Lautloses Duell
Sendmail war ein nachträglich ausgebügelter Programmfehler in einer frühen Version von Unix, der einem erlaubte, eine bestimmte Art von E-Mail an den Root User – den SysAdmin – zu schicken, die es dem Absender unter gewissen Umständen erlaubte, uneingeschränkte Kontrolle über den Rechner zu erlangen.
Triple-X:Mann, du bist ein Wizard. Alle haben von dem Ding gehört. Ich dachte, du sitzt im Knast.
Renegade334: Eigentlich schon. Ich bin nur befristet draußen. Aber sie sind nicht hinter dir her.
»Bitte …«, flüsterte Mott. »Mach dich nicht aus dem Staub.«
Triple-X: Was willst du? Renegade334: Wir suchen Phate. Jon Holloway. Triple-X: Was wollt ihr von ihm?
Gillette warf Bishop einen Blick zu, der mit einem Nicken sein Einverständnis signalisierte.
Renegade334: Er bringt Menschen um.
Wieder eine Pause. Gillette tippte unsichtbare Nachrichten in die Luft, bis sich Triple-X nach dreißig Sekunden endlich wieder meldete.
Triple-X: Ich hab da was läuten hören. Er benutzt dieses Programm, das er geschrieben hat, Trapdoor, um sich an Leute ranzumachen, richtig?
Renegade334: Das ist richtig.
Triple-X: Ich hab mir schon gedacht, dass er eines Tages Scheiß damit baut. Der Kerl ist ein riesengroßes AL.
Gillette fand, dass diese Initialen keiner Übersetzung bedurften.
Triple-X: Was willst du von mir? Renegade334: Hilf mir, ihn zu finden. Triple-X: IDTS.
Bishop versuchte es auch mal: »›I don’t think so‹:«
»Prima, Boss«, lachte Linda Sanchez. »Sie kommen auch noch dahinter.« Gillette fiel auf, dass die freundlich frotzelnde Anrede »Boss« von Anderson auf Bishop übergegangen war.
Renegade334: Wir brauchen Hilfe.
Triple-X: Du hast keinen Schimmer, wie gefährlich dieser Arsch ist. Der macht mich fertig.
Renegade334: Du kannst deinen Usernamen und deine System-ID ändern. Triple-X: LTW.
Nolan sagte zu Bishop: »Das bedeutet ›Like, that’d work‹– als ob das was hilft. Sarkasmus.«
Triple-X: Der findet mich in zehn Minuten. Renegade334: Dann bleib offline, bis wir ihn haben.
Triple-X: Gab’s denn einen einzigen Tag, an dem du nicht online warst, als du noch gehackt hast?
Gillette wartete einen Augenblick. Dann tippte er:
Renegade334: Nein.
Triple-X: Und du verlangst von mir, dass ich mein Leben aufs Spiel setze und mich vom Netz fern halte, nur weil du dieses Arschloch nicht findest?
Renegade334: Er KILLT Zivilisten.
Triple-X: Gut möglich, dass er uns in diesem Augenblick beobachtet. Trapdoor könnte bereits in deiner Maschine sitzen. Oder in meiner. Er könnte alles sehen, was wir schreiben.
Renegade334: Nein. Ich würde ihn spüren.
Und du auch, oder nicht? Triple-X: Klar doch. Renegade334: Du weißt, dass er Snuff-Bilder
und Aufnahmen von echten Tatorten geil findet. Hast du irgendwas, was er dir geschickt hat?
Triple-X: Nein, ich hab alles gelöscht. Ich will
keine Verbindung mehr zu ihm haben. Renegade334: Kennst du Shawn? Triple-X: Ich weiß nur, dass er mit Phate
rumhängt. Angeblich konnte Phate Trapdoor nicht allein hacken. Shawn hat ihm dabei geholfen.
Renegade334: Dann ist er auch ein Wizard?
Triple-X: Nach dem, was ich gehört habe, ja. Und auch, dass er ebenfalls verdammt gefährlich ist.
Renegade334: Wo sitzt Shawn? Triple-X: Ich hab den Eindruck, irgendwo in der Bay Area. Mehr weiß ich auch nicht. Renegade334: Bist du sicher, dass es ein Mann ist? Triple-X: Nein, aber wie viele Hackerinnen kennst du?
Renegade334: Hilfst du uns? Wir brauchen Phates echte E-Mail-Adresse, Internet-Adresse, die Websites, die er aufsucht, auch FTP-Sites, die er sich runterlädt – lauter solche Sachen.
»Triple-X will wahrscheinlich nicht online mit uns in Verbindung treten«, sagte Gillette. »Zu riskant. Hier geht’s auch nicht.« Dann sagte er zu Bishop: »Geben Sie mir Ihre Handynummer.«
Bishop tat, wie geheißen, und Gillette gab sie weiter. Sein virtuelles Gegenüber bestätigte den Empfang nicht, sondern tippte lediglich:
Triple-X: Ich verabschiede mich. Wir haben lang genug geredet. Ich überleg’s mir. Renegade334: Wir brauchen deine Hilfe. Bitte … Triple-X: Das ist abgefahren. Renegade334: Was? Triple-X: Ich glaub, ich hab noch nie einen
Hacker Bitte schreiben sehen.
Damit war die Verbindung beendet.
Nachdem Phate erfahren hatte, dass Wyatt Gillette den Bullen dabei half, ihn zu finden, und nachdem er die kleine Animorph weinend am Straßenrand zurückgelassen hatte, war er auf schnellstem Weg zu dem Lagerhaus gerast, das er nicht weit von
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