Lautloses Duell
hatte den Eindruck, als packten sie ihn jetzt härter an–als spürten sie seine Verzweiflung und seine Entschlossenheit zu fliehen. Nolan seufzte, schüttelte den Kopf und schickte Gillette ein trauriges Lächeln hinterher.
Gillette hörte, wie Detective Susan Wilkins ihren Monolog wieder aufnahm, doch ihre Stimme wurde rasch leiser, als er ins Freie trat. Der Regen rauschte jetzt unablässig herab. Einer der Beamten sagte: »Tut mir Leid«, aber Gillette wusste nicht genau, ob er damit seinen fehl geschlagenen Versuch, bei der CCU zu bleiben, meinte, oder den Umstand, dass sie keine Regenschirme dabei hatten.
Der Mann schob ihn vorsichtig auf die Rückbank des Streifenwagens und knallte die Tür zu.
Gillette schloss die Augen und lehnte den Kopf gegen die Scheibe, hörte das dumpfe Trommeln des Regens auf dem Autodach.
Angesichts seiner Niederlage empfand er eine abgrundtiefe Mutlosigkeit.
Wie dicht er schon dran gewesen war …
Er dachte an die Monate im Gefängnis. An all das, was er sich ausgemalt hatte.
Umsonst. Es war alles –
Die Wagentür ging auf.
Frank Bishop ging in die Hocke. Regen rann über sein Gesicht, glitzerte in den Koteletten und durchnässte sein Hemd, nur sein gespraytes Lackhaar, immerhin, war absolut wasserabweisend. »Eine Frage noch, Sir.«
Sir?
»Worum geht’s?«, sagte Gillette.
»Dieser MUD-Kram. Damit wollten Sie uns doch nicht verscheißern, oder?«
»Ach was. Ich glaube, der Killer spielt seine eigene Version davon – eine Echtzeitversion.«
»Wird das Spiel denn überhaupt noch gespielt? Im Internet, meine ich?«
»Das bezweifle ich. Soweit ich gehört habe, waren die Real MUDheads so sauer darüber, dass sie die Spiele sabotiert und die übrigen Spieler so lange vollgespammed haben, bis die es auch sein ließen.«
Der Detective drehte sich zur Seite und schaute sich zu dem vor sich hin rostenden Getränkeautomaten vor dem CCU-Gebäude um. Dann fragte er: »Der Bursche da drin, Stephen Miller … das ist keine große Leuchte, was?«
Gillette dachte einen Augenblick nach und erwiderte dann: »Er ist noch ein Ehemaliger.«
»Ein was?«
Mit diesem Ausdruck bezeichnete man die Helden der Sechziger und Siebziger, jene revolutionäre Ära der Computergeschichte, die mehr oder weniger mit der Vermarktung des PDP10 von Digital Equipment zu Ende ging, dem Computer, der das Gesicht der Maschinenwelt ein für alle Mal verändert hatte. Zu dem Detective sagte Gillette aber nur: »Er war einmal gut, aber er hat seine besten Tage hinter sich. Und in Silicon Valley heißt das … ja, doch, dass er keine große Leuchte mehr ist.«
»Verstehe.« Bishop richtete sich auf und ließ den Blick über den Verkehr schweifen, der auf der nahe gelegenen Schnellstraße dahinbrauste. Dann sagte er zu den beiden Beamten: »Bringen Sie den Mann bitte wieder nach drinnen.«
Die Uniformierten sahen einander an, und als Bishop nachdrücklich nickte, zogen sie Gillette wieder aus dem Streifenwagen.
Kaum hatten sie die Halle wieder betreten, vernahm Gillette auch schon die Stimme von Detective Susan Wilkins, die immer noch vor sich hin schwadronierte: »… im Bedarfsfall Zusammenarbeit mit dem Sicherheitsdienst von Mobile America und Pac Bell, zusätzlich habe ich Sonderleitungen zur Spezialtruppe eingerichtet. Außerdem ist es meiner Meinung nach wesentlich effektiver, näher an der Quelle zu sitzen, deshalb wird die CCU in die Zentrale nach San Jose umziehen. Wie ich gehört habe, mangelt es Ihnen hier ohnehin an Verwaltungskräften; auch dieser Mangel lässt sich im Hauptquartier besser beheben …«
Gillette blendete die Worte aus und fragte sich, was Bishop vorhatte.
Der Polizist ließ Gillette an der Tür stehen und ging zu Bob Shelton, mit dem er ein paar geflüsterte Worte wechselte. Die Unterhaltung endete mit Bishops Frage: »Sind wir uns da einig?«
Der stämmige Polizist musterte Gillette abschätzend und murmelte dann, wenn auch widerwillig, eine zustimmende Antwort.
Während Wilkins weiterredete, verzog Captain Bernstein das Gesicht und kam zu Bishop und Shelton herüber. »Ich würde diesen Fall gern übernehmen, Sir«, sagte Bishop zu ihm, »und ich möchte, dass Gillette hier bleibt und mit uns zusammenarbeitet.«
»Sie haben sich doch für MARINKILL stark gemacht.«
»Stimmt, Sir. Aber ich habe es mir anders überlegt.«
»Ich weiß, was Sie vorhin gesagt haben, Frank. Aber Andys Tod … also, das war bestimmt nicht Ihre Schuld. Er hätte seine Grenzen kennen
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