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Lautloses Duell

Titel: Lautloses Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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San Jose gemietet hatte. Es war schon elf Uhr, als er dort ankam, der Morgen war kühl und der Himmel bedeckt.
    Wenn er seine Realworld-Version von Access spielte, fuhr er immer wieder in eine andere Stadt und mietete sich dort für eine Zeit lang ein, doch dieses Lagerhaus war mehr oder weniger sein richtiger Wohnort, der Ort, an dem er alles, was ihm wichtig war, aufbewahrte.
    Wenn sich Archäologen in tausend Jahren durch Schichten aus Sand und Lehm durchbuddeln und auf diesen mit Spinnweben durchzogenen, staubigen Raum stoßen sollten, würde die Vermutung wohl nahe liegen, dass sie hier auf einen Tempel des frühen Computerzeitalters gestoßen waren, ein nicht minder bedeutender Fund als Howard Carters Ausgrabung des Grabes von Pharao Tutenchamun.
    Hier an diesem kalten, öden Ort – einem verlassenen Dinostall – hatte Phate alle seine Schätze gehortet. Einen komplett erhaltenen EAI TR-20 Analog-Computer aus den Sechzigern, einen 1956er Heath Electronic Analog-Computer-Bausatz, mehrere Altair 8800- und 680b- Rechner, einen fünfundzwanzig Jahre alten IBM 510 Portable, einen Commodore KIM-1, den berühmten TRS-80, einen tragbaren Kaypro, einen COSMAC VIP, mehrere Apples und Macs, Röhren aus dem Original Univac, Metallzahnräder und eine Zahlenscheibe aus dem Prototyp von Charles Babbages niemals ganz fertig gestellter Differenzenmaschine sowie von Ada Byron – Lord Byrons Tochter und Babbages Gefährtin – verfasste Notizen dazu, was besonders interessant war, da sie die Anleitungen für seine Rechenmaschinen verfasste und deshalb als die erste Programmiererin der Welt galt. Darüber hinaus Dutzende anderer wertvoller Stücke.
    In den Regalen standen sämtliche Rainbow-Bücher aufgereiht, die technischen Handbücher, die sich mit jedem Aspekt von Computernetzwerken und Sicherheit befassen, die Rücken mit den charakteristischen Farben Orange, Rot, Gelb, Hellblau sowie Lavendel und Blassgrün leuchteten im Dämmerlicht des großen Raums.
    Phates liebstes Stück war das gerahmte Bild mit dem Logo der Firma Traf-O-Data, wie Bill Gates Microsoft ursprünglich hatte nennen wollen.
    Das Lagerhaus war aber mehr als ein Museum. Es diente auch einem sehr praktischen Zweck. Hier stand eine Reihe Diskettenboxen neben der anderen, ein Dutzend funktionierender Computer und dazu spezielle Computerbauteile im Wert von vielleicht zwei Millionen Dollar, das meiste davon für den Bau und die Reparatur von Supercomputern. Durch den Kauf und Verkauf dieser Produkte erwirtschaftete Phate sein beträchtliches Einkommen.
    Abgesehen davon war das Lagerhaus seine Einsatzzentrale: Von hier aus plante er seine Angriffe, hier veränderte er sein Aussehen und seine Identität. Die meisten seiner Verkleidungen und Masken lagerten hier. In der Ecke stand eine ID 4000 – ein Hochsicherheits-Ausweisdrucker –, komplett mit Magnetstreifenbrenner. Mit Hilfe anderer Maschinen konnte er sich
aktive
ID-Karten herstellen, die Zugangspassworte zu besonders gesicherten Einrichtungen gespeichert hatten. Mit diesen Geräten und einem kurzen Online-Besuch beim Verkehrsamt, in mehreren Schulen und im Einwohnermeldeamt konnte er sich in jede Person verwandeln, die er sein wollte, und die notwendigen Dokumente erstellen, um seine Identität zu belegen. Er konnte sich sogar einen Reisepass ausstellen.
    Voller Genugtuung ließ er den Blick über seine Ausrüstung schweifen und zog sich dann ein Handy sowie mehrere leistungsstarke Laptops aus einem Regal über dem Schreibtisch. Auf den Bildschirm eines der handlichen Rechner lud er ein jpg, eine komprimierte Bild-Datei. Außerdem fand er eine große Sammelbox für CD-ROMs, die genau seinen Bedürfnissen entsprach, und packte die Disks, die sie enthielt, nebeneinander in die Regale.
    Der Schock und die Enttäuschung darüber, dass Valleyman auf die gegnerische Seite übergewechselt war, hatte sich verflüchtigt und in so etwas wie elektrische Aktivität verwandelt. Phate war jetzt völlig begeistert davon, dass sein Spiel eine derartig dramatische Wendung genommen hatte, eine Erregung, die jedem, der jemals Access oder andere MUDGames gespielt hatte, absolut vertraut war: Es war der Punkt, an dem sich die Handlung um hundertachtzig Grad drehte und der Jäger zum Gejagten wurde.
    Wie ein Delfin durcheilte Wyatt Gillettes rastloser Bot das Blaue Nichts, suchte in ufernahen Höhlen, auf offener See, durchbrach die Wasseroberfläche und gründelte in der trüben Vegetation der undurchdringlichen

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