hat er doch genug davon.«
»Zu viel. Deswegen ist er ja jetzt krank.«
Albert behielt seine Ansicht dazu, was der wirkliche Grund für Horace Wileys Erkrankung war, für sich. Wenn er sich ansah, wie Belinda diesem dämlichen Bengel schöne Augen machte, dann konnte er seinen Schwager so langsam verstehen, und er verstand auch, wieso ein Mann, der vorher ein ziemlich zurückhaltender Trinker gewesen war, fast über Nacht angefangen hatte zu saufen. Und der sogar so weit ging, seinen Sohn zerstückeln und in Salpetersäure auflösen zu wollen – was einem dann doch ein bisschen heftig erschien, dämlich hin oder her.
Während Esmond an seinem Whisky nippte und bekundete, dass ihm der Geschmack eigentlich nicht besonders zusagte, überkam Albert eine jähe Erkenntnis: Der Blödmann war genauso wie sein Vater oder zumindest so, wie sein Vater als junger Mann gewesen war. Albert hatte nie begriffen, warum Vera so einen biederen Langweiler geheiratet hatte. Damals hatte er ihr gesagt, sie sei doch völlig bekloppt, andererseits hatte er sie noch nie verstanden. Als Teenager hatte Vera andauernd schnulzige Romane gelesen, und Albert hatte mit Büchern nie etwas am Hut gehabt. Die einzigen, die ihn interessierten, waren die mit den Spalten für Soll und Haben.
Albert hatte der Schule den Rücken gekehrt, sobald er konnte, und mit jener kriminellen Rücksichtslosigkeit, die Horace so entsetzte, hatte er rasch etwas angesammelt, was er als »hübsches Sümmchen« bezeichnete. Wie viel genau ein hübsches Sümmchen ausmachte, war ein wohl gehütetes Geheimnis, das sehr viele sehr gern gelüftet hätten. Immerhin reichte die offiziell angegebene Summe, die Leute vom Finanzamt zufriedenzustellen und die Typen vom Zoll zum Schweigen zu bringen. Obwohl sie weiter versuchten, ihm Steuerhinterziehung anzuhängen.
Selbst sein Steuerberater, wegen seines Rufs als gewissenhaft, ehrlich und integer ausgewählt, hatte keine Ahnung, worauf sich das wahre Einkommen seines Kunden belief – oder wie er es schaffte, mit der bescheidenen Summe, die er angab, einen so aufwändigen Lebensstil zu pflegen.
Wenn man ihm wegen seines Lebensstandards Fragen stellte, bekannte Albert ohne jede Scham, er habe des Geldes wegen geheiratet, was gar nicht so falsch war. Bei genauem Hinsehen waren Belindas laufende Einnahmen jedoch gleich null, und das Geld, das auf ihrem Privatkonto lag, war in Wirklichkeit von Alberts Konto dort hingebucht worden.
Es war alles höchst eigenartig. Doch das spielte jetzt alles keine Rolle. Was Alberts verschlagenen Verstand im Augenblick beschäftigte, war etwas anderes: Er musste eine Möglichkeit finden, diesen jungen Trottel mit seinem Banklehrling-Aussehen und den dazu passenden Klamotten für seine Zwecke einzuspannen.
Ganz sicher würde er ihn nicht einfach bei Belinda im Haus herumhängen lassen, bei der Stimmung, in der diese gerade war. In letzter Zeit hatte sie sich ziemlich merkwürdig benommen – insgeheim fragte er sich, ob sie am Ende in die Wechseljahre kam, obwohl er wusste, dass sie dafür viel zu jung war.
Nein, wenn sie den Jungen schon für einige Zeit am Hals
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