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Lauter reizende alte Damen

Lauter reizende alte Damen

Titel: Lauter reizende alte Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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sogar die Reparatur der Außenseite viel Geld kosten wird. Allein schon das Dach. Die Rückseite ist enttäuschend, finden Sie nicht auch?«
    »Ja. Es ist ja wohl auch eine seltsame Idee, ein Haus so zu teilen.«
    »Menschen haben oft seltsame Ideen.«
    »Haben Sie jemals in dem Haus gewohnt?«, fragte Tuppence.
    »Nein, nie. Mein Haus ist vor vielen Jahren abgebrannt. Ein kleiner Teil steht noch. Sie haben es sicher gesehen. Es liegt oberhalb des Pfarrhauses auf dem Berg. Schön war es nie. Mein Vater hat es in den neunziger Jahren gebaut. Viel Gotik und ein Hauch Balmoral. Heute finden die Architekten das wieder schön, aber vor vierzig Jahren schlugen sie die Hände über dem Kopf zusammen. Es war alles da, was damals zu einem herrschaftlichen Haus gehörte.« Seine Stimme wurde ironisch. »Ein Billardzimmer, ein Frühstückszimmer, ein Boudoir, ein riesiger Speisesaal, ein großer Saal für Bälle, vierzehn Schlafzimmer – und eben auch vierzehn Dienstboten.«
    »Es hört sich so an, als hätten Sie es nie sehr gern gehabt.«
    »Das habe ich auch nicht. Ich war für meinen Vater eine Enttäuschung. Er war ein erfolgreicher Industrieller und hoffte, ich würde in seine Fußstapfen treten. Und das habe ich nicht getan. Er hat es mir nicht übel genommen. Er hat mich reichlich mit Geld ausgestattet und mich meine eigenen Wege gehen lassen.«
    »Ich habe gehört, dass Sie Botaniker sind.«
    »Ja, das ist eine sehr entspannende Nebenbeschäftigung. Ich habe Wildblumen gesammelt, besonders auf dem Balkan. Waren Sie jemals auf dem Balkan? Es ist eine herrliche Gegend zum Botanisieren.«
    »Schon die Vorstellung ist verlockend. Haben Sie zwischen Ihren Reisen hier gewohnt?«
    »Schon seit vielen Jahren nicht mehr, seit dem Tod meiner Frau.«
    »Oh«, murmelte Tuppence ziemlich verlegen, »entschuldigen Sie…«
    »Es ist schon lange her. Sie ist vor dem Krieg gestorben, 1938.«
    Dann fügte er hinzu: »Sie war eine sehr schöne Frau.«
    »Haben Sie Bilder von ihr in Ihrem Haus?«
    »Nein. Das Haus steht leer. Ich habe nur noch ein Schlafzimmer, ein Wohnzimmer und ein Büro für meinen Verwalter oder für mich, wenn ich kommen muss, um mich um den Besitz zu kümmern.«
    »Haben Sie denn nie etwas davon verkauft?«
    »Nein. Es wird zwar jetzt von einem Besiedlungsplan gesprochen, aber ich weiß nicht… Nicht dass ich irgendwelche Bindungen an das Land hätte. Mein Vater träumte von einer Art Feudalbesitz, der auf mich und meine Kinder übergehen sollte. Aber Julia und ich haben nie Kinder gehabt.«
    Tuppence nickte stumm.
    »Es zieht mich nichts hierher. Ich komme auch fast nie. Was geschehen muss, erledigt Nellie Bligh für mich.« Er lächelte ihr zu. »Sie ist eine ganz ungewöhnlich gute Sekretärin gewesen, und sie arbeitet immer noch für mich.«
    »Und Sie kommen nie, wollen aber trotzdem nicht verkaufen?«, fragte Tuppence verwundert.
    »Ach, dafür gibt es einen guten Grund.« Ein leichtes Lächeln glitt über sein strenges Gesicht. »Vielleicht habe ich doch etwas vom Geschäftssinn meines Vaters geerbt. Das Land ist ungeheuer im Wert gestiegen, und es ist eine bessere Vermögensanlage als alles Bargeld, das ich beim Verkauf bekommen hätte. Wer weiß, vielleicht entsteht hier eines Tages eine große Wohnsiedlung.«
    »Und dann sind Sie reich?«
    »Dann bin ich noch reicher als jetzt«, sagte Sir Philip, »und dabei bin ich schon reich genug.«
    »Und womit beschäftigen Sie sich?«
    »Ich reise; ich habe geschäftlich in London zu tun. Übrigens habe ich dort eine Bildergalerie. Ich bin nebenbei Kunsthändler. All das beschäftigt mich und vertreibt mir die Zeit, bis sich eines Tages eine Hand auf meine Schulter legt und jemand ›Komm‹ sagt.«
    »Oh, lassen Sie das«, sagte Tuppence. »Das klingt… ich bekomme ja direkt eine Gänsehaut.«
    »Das braucht man aber nicht. Ich glaube, dass Sie lange und glücklich leben werden, Mrs Beresford.«
    »Ach, im Moment bin ich glücklich«, sagte Tuppence. »Aber wahrscheinlich steht mir all das bevor, was das Alter so mit sich bringt: Ich werde taub und blind werden und Arthritis und andere Krankheiten bekommen.«
    »Und wahrscheinlich werden Sie nicht so darunter leiden, wie Sie jetzt glauben. Wenn Sie mich nicht für taktlos halten, möchte ich sagen, dass Sie und Ihr Mann ein glückliches Leben zu führen scheinen.«
    »Das tun wir«, bestätigte Tuppence. »Doch, wir sind glücklich.« Sie lachte. »Es geht eben nichts über eine gute Ehe.«
    In der nächsten

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