Lauter reizende Menschen
Gemeines wie Rauschgift anrühren würden.«
»Vielleicht nicht. Aber zweifellos sähen sie nichts Verwerfliches darin, zum Beispiel einen kleinen Handel mit Radioapparaten zu betreiben.«
»Radios? Mein Gott, war dies der Grund dafür, daß Sie sich gestern Lucias Apparat so eingehend betrachtet haben?«
»Richtig! Und es war auch der Grund dafür, daß ich mich mit zwei weiteren Geräten befaßt habe, die Nigel Howard zwei Brückenbauern besorgt hatte. Und siehe da, es fügt sich alles herrlich zusammen: auch Nigels Flüge nach Forest Harbour. Alle Welt weiß doch, daß dieser Hafen einer der Hauptumschlagplätze für Schmugglerware ist. Kein Wunder, daß sich Howard ein Flugzeug leisten kann.«
»Aber Sie haben sich das alles doch nur ausgedacht!«
»Es ist keine reine Gedankenspielerei. Die Polizei von Forest Harbour hat sich ebenfalls schon Gedanken über das praktische kleine Flugzeug gemacht. Gewiß beruht bisher alles auf bloßem Verdacht, es gibt keinerlei Beweise, aber...«
»Und wenn schon. Wie sollte das mit Davis zusammenhängen?«
»Nun, falls er irgendwie dahinterkam, hat er vielleicht auch Howard und Owens unter Druck gesetzt.«
»Sie wollen mir doch nicht weismachen, daß Sie selbst glauben, jemand könne wegen einiger geschmuggelter Radioapparate einen Mord begehen! Und wie hätte Davis etwas davon erfahren sollen?«
»Der Himmel allein weiß, wie Erpresser zu ihrem Wissen kommen, aber Sie werden zugeben, daß Davis in gar nicht ungünstiger Lage war. Ein Briefträger ohne Gewissen kann allerlei in Erfahrung bringen. Es besteht ja gar kein Anlaß dazu, jeden Brief gleich am Tage des Eintreffens zuzustellen. Warum soll er ihn nicht mit heimnehmen und über den alterprobten Wasserkessel halten? Eines jedenfalls haben wir einwandfrei festgestellt: Davis war Erpresser. Und deshalb ist jeder Bewohner der hiesigen Gegend, der etwas zu verbergen hat, der Tat verdächtig.«
»Woher nehmen Sie aber diese Sicherheit? Sie sagen doch selbst, daß Sie keine Liste gefunden haben.«
»Nein, aber seinen Bankauszügen läßt sich einiges entnehmen. Zwei Jahre lang hat Davis mit ganz auffallender Regelmäßigkeit Beträge eingezahlt. Dabei können wir keinerlei Quellen seines Einkommens außer der Vergütung für das Austragen der Post feststellen — und sie reichte ganz gewiß nicht zur Finanzierung des feinen neuen Wagens aus, auf den er so stolz war. Nein, die Bankauszüge sprechen eindeutig dafür, daß Davis ein Erpresser war. Er machte es sehr geschickt, aber wie so viele Erpresser übertrieb er es schließlich doch.«
»Haben Sie viele Einzahlungen dieser Art festgestellt?«
»Zunächst zehn Pfund alle vierzehn Tage — offenbar Kellys Beitrag. In einem der alten Auszüge, den er sich anscheinend neuerdings noch einmal herausgesucht hatte, fanden wir ein winziges K neben der Einzahlung von zehn Pfund. Dann ist da noch ein großer Betrag, mit dem wir bisher nichts anzufangen wissen: fünfzig Pfund monatlich, ein ganz schöner Batzen. Alles andere sind kleine Summen: Ein Fünf-Pfund-Betrag taucht ganz regelmäßig jeden Monat auf, und noch einmal fünf Pfund alle vierzehn Tage. Einer dieser beiden Beträge könnte durchaus von den Besitzern des Campingplatzes stammen — und zwar vermutlich der häufiger auftretende!«
»Und der andere?«
»Das weiß ich beim besten Willen nicht. Vielleicht stammte er ebenso wie ein paar andere kleine Beträge von Auswärtigen, von Leuten, die Davis schon gekannt hatten, ehe er herkam, und die er noch immer ausnahm. Gewiß waren sie nicht so groß, daß man deswegen jemandem einen Mord zutrauen möchte — aber es sind doch schon Leute wegen weniger als fünf Pfund ermordet worden.«
»Ein Erpresser hat nichts Besseres als den Tod verdient!«
»Zugegeben! Trotz allem bleibt es Mord. Der Täter mag ein Außenseiter sein, jemand, den Davis zu oft und zu hart angegangen hatte, gewiß — aber mir kommt das unwahrscheinlich vor. Niemand hat einen fremden Wagen hier gesehen, und es steht fest, daß der Mörder recht genau über Davis’ Lebensgewohnheiten Bescheid wußte. So wußte er zum Beispiel, daß er am Dienstag immer spät heimkam und jedesmal die Motorhaube öffnete und am Motor herumbastelte, ehe er die Garage verließ. Er wußte auch, daß niemand sonst auf dem ganzen Anwesen sein würde. Nein, die Möglichkeit, daß es ein Fremder war, scheint mir außerordentlich gering.«
»Wenn Sie recht haben«, fuhr Jim auf, »dann muß ich vor allem eines tun:
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