Lautloses Duell
geschickt«, fuhr Gillette fort, »und deren Computer haben seinen echten Absender herausgezogen, an seine Stelle die falschen gesetzt und es dann losgeschickt.«
»Können wir das nicht zurückverfolgen?«, fragte Bishop.
»Nein«, antwortete Nolan. »Das ist eine Sackgasse. Deshalb hat sich Phate nicht damit aufgehalten, einen falschen Header zu schreiben, so wie es Vlast getan hat.«
»Na ja«, gab der Polizist zurück. »
Interpost
weiß, wo diese Nachricht herkam. Wir brauchen nur deren Telefonnummer, dann rufen wir sie an und fragen sie.«
Der Hacker schüttelte den Kopf. »Chainer bleiben deshalb im Geschäft, weil sie ihren Kunden garantieren, dass niemand erfährt, wer der Absender ist. Nicht einmal die Polizei.«
»Also sind wir aufgeschmissen«, sagte Bishop.
Aber Gillette war noch nicht am Ende. »Nicht unbedingt. Meiner Meinung sollten wir unser Netz noch nicht einholen.«
24 Kapitel 00011000
Während ein Computer der CCU über die California State Police mit Hilfe von Wyatt Gillettes Suchmaschine per Interpost eine Anfrage nach Belgien losschickte, saß Phate im Bay View Motel, einer heruntergekommenen Herberge, auf einem schmalen Sandstreifen am Rande des wild wuchernden Gewerbegebiets von Freemont, unweit von San Jose.
Mit seinem Toshiba Laptop hatte er sich in den nächstbesten Router gehackt, der sämtlichen Internet-Verkehr in der Umgebung abwickelte, und verfolgte jetzt, wie Gillettes Anfrage durch das Netz ging.
Gillette wusste natürlich, dass ein ausländischer Chainer wie Interpost einem US-Polizisten auf seine Anfrage nach der Identität eines Kunden nicht mal eine höfliche Antwort geben würde. Also bediente er sich, wie Phate es vorausgesehen hatte, einer Suchmaschine, um allgemeine Informationen über Interpost einzuholen, in der Hoffnung, etwas zu finden, das der Polizei Mittel in die Hand gäbe, den belgischen Internet-Service unter Druck zu setzen.
Innerhalb weniger Sekunden fand Gillettes Suchmaschine Dutzende von Sites, in denen Interpost erwähnt wurde, und übermittelte deren Namen und Adressen an den CCU-Rechner. Allerdings nahmen die Datenpakete einen kleinen Umweg – sie wurden auf Phates Laptop umgeleitet. Trapdoor modifizierte die Pakete, packte seinen eigenen Dämon mit hinein und schickte sie dann an ihr ursprüngliches Ziel weiter.
Kurz darauf erhielt Phate folgende Nachricht:
Trapdoor Verbindung hergestellt Möchten Sie in den gesuchten Rechner eindringen? J/N
Phate wählte J, drückte auf Enter und spazierte einen Augenblick später im System der CCU herum.
Er nahm einzelne Dateien unter die Lupe, wobei er amüsiert daran denken musste, dass die Bullen bei der CCU natürlich gedacht hatten, er hätte das Bild mit der sterbenden Gibson wie ein sabbernder Serienkiller deshalb ins Netz gestellt, weil er sie herausfordern wollte oder auf irgendwelche schrägen sexuellen, exhibitionistischen Geschichten abfuhr. Von wegen! Er hatte das Foto als Köder ausgeworfen – um die Internetadresse des CCU-Rechners einzuholen. Nachdem er das Foto abgeschickt hatte, hatte er einem Bot aufgetragen, ihm die Adresse all derer mitzuteilen, die es sich herunterluden. Einer von ihnen musste der Rechner einer kalifornischen Regierungseinrichtung irgendwo westlich von San Jose sein: das Büro der CCU.
Jetzt klickte Phate eilig durch den Polizeicomputer und kopierte überall Informationen, die ihm eventuell hilfreich sein konnten. Dann nahm er sich einen Ordner mit der Bezeichnung
Personalakte – Abteilung Computerkriminalität vor.
Sein Inhalt war, wie nicht anders zu erwarten, verschlüsselt. Phate öffnete ein Bildschirmfenster über Trapdoor und klickte auf »Entschlüsseln«. Das Programm machte sich an die Arbeit.
Während die Festplatte ächzte, erhob sich Phate und holte sich ein Mountain Dew aus dem Dosenkühler, der neben ihm auf dem Boden stand, rührte eine No-Doz-Tablette hinein, schlürfte das süße Gebräu und ging zum Fenster, wo sich soeben ein paar verwegene Strahlen grellen Sonnenlichts durch die Gewitterwolken bohrten. Die unvermittelte, störende Helligkeit irritierte ihn. Er zog rasch das Rollo herunter und kehrte zu den gedämpften elektronischen Farben des Bildschirms zurück, die ihm weitaus angenehmer waren als alles, was sich Gott auf seiner Farbpalette jemals ausdenken konnte.
»Wir haben ihn!«, teilte Gillette dem Team mit. »Phate ist in unserer Kiste. Jetzt kann die Jagd beginnen.«
»Endlich!«, rief Tony Mott und pfiff gellend durch die
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