Lauter reizende Menschen
zu, dann wandte sie sich mit einem Ruck ab und war mit wenigen Schritten neben Annabel, die sich mit Mrs. Kelly unterhielt.
»Werden Sie lange oben im Lager bleiben? Dann müssen Sie mich unbedingt einmal besuchen kommen!«
»Das täte ich herzlich gern. Aber ich bin nur für zwei Tage hier. Oben ist man ja auf Frauen nicht eingerichtet, und es wäre auch ungerecht, wenn Mick seine Frau bei sich haben dürfte, während das allen andern verboten ist.« Sie schaute sich nach ihrem Mann um, und er erwiderte ihren Blick.
>Ganz deutlich sieht man es<, dachte Lucia. >Die beiden sind schrecklich verliebt!< Und verblüfft und ärgerlich stellte sie fest, daß sich ihr bei dieser Erkenntnis ein ganz sentimentaler Seufzer entrang.
Als Lucia sich am Ende des fröhlichen Festes von Annabel verabschiedete, bat sie: »Kommen Sie doch morgen vormittag zu mir zum Kaffee — und bringen Sie Ihre Mutter mit! Sie bleibt doch sicherlich ein paar Tage bei Ihnen, nicht wahr?«
»Das nehme ich an. Zumindest reist sie nicht sofort morgen weiter. Allerdings lehnt sie es grundsätzlich ab, Pläne zu machen! Nun, jedenfalls danke ich für die Einladung, Lucia. Wir kommen gern. Aber ich warne Sie: Mutter hat noch nie ein Mädchen kennengelernt, das eine Tankstelle führt — deshalb kann es Ihnen passieren, daß Sie in ihrem nächsten Roman landen, mitsamt der Tankstelle, Len und allem Zubehör!«
»Len wäre das nur recht! Sehen Sie nur, was er gerade jetzt für ein Gesicht macht!«
Ja, da saß er in der Ecke, sprachlos, mit riesengroßen Augen, andächtig Augusta Whartons Verkündigungen lauschend. >Wenigstens einen uneingeschränkt bewundernden Zuhörer hat die Dichterin gefunden!< dachte Lucia. Es tat ihr leid, daß sie ihn aus seiner Versunkenheit reißen mußte, und nur sehr ungern ließ er sich davon überzeugen, daß es Zeit zum Aufbrechen sei.
Auf dem Heimweg schwieg er, offenbar noch immer ganz im Bann des Gehörten. Erst als sie in die Garage rollten, tat er den Mund auf:
»Jetzt weiß ich meine Wette fürs nächste Wochenende, Luce!« sagte er. »>Wasserfall Kurz nach Lucias Aufbruch verabschiedete sich auch Ross, und die andern schlossen sich an. Jim blieb noch eine Weile da, und Annabel, die ihn immer wieder forschend anschaute, wurde nicht recht klug aus ihm. Erst als auch die Mutter zu Bett gegangen war, fragte sie rundheraus: »Los, Jim! Es hilft dir ja alles nichts! Du hast doch etwas auf dem Herzen! Nun komm schon heraus damit!«
Elend schüttelte er den Kopf. Es war wirklich schrecklich: Noch nie während ihrer Ehe hatten sie Geheimnisse voreinander gehabt!
Tröstend legte sie ihre Hand auf die seine. »Du armer Kerl — bestimmt steckt wieder dieser gräßliche Wright dahinter!« Sie lächelte ihm gütig zu. »Versprich mir, Jim, daß du ihm davonläufst, wenn er dir wieder begegnet — und erst aufhörst zu laufen, wenn die Luft rein ist!«
Da mußte auch er lachen. Er leugnete gar nicht, daß der Inspektor schuld sei. Noch immer klangen ihm Wrights Abschiedsworte im Ohr: »Also, Jim, vergessen Sie nicht: kein Wort zu Ihrer Frau! Zwar stehen wir noch ganz am Anfang der Untersuchung, aber gerade deshalb verdächtigen wir jeden. Und wenn Sie Ihrer Frau irgend etwas sagten oder verrieten, wer Ross ist, dann würden Sie niemandem nützen — sondern sowohl Ihrer Frau als auch Ross alles nur noch schwerer machen! Jawohl, Jim: Jeder steht unter Verdacht!«
»Aber doch nicht Nigel und George! Warum verdächtigen Sie dann nicht gleich auch Len, Carmen oder Lucia?«
»Zwei von diesen dreien scheinen als Täter ausgeschlossen zu sein: Miss Field war gerade erst eingetroffen, und nichts deutet darauf hin, daß sie Davis von früher kannte. Und Miss Mills, oder Carmen, wie Sie sie nennen — ist das eigentlich wirklich ihr Name? Es gibt schon komische Leute auf der Welt, und man kann so manchen nicht dafür haftbar machen, was seinen Eltern bei der Geburt eingefallen ist! — , war in der bewußten Nacht gar nicht da, und sie kehrte erst am folgenden Nachmittag aus der Stadt heim; daran ist nicht zu zweifeln — ich habe die Liste der Buspassagiere geprüft. Len hingegen...«
»Len? Auf keinen Fall!«
»Lieber Jim, ich bin lange genug im Beruf, um gerade den Leuten zu mißtrauen, von denen man dies sagt! Auf alle Fälle wollen wir Len im Auge behalten. Vielleicht schlief er wirklich fest in seinem Bett — aber genau weiß man nie! Das ist es ja gerade: Man weiß nie Genaues — über niemanden! Deshalb sehen Sie
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