Lauter reizende alte Damen
Sekunde bereute sie bitter, dies gesagt zu haben. Sie sah den Mann vor sich, der so lange Jahre getrauert hatte und vielleicht immer noch trauerte. Sie war wütend auf sich selbst.
16
I vor Smith und Tommy unterbrachen ihr Gespräch, wechselten einen Blick und beobachteten Tuppence. Tuppence starrte auf den Kamin. Sie war weit fort.
»Wo bist du?«, fragte Tommy.
Mit einem Seufzer kehrte Tuppence aus Gedankenfernen in die Gegenwart zurück. »Es ist immer noch alles so verwickelt. Was sollte eigentlich diese Gesellschaft gestern Abend?« Ihr Blick richtete sich auf Ivor Smith. »Für Sie und Tommy hat sie anscheinend einen Sinn gehabt. Wissen Sie denn jetzt, woran wir sind?«
»Das möchte ich nicht gerade behaupten«, sagte er. »Aber wir suchen ja auch nach verschiedenen Dingen, oder nicht?«
»Doch.«
Die beiden Männer sahen sie fragend an.
»Schön«, sagte Tuppence. »Ich bin eine Frau mit einer fixen Idee. Ich suche Mrs Lancaster! Ich will sicher sein, dass es ihr gut geht.«
»Dann musst du zuerst Mrs Johnson finden«, sagte Tommy.
»Mrs Johnson«, wiederholte Tuppence. »Ich möchte wissen…«
Sie wandte sich an Ivor Smith: »Aber für Sie ist diese Seite der ganzen Angelegenheit uninteressant.«
»Durchaus nicht, Mrs Tommy. Sie interessiert mich sehr.«
»Und was ist mit Mr Eccles?«
Ivor lächelte. »Ich könnte mir denken, dass ihn demnächst das Schicksal ereilt. Aber beschwören möchte ich das nicht. Er kann seine Spuren so fabelhaft verdecken, dass man meint, es hätte nie welche gegeben.« Nachdenklich fügte er hinzu: »Ein großer Organisator. Ein großer Planer.«
»Gestern Abend«, begann Tuppence und zögerte. »Darf ich Fragen stellen?«
»Du darfst sie stellen«, sagte Tommy. »Aber rechne nicht zu fest damit, dass du zufrieden stellende Antworten bekommst.«
»Sir Philip Starke – was hat er damit zu tun? Ich kann ihn mir nicht als Verbrecher vorstellen… es sei denn…« Sie verschluckte rasch den Hinweis auf Mrs Copleighs Lieblingsverdächtigungen bezüglich der Kindesmorde.
»Sir Philip Starke liefert uns sehr wichtige Informationen«, erklärte Ivor Smith. »Er hat den größten Grundbesitz, nicht nur hier, sondern auch in anderen Gebieten Englands.«
»Auch in Cumberland?«
Ivor Smith sah Tuppence scharf an. »In Cumberland? Wie kommen Sie auf Cumberland? Was wissen Sie von Cumberland?«
»Nichts. Es ist mir nur so in den Sinn gekommen«, sagte Tuppence. Sie runzelte die Stirn und machte ein erstauntes Gesicht. »Und eine rot-weiß gestreifte Rose bei einem Haus – eine alte Rosensorte.« Sie schüttelte den Kopf. »Gehört das Kanalhaus Sir Philip?«
»Das Land gehört ihm. Ihm gehört hier fast alles Land.«
»Ja, davon hat er gestern gesprochen.«
»Von ihm haben wir viel über alle möglichen Pachtverträge gehört, die sehr geschickt verschleiert waren…«
»Diese Maklerfirma auf dem Marktplatz… Stimmt mit der etwas nicht, oder habe ich mir das nur eingebildet?«
»Das haben Sie sich nicht eingebildet. Wir werden uns heute dort zeigen und sehr unbequeme Fragen stellen.«
»Ausgezeichnet«, sagte Tuppence.
»Wir waren recht erfolgreich. Wir haben den großen Postraub von 1965 aufgeklärt, dann den Raub von Albury Cross und den Postzug-Überfall in Irland. Wir haben einen Teil der Beute gefunden. Sehr geschickte Verstecke hatten sie sich in diesen Häusern angelegt. In einem war es ein eingebautes Bad, in einem anderen ein neuer Küchentrakt, in dem alle Räume etwas kleiner waren, als sie sein mussten. Oh, wir haben viel gefunden.«
»Aber wer sind die Leute?«, fragte Tuppence. »Ich meine die Leute, die alles geplant und geleitet haben. Außer Mr Eccles muss es doch noch andere Drahtzieher gegeben haben.«
»Ja. Zwei Männer. Einer hatte ein Nachtlokal. Es lag sehr günstig, direkt an der M 1. Happy Hamish nennen sie ihn. Er ist aalglatt. Dann wissen wir noch von einer Frau – der so genannten Killer-Kate –, aber das ist lange her. Sie war ein wunderschönes Mädchen, nur nicht ganz normal. Man hat sie ausgebootet, weil sie zu gefährlich wurde. Unsere Freunde haben einen gutgeleiteten Konzern – sie sind auf Beute aus, nicht auf Mord.«
»Und das Kanalhaus war eins ihrer Verstecke?«
»Früher einmal. Flusswiese hieß es damals. Es hat immer wieder andere Namen gehabt.«
»Um die Dinge komplizierter zu machen, vermutlich«, meinte Tuppence. »Flusswiese?«
»Ja. Warum fragen Sie?«
»Das dumme ist«, seufzte Tuppence, »dass ich
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