Lautlos
überall herum.«
»Er ist eigentlich gar kein Schriftsteller«, sagte Bär. »In der Zeitung stand, er sei Physiker. Er wird als ziemlich sicherer Kandidat für den Nobelpreis gehandelt.«
Auch das noch.
»Macht er Zicken? Oder die Frau?«
»Nicht direkt«, brummte Lavallier. »Sie riechen, als hätten sie die Nacht in einer Schnapsfabrik verbracht. Die Frau kann kaum geradeaus gucken, und O'Connor ist entweder albern oder unverschämt.« Er überlegte. »Alles an der Geschichte, die sie erzählen, klingt wie aus dem Kino. Nur dass O'Dea tatsächlich verschwunden ist. Im Augenblick habe ich keine andere Wahl, als sie ernst zu nehmen.«
»Herzlichen Glückwunsch«, sagte Bär. »In der Zeitung stand übrigens noch was.«
»Was?«
»O'Connor hat letztes Jahr einen physikalischen Kongress platzen lassen. Er hat behauptet, einen Anruf erhalten zu haben, wonach im Gebäude eine Bombe versteckt sei.«
»Warum denn das?«
»Er wollte einfach mal sehen, wie dreihundert Wissenschaftler einander über den Haufen rennen. Er schreibt auch merkwürdige Briefe an Politiker, in denen er sich als Multimilliardär ausgibt und behauptet, denen seine Reichtümer vermachen zu wollen, wenn sie in ihre nächste öffentliche Rede bestimmte Wörter einflechten.«
»Im Ernst? Du lieber Gott! Stand da auch, was für Wörter?«
»Einen hat er dazu bekommen, die Haushaltsdebatte mit – lass mich nachdenken – Latexmaske und Pantoffeltierchen zu bereichern. Er verarscht gern Leute.«
»Ja«, sagte Lavallier düster. »So kommt er mir vor.«
»Vielleicht verarscht er ja auch dich. Vielleicht hat O'Connor diesen O'Dea oder Clohessy umgebracht und Kuhn gleich mit. Jetzt erzählen sie dir irgendeinen Käse.«
»Unsinn.«
Bär lachte. Lavalliers Laune strebte dem Nullpunkt entgegen.
»D-E-R und dann irgendwas mit Jak«, sagte er. »Klingt in meinen Ohren irgendwie slawisch oder russisch. Vielleicht solltest du dein Augenmerk auf die Länder des Ostens lenken. Speziell die Serben haben in den letzten Wochen ein besonders liebevolles Verhältnis zu uns entwickelt. Oder besser gesagt, wir zu ihnen. Der nächste interessante Kandidat wäre dann die IRA. Ihr macht das schon.«
Er legte auf und ging zurück zu seinem Büro. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass es wenige Minuten vor zehn war.
Was, wenn Bär Recht hat?
Der Tag hatte so wunderbar begonnen. Am Horizont seiner Hoffnungen hatte sich in strahlendem Glanz die Aussicht gezeigt, Bill Clinton die Hand zu schütteln. Nicht, dass Lavallier wirklich scharf darauf war. Aber Clinton die Hand zu schütteln, hieß, einen gut gelaunten Präsidenten vor sich zu haben, dem nichts fehlte. Das Leben zum Beispiel.
Jetzt war es anders.
Gut. Dann war es eben so.
Achselzuckend ging er hinein zu seinem ungeliebten Besuch.
WAGNER
»Lavallier! Was tut ein Techniker?«
O'Connor hatte die Frage abgeschossen, kaum dass Lavallier wieder den Raum betrat. Der Hauptkommissar ging zu seinem Schreibtisch.
»Das fragen Sie doch nicht ernsthaft«, sagte er.
»Wieso?«
»Ich hörte, Sie sind für den Nobelpreis nominiert worden.«
»Ich bin fürs Nachdenken nominiert worden, und nichts anderes tue ich in diesem Augenblick.«
Wagner unterdrückte ein Gähnen und hoffte, dass Liam endlich nüchtern wurde. Es war kaum zu überhören, dass er versuchte, den Polizisten an die Wand zu spielen. Mittlerweile war ihr klar, dass es nichts mit Lavallier zu tun hatte. Es war seine Natur, Ärger zu provozieren. Er konnte und wollte es nicht anders haben.
Warum bloß, fragte sie sich. Warum kann er nicht gut aussehend, charmant, intelligent und liebenswürdig sein?
»Worauf wollen Sie eigentlich hinaus, Dr. O'Connor?«, fragte Lavallier freundlich.
»Paddy ist Techniker des Flughafens, Monsieur … Ich bitte um Entschuldigung, Hauptkommissar. Monsieur le Commissaire! Oder er war es bis heute. Ich dachte gerade, man müsste doch herausbekommen, an welchen Einsätzen er beteiligt war.«
Lavallier sah auf seinen Schreibtisch und ordnete einen Packen loser Blätter.
»Es freut mich, dass Sie meine Arbeit machen«, sagte er. »Möchten Sie sich auch um die anderen Dinge kümmern, die ich heute noch zu tun habe? Um elf Uhr landet eine russische Materialmaschine, gegen halb fünf kommt eine Delegation der Kanadier hier an. Zwischendurch bereiten wir die Landung der amerikanischen Pressemaschine und der Air Force One vor. Ach ja, ein paar Japaner gibt es auch noch in Empfang zu nehmen. Sushi für die Nerven. Die
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