Lauter reizende Menschen
ihre Mutter...«
»Ach so! Allerdings, eine Dame, die ernst genommen sein will! Und fürs Essen hat sie etwas übrig — ha, ein paar Kekse würden sie nicht schlecht empören! Hallo, Luce, ich hab’s! Betreuen Sie mal eine Weile die Tankstelle — dann zaubere ich Ihnen schnell ein paar Waffeln hin!«
» Sie wollen Waffeln backen? Können Sie das denn?« Natürlich dachte sie sofort an den mißratenen >hangi<.
Aber Len nickte zuversichtlich. »Waffeln sind doch ganz einfach. Ein Eisen haben wir, und da wird die richtige Menge Teig hineingegossen, und dann klappt man schnell zu. Lassen Sie mich nur machen, Luce! Ich weiß schon, wo Peter alles hat.«
Dankbar gehorchte Lucia. Sie wagte nicht, große Hoffnungen auf Lens Kochkünste zu setzen. Eilig rannte sie zur Tankstelle hinunter; ein fremder Wagen war eben eingerollt, dessen Fahrer schon ungeduldig hupte. Auch wenn die Waffeln ungenießbar waren, schlimmer als ihr Königskuchen konnten sie nicht werden — und Rosie würde alles fressen, ohne mit der Wimper zu zucken!
Als sie eine Viertelstunde später neugierig nachzuschauen kam, stellte Len gerade einen ganzen Berg goldbrauner Waffeln warm. Daß er ihren besten Kittel als Topflappen benutzte, um damit die heiße Platte anzufassen, konnte ihre Dankbarkeit nicht im geringsten dämpfen.
»Len, Sie sind ein Prachtstück; Sie haben mir das Leben gerettet. Einfach herrlich sehen die Waffeln aus.«
Len kostete ein Stück, das er auf dem Tisch zurückgelassen hatte, und nickte mit Kennermiene. »Gut! Also habe ich doch das Backpulver erwischt! Ich hatte nämlich schon Angst, es sei etwas anderes. Ja, die Waffeln sind prima — unbedingt würdig der Dame, die so dicke Bücher schreibt. Aber verraten Sie auf keinen Fall, Luce, daß ich sie gebacken habe!«
»Warum denn nicht? Die Damen würden Sie für schrecklich klug und vielseitig halten.«
»Oder für weibisch! Und falls es gar noch Jim zu Ohren kommt, wird er sagen, wer Waffeln backen kann, sei im Sattel eines Rennpferdes fehl am Platze. Außerdem ist es ohnehin günstiger, wenn sie annnehmen, Sie hätten sie selbst gebacken.«
Lucia fand keine Zeit, die schwierige Frage weiter zu erörtern, denn in diesem Augenblick trafen die Besucherinnen ein.
»Jim kommt auch gleich!« teilte Annabel mit. »Er muß ohnehin in die Stadt und hat versprochen, kurz hereinzuschauen. Lucia, was für herrliche Waffeln!«
Mrs. Wharton war überschwenglichster Laune. Sie beglückwünschte Lucia zu dem originellen, ihren Sinn für Unabhängigkeit verratenden Entschluß, die Tankstelle zu übernehmen.
»Gewiß ist es ein ungewöhnlicher Beruf für ein alleinstehendes Mädchen. Ein wahrer Jammer, daß Sie keine schriftstellerische Ader haben: Was für ein einmaliges, hinreißendes Buch Sie schreiben könnten! Der Strudel der Sie umgebenden Charaktere, das geheime Leben Ihrer Kunden voll hintergründiger Leidenschaften und abgefeimter Intrigen.«
Lucia fand ihren Bedarf an Geheimnissen und Hintergründigkeiten reichlich gedeckt, nachdem immerhin ein Mörder unter ihren Kunden vermutet wurde und Ross auf der Pirsch war — aber laut erklärte sie höflich, ein solcher Roman verlange eine begnadete Feder wie die der verehrten Mrs. Wharton, wozu Augusta freundlich und gönnerhaft lächelte.
Eben wollte Lucia den Kaffee einschenken, als ein Wagen, den sie inzwischen nur zu gut kannte, am Tank vorfuhr. Wieder einmal Ross! Er stieg aus und plauderte mit Len, aber sein müßiges Gehabe konnte Lucia nicht mehr täuschen. Natürlich versuchte er, doch noch etwas Wichtiges aus dem Jungen herauszubekommen.
Ganz plötzlich hatte Lucia Lust, es ihm heimzuzahlen, daß er gestern abend Nigel geopfert hatte, um sich Mrs. Wharton zu entziehen. Nun sollte er selbst einmal sehen, wie so etwas war! Sie stellte die Kanne hin, öffnete das Fenster und rief laut: »Guten Morgen! Darf ich Sie zu einer Tasse Kaffee einladen?« Boshaft lächelnd weidete sie sich an der freudigen Überraschung, die sich in seinem Gesicht abmalte. Er ahnte ja nicht, was ihm blühte! Das Lachen würde ihm vergehen, wenn er neben der bedeutenden Dichterin würde Platz nehmen müssen!
Aber wieder einmal enttäuschte er sie. Mit einem höflichen Dankeswort trat er ein, begrüßte Annabel unbefangen herzlich — und zuckte nicht mit der Wimper, als Augusta sacht auf den Stuhl neben sich klopfte, damit gnädig andeutend, wohin er sich zu setzen hatte. — »Guten Morgen! Hoffentlich hatten Sie nach Ihrer langen Reise eine
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