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Lauter reizende Menschen

Lauter reizende Menschen

Titel: Lauter reizende Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott - Joyce West
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verkennen. Er langweilte sich und fühlte sich eingesperrt. Warum hatten diese blöden Schwätzer kommen und ihm den sonnigen Nachmittag im Freien verderben müssen? Soeben reckte ihnen die alltägliche >Ballyriggan< zutraulich den Kopf entgegen und wartete auf die üblichen Leckerbissen. Mit spitzem Aufschrei stöckelte die Frau mit dem Veilchenhut rückwärts.
    »Ich habe solche Angst vor Pferden!« kreischte sie gellend und zog sich immer weiter zurück.
    »Achtung! Vorsicht!« schrie Jim, während er vorsprang.
    Er kam zu spät. Die Frau war in >Raubritters< Reichweite geraten, und das Pferd, froh, aus der ekelhaften Langeweile gerissen zu werden — machte den Hals lang, legte die Ohren flach und riß das Maul auf. Noch lauter gellte das Kreischen der Frau, und sogar Ross stieß einen erschrockenen Schrei aus. »Er hat sie gebissen!« stöhnte Lucia.
    Die beiden männlichen Besucher waren ihrer Begleiterin beigesprungen und fuhren dann zu Jim herum.
    »Angela, bist du verletzt? Dieses gefährliche Vieh...«
    Aber Angela war nicht verletzt. Kein Haar hatte ihr >Raubritter< gekrümmt — nur den Veilchenhut hatte er ihr blitzschnell und geschickt entführt! Nun jaulte die also Beraubte in hemmungslosem Entsetzen: »Mein Hut... mein schöner Hut! Harry, tu doch etwas! Los, schnell! Hol den Hut zurück!«
    Harry zauderte. Dabei schoß er lodernde Blicke auf Jim, dem die Erleichterung offenbar die Sprache verschlagen hatte. Die Erleichterung — und noch etwas anderes! Lucia stieß Ross sacht in die Rippen. »Gleich platzt er heraus!« flüsterte sie... und bemerkte, daß auch Philipp Ross unmerklich in sich hineingluckste. »Ihr seid mir Männer!« tobte inzwischen die zwangsweise barhäuptige Veilchendame, während Tränen des Zorns ihr den gepflegten Blick trübten. »Was steht ihr eigentlich so blöd herum? Holt gefälligst meinen Hut zurück! Entreißt ihn dem schrecklichen Gaul!«
    >Raubritter< amüsierte sich königlich. Der Nachmittag entwickelte sich lustiger, als er zu hoffen gewagt hatte. Den Hut zwischen den Zähnen, warf er den Kopf ganz hoch und schaute seinen Herrn herausfordernd an. Jim riß sich merklich zusammen, trat an die Tür der Box und streckte die Hand aus.
    »Komm, >Räuber    Aufmerksam und nachdenklich beobachtete >Raubritter<, wie sein Herr nun den Riegel anhob. Dann ließ er den Hut zu Boden fallen — und trat kräftig darauf.
    »Er ist hin!« jaulte die Dame namens Angela, als sei damit ihr Leben zu Ende. »Der Gaul ist übergeschnappt! Seht, nun frißt er die Veilchen!«
    Gemächlich, eines nach dem andern, rupfte >Raubritter< die Blümchen aus, prüfte sie genüßlich zwischen den Zähnen und kaute dann, schreckliche Grimassen schneidend, darauf herum. Jetzt sah Jim doch Anlaß zu energischem Eingreifen.
    »Das geht zu weit!« rief er aus. »Womöglich wird er davon krank!« Hastig stürmte er in die Box.
    »Um Gottes willen!« Vor Schreck verging Lucia alles Lachen. »Wenn das Pferd nun ihn beißt — schlecht gelaunt, wie es ist!«
    »Jim tut er bestimmt nichts!« beruhigte Ross das aufgeregte Mädchen. »Sehen Sie nur!«
    Jim versetzte >Raubritter< einen kräftigen, tadelnden Klaps und hob dann den Hut auf. Ohne den leisesten Einspruch ließ der Hengst es zu, daß das arg strapazierte Ding ihm weggenommen und der Eigentümerin ausgehändigt wurde. Er ließ nur einen abgrundtiefen Seufzer hören, stieß Jim liebkosend die Nüstern gegen das Ohr und schien ihm zuzuflüstern: »Schade, daß auch der schönste Spaß ein Ende haben muß.« — »Es tut mir leid!« erklärte Jim, offensichtlich nur mäßig zerknirscht. »Aber er hat es nicht böse gemeint.«
    »Nicht böse?« fuhr Harry empört auf. »Ein ganz gefährlicher Verbrecher ist der Gaul.«
    Jim verlor nicht die Ruhe. »Ich habe Sie vorher gewarnt, zu nahe an die Box zu gehen. Wie gesagt, das Unglück tut mir leid — aber ich habe Sie nicht aufgefordert, sich meine Pferde anzusehen. Ohnehin habe ich Besucher im Gestüt nicht gern. Sie regen die Tiere nur auf!«
    Das war die Höhe! In hemmungsloser Wut schleuderte die Besitzerin den einst hocheleganten Hut gegen das Gitter der Box. »Wir regen das liebe Tier auf?« schrie sie höhnisch. »Was soll ich da sagen? Ich bin auch aufgeregt! Und was ist mit meinem Hut? Da, er soll ihn haben! Hoffentlich erstickt er daran!«
    Mit hartem Ruck wandte sie sich ab, stöckelte zum Wagen und setzte sich auf den Vordersitz. Harry

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