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Lautlos

Lautlos

Titel: Lautlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Rücken zu. Von dem Schwarzen sah er nur die ausgestreckten Beine ein Stück weiter.
    »Tot?«, sagte er. »Bist du sicher?«
    Francis nickte kaum merklich.
    Mirko feuerte dreimal kurz hintereinander in Janas liegenden Körper. Die Geschosse schlugen ein, ohne dass sie zuckte.
    Sie war tot.
    »Durchhalten, Francis«, sagte er wie jemand, der seinen besten Mann unter Lebensgefahr durch den feindlichen Dschungel schleppt. »Wir gehen weiter.«
WAGNER
    Es würde nicht klappen.
    Vorhin, als Liam noch einmal zu ihr in den Raum mit den Fernsehern und Computern gekommen war, hatte sie Zuversicht empfunden. Sie hatte nie in ihrem Leben eine Waffe in der Hand gehalten, aber sie war eine gute Fotografin mit einem guten Auge, und die Nikon war nicht schwer zu bedienen.
    Wenige Sekunden hatten sie sich in den Armen gelegen. Er hatte kaum etwas gesagt. Keine geistreiche Bemerkung, kein falsches Aufmuntern. Nur ein paar Worte.
    »Shannonbridge. Wenn das hier vorbei ist.«
    Whiskytrinken im Lebensmittelladen zwischen Toilettenreiniger und Würstchen. Welch seltsame Dinge einem Menschen Kraft gaben!
    Dann hatte er gesagt, was sie sich gewünscht hatte zu hören.
    Im selben Moment war ihr klar geworden, dass sie seine Liebeserklärung keinen Moment früher hätte ertragen können. Sie war verliebt, aber es hätte sie vertrieben. Wie eine Überdosis von dem Zeug, das er in rauen Mengen konsumierte. Bis vor einer Stunde, trotz der Ungewissheit, was Kuhn passiert sein mochte und was am Flughafen vor sich ging, hatte sie jeden Gedanken an die Zukunft noch einem inneren Gesetzbuch unterworfen, auf dessen Vorderseite in schmucklosen Buchstaben das Wort »Normalität« prangte. Sie wäre ins Grübeln verfallen über die Frage, welches Leben man an der Seite eines Mannes führte, der unablässig trank und sein exzessives Leben ganz sicher nicht für eine Beziehung aufgeben würde, sie hätte sich hinter tausend Wenns und Abers verschanzt und die Vernunft vorgeschoben, die einem das Jetzt verdarb, weil sie ständig ein mäkeliges Morgen und Übermorgen einbrachte.
    Aber ein Ja war für den Augenblick geschaffen. Man konnte nicht ja sagen zur Zukunft, nur zu einer Vorstellung von der Zukunft. Die Zeit war eine Aufeinanderfolge von Augenblicken. Zukunft entstand einzig aus dem, was der Geist zuließ.
    Ein Lied der isländischen Sängerin Björk sagte: Am Morgen, wenn du gehst, kommt mein Herz zum Stillstand, und der Teufel rollt unsere Liebe mit einem Grinsen auf ein großes Garnknäuel und gibt sie nie wieder her. Darum müssen wir sie jeden Abend neu erfinden.
    Die Frage war, ob sie noch einen weiteren Abend erleben würden.
    Sie hatte sich so stark und sicher gefühlt nach Janas kurzer Einweisung. Bereit, die schreckliche Aufgabe zu übernehmen. Der YAG stand wieder an seinem Platz, die Akkus waren aufgeladen. Das System war intakt, weil Jana und Gruschkow den Testaufbau nicht verändert hatten, und es gab eine zweite Kamera. Jana musste über eine außergewöhnlich perfide Phantasie verfügen, aber was Wagner tatsächlich frappierte, war, dass es nicht bei einer Phantasie geblieben war. Als sie durch den Sucher der Nikon geblickt und die Menschen in der Halle gesehen hatte, wissend, dass ein leichter Druck ihres Zeigefingers ein Leben auslöschen würde, hatte sie plötzlich den Rausch begriffen, der sich einstellen musste, wenn man über ein so machtvolles Instrument wie den YAG verfügte. Sie hatte nicht versucht, gegen die Faszination anzukämpfen, wenngleich sich ihr der Magen herumdrehte.
    Du drehst am Objektiv, bis du das Ziel im Fadenkreuz hast, hatte die Terroristin gesagt. Dann drückst du ab. Stell dir einfach vor, es sei ein Videospiel.
    Es hatte tatsächlich mehr von einem Videospiel als von einer Waffe.
    Zielen, schießen, Freispiel.
    Jetzt, da Wagner – hinter der verschlossenen Tür des Computerraums – Mirko im Sucher der Nikon erblickte, überkam sie plötzlich fürchterliche Angst. Sie versuchte, ihn ins Visier zu nehmen, aber er verschanzte sich hinter dem Agenten. Wann immer das Fadenkreuz ihn erfasste, veränderte er seine Position, und sie musste befürchten, an seiner Statt den falschen Mann zu treffen.
    Dann schoss Mirko, ohne dass sie sehen konnte, auf was oder wen.
    Ihr wurde übel vor Entsetzen. Hatte er jemanden getötet? Oder war er auf Janas Trick hereingefallen?
    Immer noch hielt er den Agenten fest.
    Komm schon, dachte sie, lass ihn los.
    Sie wollte den Agenten nicht treffen. Aber ihr blieb keine Wahl. Es

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