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Lauter reizende Menschen

Lauter reizende Menschen

Titel: Lauter reizende Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott - Joyce West
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bereitete ihr Unbehagen. So fuhr sie zum Lager hinüber, um den Fall mit Annabel zu bereden. Die Freundin war nicht weniger besorgt.
    »Einfach schrecklich ist es! Jim wird untröstlich sein, denn er hat die Stelle doch gerade deswegen angenommen, damit ich hier oben Ruhe und Frieden finde. Und nun...«
    »Aber diesmal geht es doch Sie und Jim nicht unmittelbar an!«
    »Gewiß nicht, aber irgendwie wird alles anders, bedrückend und schwer, wenn in nächster Nähe ein Verbrechen geschieht. Richtig erklären kann ich das nicht, Lucia — aber ich habe es einmal durchgemacht! Alle fühlen sich dann unbehaglich, jeder schaut jeden von der Seite an. Ach, wir wollen nicht mehr darüber reden! Kommen Sie, gehen wir mit James am Strand spazieren! Eve habe ich heute beizeiten schlafen gelegt.«
    James war begeistert von dem Plan. Froh gab er beiden Frauen die Hand, und zusammen spazierten sie gemächlich durch die kühle Abendluft. Völlig unbelebt zog sich die Straße dahin, menschenleer lag der Strand, und sie gingen geruhsam dahin, unterhielten sich von den Stallungen, von >Raubritter< und von Jims Schwierigkeiten und Hoffnungen.
    »Es ist einfach erstaunlich, wie er mit Pferden umzugehen versteht. Er hat so etwas wie einen sechsten Sinn dafür«, meinte Annabel. »Wissen Sie, das Pferd ist so gut wie niemals eingeschlossen, außer bei Nacht. Überallhin begleitet es Jim, und als ich ihn neulich besuchte, saß er auf der Türschwelle beim Mittagessen, und >Raubritter< stand neben ihm und leckte den Honig von einem Stück Brot, das Jim ihm gegeben hatte. Und fast sah es so aus, als unterhielten sich die beiden; jedenfalls sprach Jim, und nachher behauptete er felsenfest, >Raubritter< habe ihm geantwortet, obwohl ich zugeben muß, daß ich kein verständliches Wort vernommen habe!«
    Als sie den Landungssteg hinter sich gelassen hatten, bemerkten sie plötzlich drei Männer. Lucia erkannte auf den ersten Blick die schmale hochgewachsene Gestalt von Philipp Ross, begleitet von Nigel Howard und George Owens. George begrüßte sie ziemlich knurrig, aber Nigel wandte sich lächelnd zu Lucia, und seine ungezwungene freundliche Art bildete, wie das Mädchen sich boshaft klarmachte, einen wohltuenden Gegensatz zu dem Benehmen des feierlich verschlossenen Ross, dessen eiskalte Augen einen niemals voll ansahen — obwohl ihnen nichts zu entgehen schien!
    Nigel hielt die Morgenzeitung in der Hand, aber als die beiden jungen Frauen herankamen, faltete er sie zusammen und klemmte sie sich unauffällig unter den Arm. Offenbar wollte er Annabel nicht aufregen, indem er die sensationelle Entwicklung des dort beschriebenen Falles erörterte.
    Ross hingegen schien von solchen Rücksichten nicht befangen. Unbekümmert fiel er mit der Tür ins Haus. »Ach, da kommt ja Miss Field! Als ich sie zum letztenmal sprach, dachte sie sich gerade Rennwetten aus, wobei sie sich von unserem Verbrechen inspirieren ließ!«
    Die drei andern horchten auf, und Lucia errötete vor Wut. Gab es einen gemeineren Kerl als Ross? Nun hatte er es fertiggebracht, sie in hoffnungsloses Unrecht zu setzen; Annabel und die beiden Männer waren bestimmt erschüttert über ihre Gemütsroheit.
    »Mr. Ross hat eine ganz besondere Begabung, den Handlungen anderer Leute die niedrigsten Motive unterzuschieben!« flötete sie sanft. »In Wirklichkeit waren Len und ich in geziemender Weise erschüttert und fassungslos, bevor er mich mit seinen Totoinspirationen für einen Augenblick ablenkte.« Plötzlich aber fuhr sie Ross wütend an: »Es ist ja auch keine Kunst, wenn man sich von hinten an jemanden anschleicht, der ganz ahnungslos ist... Was hatten Sie überhaupt von mir erwartet? Soll ich über das Verbrechen in Tränen zerfließen? Ich habe den Ermordeten nie im Leben gesehen. Ich bin neu hier, und er bedeutet mir nicht das geringste. Aber vielleicht sollte ich Hoftrauer anlegen!«
    Alle schauten sie erschrocken an, und Annabel dachte: >Warum läßt sie sich von dem Mann so aufregen? Er wollte sie doch nur necken, und da wird sie giftig wie eine Schlange. Das paßt gar nicht zu Lucia.<
    Aber Lucia hatte Ross das Stichwort geliefert. Unerschütterlich lächelnd meinte er: »Richtig, er bedeutet Ihnen nichts. Für Sie ist es, als wäre überhaupt nichts geschehen: Neugierige Zugereiste überall, herumschnüffelnde Reporter, geschäftige Kriminalbeamte — und alle benötigen sie Benzin, ganz zu schweigen von Öl. Obwohl das Öl oft gewisse Schwierigkeiten bereitet!«
    Endlich

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