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Lautlos im Orbit (1988)

Titel: Lautlos im Orbit (1988) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus - Lautlos im Orbit Frühauf
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und Erkenntnisse bereits besitzen. Ist das richtig?«
    »Nein, Sir! Eben daran zweifle ich. Eine derart umfangreiche und aufwendige Entwicklung hätte sich nicht geheimhalten lassen. Einerlei, wo immer sie durchgeführt worden wäre. Wenn wir wollten, wir könnten denen dort drüben mit unseren Aufklärungssatelliten in die Schlafzimmer blicken. Und umgekehrt ist es ähnlich, Sir.«
    Der Commander lächelt. Aber sein Lächeln ist mißlungen, es ist die Grimasse eines Luftakrobaten, der das Trapez eben noch mit den Fingerspitzen greifen konnte. »Ist das deine ehrliche Meinung, Phil?«
    Du solltest dich bemühen, dieses Gespräch zu Ende zu bringen, Philipp Barrymore. Denn es führt zu nichts. Zumindest zu nichts, was dir irgendwie nützen könnte. Du sitzt hier herum, kochst innerlich vor Wut und bist gezwungen, jedes deiner Worte genauestens abzuwägen. Das ist eine frustrierende Situation.
    Du zuckst also mit den Schultern und sagst: »Ich weiß nicht mehr als Sie, Sir. Mit diesen Vier-D-Satelliten ist es wohl wie mit allem anderen auch, einerseits sind da die objektiv eingegrenzten Möglichkeiten und andererseits die Träume. Ich bin ziemlich sicher, daß man über das Stadium der Träume noch nicht hinausgelangt ist.«
    »Alpträume, wenn du mich fragst«, zischt er, und sein aus der Hilflosigkeit geborener Zorn sucht nach einem Ausweg. »Seit Jahrzehnten zwingen sie uns zu immer neuen Anstrengungen, die da drüben. Das breitet sich aus über unsere Erde wie ein Krebsgeschwür, langsam zwar, aber anscheinend unaufhaltsam, gelb und schwarz und rot. Das schleicht sich sogar bis hier herauf in unsere Station und überfällt meine Leute. Was ist das nur für eine Welt geworden, verdammt noch mal! Ist sie denn überhaupt noch wert, daß man für sie kämpft, leidet, blutet, krepiert?«
     

    Laß dich nicht täuschen, Philipp Barrymore! Er zweifelt nicht an seiner Welt, nicht an dem Bild, das er sich von ihr geschaffen hat. Er ist lediglich auf die eigene Unfähigkeit gestoßen, zu ihrer Erhaltung beizutragen. Deshalb dieser verzweifelte Aufschrei. Zögst du auch nur die Möglichkeit in Betracht, er könnte sein Weltbild korrigieren, du unterlägst einem verhängnisvollen Irrtum.
    Für ihn gibt es nur eine akzeptable Welt. Die, in der er sich emporgerackert hat zu dem, was er heute ist. Geboren in einer einfachen Familie, wie man kleine Verhältnisse dort drüben, westlich des Colorado, in freundlicher Umschreibung nennt, hat er, der von klein auf ganz nach oben wollte, um jede Sprosse auf der Leiter kämpfen müssen. Nun kann er nicht mehr damit aufhören.
    Und er hat überhaupt keinen Grund, an den Vorteilen seiner Welt zu zweifeln. Denn für ihn ist es eine gute Welt, und eine überschaubare dazu. Weil diejenigen, denen sie nicht behagt, denen sie nichts gibt, aber alles genommen hat, die arbeitslos sind oder farbig, krank oder schwach oder alles zusammen, nicht zu ihr gehören, weil sie Außenseiter sind, nicht wert, in einer solchen Welt zu leben. Schon weil sie sich, wie in diesen Tagen, zu Millionen gegen sie erheben.
    Die andere Welt aber, jene, die diesen Wirrköpfen offenbar besser gefällt, diese nebelhafte, bedrohliche Welt der anderen Seite, die ist für ihn düster, deformiert und häßlich, eine Welt der Gleichmacherei. In ihr sind die Menschen nicht viel mehr als winzige Partikel einer homogenisierten Masse. Es ist eine Welt, die er zutiefst verabscheut, ohne auch nur eine Ahnung von ihrer Wirklichkeit und ihren Menschen zu haben.
    Und nun muß er mit ansehen, wie die Welt, die ihm alles bedeutet, weil sie ihm alles gab, dahinsiecht.
    Ein solches Dilemma ist nahezu unvorstellbar. Und jede Bemerkung darüber wäre sinnlos. Wie alles, was bisher in dieser Kammer geredet worden ist. Geh endlich, Philipp McBruns! »Darf ich wegtreten, Sir?«
    Glenn Morris blickt auf, sein Gesicht ist grau und ausdruckslos. »Ja«, sagt er müde, »gehen Sie nur.«
    Und du wendest dich ab, doch noch bevor du dazu kommst, die Tür zu öffnen, erreicht dich sein: »Halt, Captain! Eins noch!«
    »Sir?«
    Eine erstaunliche Veränderung ist in diesen zwei Sekunden mit ihm vorgegangen. Sein Gesicht hat sich belebt, und seine Figur ist jetzt gestrafft. Er erhebt sich gemessen und steht groß und aufgerichtet mitten in der Kammer, ganz der alte Commander Morris. Mit einem Ruck zieht er den Gleitverschluß seines Overalls bis zum Hals hoch.
    »Sie sind im Zivilberuf Elektroniker, Captain?«
    »Elektronikingenieur, Sir!«
    »Sie

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