Lautlos im Orbit (1988)
stellen sofort eine Forschungsgruppe zusammen, die sich mit dem rätselhaften Verschwinden gegnerischer Orbiter zu befassen hat, Captain. Suchen Sie sich drei der fähigsten Leute aus. Ich lasse Ihnen freie Hand. Bis spätestens morgen, zwölf Uhr legen Sie mir die Personalliste vor. Ich werde Ihnen jede Unterstützung gewähren und erwarte, daß Sie das Problem innerhalb weniger Tage klären. Noch Fragen, Captain?«
»Jawohl, Sir.«
»Bitte, Captain!«
»Wäre es nicht sinnvoller, Commander, diese Aufgabe den Spezialisten des Pentagons…«
»Ich habe Ihnen einen Befehl erteilt, Captain McBruns. Ich erwarte, daß Sie ohne Diskussion an seine Ausführung gehen. Bin ich verstanden worden?«
»Jawohl, Sir! Sofortige Ausführung!«
Du gehst. Und der Gang liegt lang und leer vor dir. Ein Tunnel, der ins Endlose zu führen scheint.
Mitternacht. Abbruch einer langen und nicht eben fruchtbaren Diskussion.
Die Gruppe besteht aus vier Leuten. Er, Captain McBruns, ist der Leiter, seine rechte Hand ist Harald Newman, der Meßtechniker. Außerdem gehört ein Physiker dazu, Sergeant Donald Morgan, bisher Mitglied der Versorgungsmannschaft, ein Mann, der ihn nicht nur wegen seines Vornamens an Danny Clearwater erinnert. Dieser Morgan hat einen äußerst kantigen Charakter, ist nicht allzu groß, glatzköpfig, untersetzt und klug. Weshalb er immer noch als Sergeant Dienst tut und nicht längst ein Stück auf der Stufenleiter militärischer Rangordnung emporgestiegen ist, wird erst deutlich, wenn man mit ihm direkt zu tun hat. Sein Charakter verbietet ihm jede Art von Kompromiß. Morgan sagt immer, was er denkt, und er sagt es häufig mit schmerzhafter Genauigkeit. Es ist abzusehen, daß er sich zum Enfant terrible der Gruppe entwickeln wird, aber ebenso unverkennbar ist, daß von ihm wenn vielleicht auch nicht die meisten, so doch sicherlich die wesentlichsten Impulse ausgehen werden.
Auch Dora ist Mitglied der Gruppe. Diese Chance hat er sich nicht entgehen lassen. Zumal sein Hauptgrund, die Möglichkeit unverdächtiger Kontakte, durch eine Reihe anderer Gründe hinreichend verdeckt wird. Als Ersten Navigator betreffen sie diese Begegnungen mit nicht zu ortenden Flugkörpern unmittelbar.
Sie hat ihre Berufung schweigend akzeptiert. Ihre einzige Reaktion war ein langer, sehr aufmerksamer Blick, ein deutlicher Hinweis für ihn, daß sie sich über seine wirklichen Motive nicht im unklaren ist. Die exponierte Stellung der Forschungsgruppe wird ihnen die Möglichkeit bieten, sich ihren eigentlichen Zielen zu nähern, ohne daß sich die Gefahr der Enttarnung im gleichen Maß erhöht.
Diese ersten Stunden einer Arbeit, die Unerklärliches erforschen, im Dunkel des Absurden Verborgenes aufhellen soll, standen fast ausschließlich im Zeichen des Erstaunens über die Art und Weise, in der Commander Glenn Morris auf die Herausforderung der anderen Seite reagiert hat.
Eine solche Gruppe im inneren Bereich einer dem Wesen nach militärischen Einrichtung zu schaffen ist neu und ungewöhnlich, da sich die mit Forschung notwendigerweise verbundene Freizügigkeit im Denken und Handeln mit den Mustern streng reglementierter Abläufe nur schwer in Einklang bringen lassen dürfte. Eine solche Gruppe bildet eine Oase der Kreativität inmitten der Wüste unabdingbarer und bedenkenloser Disziplin, sie kann nur dann effektiv arbeiten, wenn man in Kauf nimmt, daß sie eine Quelle unkalkulierbarer Risiken darstellt.
Damit und mit den sich daraus ergebenden Reibungen muß der Commander gerechnet haben, er gehört nicht zu denen, die Gefahren leichtfertig übersehen.
Darüber und über nichts anderes haben sie in diesen ersten Stunden ihrer Arbeit gesprochen. Und vielleicht hat Donald Morgan den eigentlichen Grund für die Bildung dieser ungewöhnlichen Gruppe am genauesten benannt, als er die Vermutung aussprach, allein ihre Existenz dokumentiere das verzweifelte Bemühen des Commanders, seine Selbstachtung wiederzufinden. »Ich fürchte«, erklärte Morgan und knetete seine Hände, daß die Fingergelenke knackten, »daß es ihm erst in zweiter Linie um die Sache geht. Im Vordergrund steht, scheint mir, sein eigenes Selbstverständnis. Er stellt sich vor, welch gewaltigen Eindruck seine Meldung, das Abtauchen der gegnerischen Orbiter sei aufgeklärt, im Pentagon machen würde. Ich kann ihn gut verstehen. Mit einem Schlag wären all die negativen Erscheinungen, die in seinem Befehlsbereich aufgetreten sind, in den Hintergrund gerückt.
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