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Lautstärke beweist gar nichts - respektlose Wahrheiten

Lautstärke beweist gar nichts - respektlose Wahrheiten

Titel: Lautstärke beweist gar nichts - respektlose Wahrheiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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einzuschlagen, ob ich es schaffe oder verkrache, schwimme oder versinke, überlebe oder zugrunde gehe. Also, welches sind die Voraussetzungen des Erfolgs in der Literatur? Sie brauchen sich nicht zu scheuen, die Dinge so darzustellen, wie sie sind. Mehr als scheitern kann ich nicht. Das kann einem überall so gehen.
    Als ich an das Rechtswesen dachte – ja und fünf oder sechs andere Berufe –, da entdeckte ich, dass es überall jedes Mal dasselbe war, nämlich: alles voll – überlaufen – jeder Berufszweig so vollgepfropft, dass ein Erfolg ausgeschlossen ist – zu viele Leute und nicht genug Arbeit. Aber etwas muss ich ja versuchen, und so wende ich mich schließlich der Literatur zu. Irgendetwas sagt mir, dass dies die wahre Seite meiner Begabung ist, wenn ich eine besitze. Anbei einige meiner Sachen. Wollen Sie diese bitte durchlesen und mir Ihre ehrliche, unvoreingenommene Meinung darüber sagen? Ich bedauere es sehr, Sie zu belästigen, aber Sie sind ja auch einmal jung gewesen, und um was ich Sie bitten möchte, ist, mir eine Stelle bei einer Zeitung zu verschaffen, wo ich etwas zu schreiben habe. Sie kennen viele Zeitungsleute, und ich bin völlig unbekannt. Und wollen Sie für mich die besten Bedingungen vereinbaren, die Sie nur vereinbaren können? – obgleich ich natürlich anfangs nicht mit dem rechne, was man ein hohes Gehalt nennt. Werden Sie mir ehrlich sagen, was solche Artikel wie die beiliegenden wert sind? Ich habe eine ganze Menge davon. WennSie diese unterbrächten und mir Bescheid gäben, kann ich Ihnen weitere schicken, die ebenso gut und vielleicht besser sind als diese. Eine baldige Antwort, usw.
    Ihr sehr ergebener usw.
    Ich werde Ihnen in guter Absicht antworten. Ob meine Bemerkungen einen großen Wert haben werden oder nicht, ob meine Anregungen es wert sind, befolgt zu werden, das sind Probleme, die zu lösen ich mit dem größten Vergnügen gänzlich Ihnen überlasse. Um zu beginnen: Ihr Brief enthält mehrere Fragen, die schließlich allein von der eigenen Lebenserfahrung beantwortet werden können und nicht von den Worten eines anderen. Diese Fragen lasse ich einfach aus.
    1. Die Literatur ist wie das geistliche Amt, die Medizin, das Rechtswesen und alle anderen Berufe gehemmt und behindert, aus Mangel an Leuten, die die Arbeit erledigen, nicht aus Mangel an Arbeit, die zu erledigen ist. Wenn Ihnen die Leute das Gegenteil erzählen, dann sprechen sie nicht die Wahrheit. Wenn Sie das prüfen wollen, brauchen Sie nur einen erstklassigen Redakteur, Reporter, Betriebsdirektor, Werkmeister, Handwerker oder anderen tüchtigen Mann aus irgendeinem Gebiet der Industrie ausfindig zu machen und zu versuchen, ihm Beschäftigung zu geben. Sie werden entdecken, dass er schon irgendwo beschäftigt ist. Er ist besonnen, fleißig, fähig und verlässlich und immer begehrt. Nicht einen Tag kann er ohne die Erlaubnisseines Arbeitgebers, seiner Stadt oder der großen allgemeinen Öffentlichkeit Urlaub nehmen. Aber wenn Sie Faulenzer haben wollen, Drückeberger, halbgebildete, unehrgeizige, ein bequemes Leben suchende Redakteure, Reporter, Anwälte, Ärzte und Handwerker, dann können Sie sich überallhin wenden. Millionen können Sie bekommen, wenn Sie nur mit dem kleinen Finger winken.
    2. Nein; ich muss und will kein Gutachten – gleich, was für eins – über den literarischen Wert Ihrer Erzeugnisse abgeben. Die Öffentlichkeit ist der einzige Kritiker, dessen Urteil überhaupt etwas zählt. Schenken Sie meinen kärglichen Worten keinen Glauben, sondern überlegen Sie eine Weile und glauben Sie Ihren eigenen. Hätten zum Beispiel Sylvanus Gobb oder T. S. Arthur Ihnen ihre ersten Manuskripte eingereicht, dann hätten Sie unter Tränen gesagt: »Also bitte, schreiben Sie nichts mehr!« Aber Sie sehen ja selbst, wie beliebt sie nun sind. Und wenn es Ihnen überlassen worden wäre, hätten Sie gesagt, der »Marmorfaun« sei langweilig und dass es sogar dem »Verlorenen Paradies« an Heiterkeit gebreche; aber Sie wissen, dass sie im Buchhandel gutgehen. Viele Männer, weisere und vortrefflichere als Sie, haben noch vor zweihundert Jahren die Nase über Shakespeare gerümpft, und doch hat der alte Bursche diese Leute überlebt. Nein, ich will nicht über Ihre Literatur zu Gericht sitzen. Wenn ich sie aufrichtig und guten Gewissens priese, könnte ich dazu beitragen, der Öffentlicheit einen sich lange haltenden, mitleidslosen lästigen Stumpfsinnaufzubürden; wenn ich sie aufrichtig und guten

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