Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lauter reizende Menschen

Lauter reizende Menschen

Titel: Lauter reizende Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott - Joyce West
Vom Netzwerk:
Interessanteres, wie ich sehe: die Turf-Zeitschrift!«
    Lucia fuhr auf. Die ruhige, spöttische Stimme war unverkennbar, und wütend fuhr das Mädchen herum. Richtig, es war der Fremde, aber diesmal lächelte er sanft und sah deshalb etwas netter aus. Trotzdem blieb seine Bemerkung höchst ungehörig, und so erwiderte sie scharf: »Ich habe Ihren Wagen nicht gehört. Was wo...«
    Sie unterbrach sich. >Was wollen Sie?< klang wohl unfreundlich, und so etwas zahlte sich nie aus. Geschäftsmäßige Kühle und unverbindliche Höflichkeit waren eher angemessen.
    Aber er ließ sie gar nicht erst von neuem ansetzen. »Was ich will?« vollendete er den Satz. »Nun, ich habe keine einzige Zigarette mehr. Blöd, nicht wahr? Darf ich wohl eine Packung haben?«
    »Natürlich!« Eiskalt höflich klang ihre Stimme. »Wir haben die meisten Sorten vorrätig. Welche rauchen Sie denn?«
    Sein scharfer Blick tastete das Regal ab, und dann wählte er eine Zehnerpackung. Während er sich schon zum Gehen wandte, meinte er: »Sicherlich brennen Sie darauf, von der Riesensensation zu sprechen? Verbrechen oder Unfall? Welcher Meinung neigen Sie denn zu? Oder interessieren Sie sich für nichts anderes als Pferderennen?«
    Lucia spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht stieg — um so mehr, als sie es selbst als ungehörig empfand, den schrecklichen Vorfall zum Anlaß zu nehmen, Tototips auszutüfteln. Eben überlegte sie, was sie darauf erwidern könnte; da kam ihr unglücklicherweise Len, der der Verlockung der Wörter >Rennen< und >Verbrechen< nicht widerstehen konnte, zuvor: »Meinen Sie, daß es Mord war? Aber so etwas gibt es doch hier nicht!«
    Die Stimme des Fremden wurde merklich freundlicher: »Wohl jeder hält es für ausgeschlossen, daß vor seiner eigenen Haustür ein Mord begangen wird. Der Gedanke ist abstoßend und irgendwie unnatürlich. Sie allerdings, Miss Field, scheinen in der Lage zu sein, sich trotz dieses erschreckenden Gedankens fürs Pferderennen zu interessieren.« Ziemlich boshaft lächelte er auf sie herab.
    Zornig fuhr sie auf. »Haben Sie nicht gelernt, daß es niederträchtig ist, andern Leuten über die Schulter zu schauen, um festzustellen, was sie lesen? Infame Schnüffelei ist das!«
    Len war unbedacht genug, sich einzumischen. »Wir haben uns doch nur eine Wette überlegt. Ich habe mir >Ausreißer< ausgesucht, und Luce wollte sehen, ob nicht ein Pferd zu finden sei, dessen Name mit dem Mord zu tun habe.« — Lucia starrte ihn wütend an. Wenn er doch nur den Mund hielte! Aber der Fremde meinte bloß: »>Ausreißer    »Nun, ich meinte, ein Mörder könne hier gut ausreißen und sich monatelang verstecken, ehe ihn die Polizei im Busch aufstöbert!«
    Nachdenklich schaute der Fremde über die bewaldeten Weiten rund um die Tankstelle, und dann wandte er sich plötzlich an Lucia: »Haben Sie etwa Angst? Sie wohnen doch allein in dem Haus da drüben, nicht wahr?«
    »Ich habe ja einen Hund«, erwiderte das Mädchen. Das Verhör ärgerte sie. »Offenbar interessieren Sie sich lebhaft für unsere Gegend!« schloß sie anzüglich.
    »Nun, immerhin wohne ich vorübergehend hier, oben im Lager. Ich heiße Philipp Ross und möchte gern ein paar Rehe erlegen.«
    Nur kurz überlegte Lucia — dann wies sie die Versuchung, ein wenig freundlicher zu diesem neugierigen, überheblichen Kerl zu werden, standhaft zurück, und meinte eiskalt: »Ich habe noch zu tun. Darf es sonst noch etwas sein?«
    »Im Augenblick nicht, danke! Ich möchte Sie nicht länger bei Ihrer lebenswichtigen Arbeit stören — zum Beispiel dem Ausdenken von Rennwetten!« Damit lüftete er den Hut, lächelte empörender denn je und stapfte davon. Noch seinem Rücken sah man an, wie sehr er sich bewußt war, das letzte Wort behalten zu haben.
    Lucia schaute Len an. »Warum mußten Sie ihm denn vom Toto erzählen?«
    »Ärgern Sie sich doch nicht, Luce!« erwiderte er in so sanftem Ton, daß sie nur noch wütender wurde. »Der Mann ist gar nicht so übel! Er redet nur so daher, um Sie auf die Palme zu bringen!«
    »Mich auf die Palme bringen? Unsinn! Falls er das wirklich vorhatte, ist es ihm jedenfalls nicht gelungen.«
    »Sie waren aber ziemlich schroff, Luce«, gab Len grinsend zurück, und dann entzog er sich jedem Widerspruch, indem er in der Garage Deckung nahm.
    Am späten Nachmittag spürte Lucia sich von wachsender Unruhe gepackt; der Gedanke, daß in ihrer unmittelbaren Nähe eine ungeklärte Bluttat begangen wurde,

Weitere Kostenlose Bücher