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Lautlos im Orbit (1988)

Titel: Lautlos im Orbit (1988) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus - Lautlos im Orbit Frühauf
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Der Alkoholmißbrauch, die Toten, die Fehlschläge, all das wäre vergessen, und der Commander stünde als der strahlende Held da, der er in Gordon Point war. Einen anderen, gleichermaßen schwerwiegenden Grund für seinen Entschluß kann ich mir nicht vorstellen. Was nicht bedeutet, daß ich ihn gutheiße.«
    Die anderen reagierten mit nachdenklichem Schweigen. Wahrscheinlich gingen ihre Gedanken ähnliche Wege.
    Nur Harold Newman kniff die Lippen ein und brummte etwas, was nicht zu verstehen war.
     
    Auf Philipps Nächte an der Seite Doras ist eisige Kälte gefallen. Daß Dora ihren Landungsplan nicht in die Tat umzusetzen vermochte, scheint an ihr wie eine unheilbare Krankheit zu fressen, es höhlt sie aus und hat ihr die Wärme genommen, die sie gestern noch ausfüllte. Manchmal kommt sie ihm vor wie ein Stein.
    Ihren Plan hat sie bisher noch nicht wieder erwähnt. Aber er spürt, daß nichts anderes sie beschäftigt.
    Hin und wieder klagt sie über Kopfschmerzen. Und sie trägt noch immer die weiße Stirnbinde, weil sich, wie sie behauptet, die Wunde unter dem Haaransatz nicht schließen will. Er hat sie im Verdacht, daß der wahre Grund ein anderer ist, ein irgendwie ritueller.
    Den Aktionsplan der Forschungsgruppe, den er zusammen mit Morgan ausgearbeitet hat, nimmt sie schweigend zur Kenntnis. Sie studiert die Folien sehr aufmerksam, aber weder ihren dunklen Augen noch ihrer Miene ist anzusehen, welcherart die Gedanken sind, die sie beim Studium bewegen. Auch als sie ihn danach lange und versonnen mustert, nicht.
    Ansonsten hat sich das Leben an Bord der Station normalisiert. Es ist in seine üblichen, eingeschliffenen Bahnen zurückgekehrt. Die Funktion Skeltons hat jetzt ein junger Leitoffizier aus der Reservemannschaft übernommen, ein langer, dünner Lieutenant mit heller Haut und hellbraunem Haar, der den französisch klingenden Namen Louis Balmein trägt. Er sieht aus wie der Normannenfürst Wilhelm der Eroberer in alten Schulbüchern.
    Ob er sich als Laserleitoffizier eignet, vermag Philipp noch nicht zu sagen, die letzten Tage sind, was Navigation und äußere Aktivitäten anbelangt, in zermürbender Eintönigkeit vergangen. Man könnte fast meinen, die anderen dort draußen in der Dunkelheit hätten in Erfahrung gebracht, daß man an Bord der Odin bemüht ist, ihre Spur aufzunehmen.
    Hin und wieder werden neuerdings Zweifel daran laut, daß sich die geheimnisvollen Orbiter noch immer in der Nähe unserer Station aufhalten. Vielleicht, so vermutet man, haben sie sich zurückgezogen, nachdem es ihnen gelungen ist, den wahren Charakter der Odin zu offenbaren und deren Besatzung bis fast zur Selbstvernichtung zu verunsichern. Vielleicht hatten sie überhaupt nur diese Aufgaben. Aber das alles sind nur Spekulationen, denn niemand vermag sich über die manchmal verblüffenden Taktiken der anderen Seite verbindlich zu äußern, dafür sind deren Muster viel zu kompliziert.
    So kann es geschehen, daß sich an einem Tag die Ereignisse fast überschlagen und am nächsten nicht das mindeste geschieht. Eine solche absolute Windstille scheint im Augenblick eingetreten zu sein.
    Man sollte annehmen, daß sich die Stimmung an Bord unter dem Eindruck dieser Ruhe wieder ein wenig hebt. Doch das Gegenteil ist der Fall. Weil man das Gefühl hat, sich im Auge eines Taifuns zu befinden. Ringsum ist absolute Stille, und kein Stäubchen wird aufgewirbelt. Und doch weiß jeder, daß sich gerade dadurch die Nähe des alles vernichtenden Sturms ankündigt. Man hält den Atem an, weil man fürchtet, in der nächsten Sekunde davongewirbelt zu werden.
    Das ist wahrlich kein gutes Gefühl. Auch für Philipp McBruns nicht, der sich bemüht, die gedrückte Stimmung an Bord wie ein Außenstehender zu betrachten.
     
    An einem dieser stillen, durch schwer Erklärbares belasteten Abende nimmt Dora die Folienbündel zur Hand und beginnt in ihnen zu blättern. Zum erstenmal seit dem Unfall rötet sich ihr Gesicht wieder ein wenig, und in ihre Augen kehrt der Ausdruck ehemaligen Interesses zurück. Phil spürt keine Freude bei diesem Anblick, eher Besorgnis, über deren Motive er sich keine Rechenschaft ablegen mag.
    Er stört Dora nicht. Er beobachtet, wie sich die Aufmerksamkeit in ihren Augen nach und nach vertieft, wie das Blut ihre Wangen färbt, und als sie ihn schließlich über die Blätter hinweg anblickt, da weiß er, daß sie auf etwas gestoßen ist, was ihr Interesse rechtfertigt.
    »Etwas Wichtiges habt ihr vergessen«,

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