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Lautstärke beweist gar nichts - respektlose Wahrheiten

Lautstärke beweist gar nichts - respektlose Wahrheiten

Titel: Lautstärke beweist gar nichts - respektlose Wahrheiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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und zu Bett gehen. Das machte ich. Kurz danach riet mir ein anderer Freund, aufzustehen und ein kaltes Brausebad zu nehmen. Auch das machte ich.In der gleichen Stunde noch versicherte mir ein weiterer Freund, man müsse »den Schnupfen füttern und das Fieber aushungern«, das sei das Richtige. Ich hatte beides, deshalb hielt ich es für das Beste, mich wegen des Schnupfens vollzustopfen, dann nichts zu verraten und das Fieber eine Weile hungern zu lassen.
    In einem solchen Fall tue ich selten etwas halb. Ich aß eine tüchtige Portion. Mit meiner Kundschaft beehrte ich einen Fremden, der an jenem Morgen gerade sein Restaurant eröffnet hatte. In gebührendem Schweigen wartete er neben meinem Tisch, bis ich mit der Fütterung meines Schnupfens fertig war, dann fragte er, ob die Leute in Virginia viel unter Schnupfen zu leiden hätten. Ich sagte, das glaube ich wohl. Daraufhin ging er hinaus und nahm sein Wirtshausschild herunter.
    Ich machte mich nun auf den Weg ins Büro und traf unterwegs wieder einen Busenfreund, der mir erklärte, es gäbe auf der Welt kein wirksameres Schnupfenmittel, als eine viertel Gallone warmes Salzwasser zu trinken. Ich glaubte kaum, dass dafür noch Platz vorhanden wäre, aber ich versuchte es trotzdem. Das Ergebnis war überraschend. Ich dachte, ich bringe meine unsterbliche Seele mit zum Vorschein.
    Da ich nun meine Erfahrungen nur zum Nutzen derer darlege, die von dem Übel befallen sind, über das ich schreibe, werden diese wohl einsehen, wie richtig es von mir ist, sie vor den von mir probierten Mitteln zu warnen,die bei mir nicht anschlugen. Aus solcher Überzeugung rate ich ihnen also, sich vor warmem Salzwasser in Acht zu nehmen. Es mag ja eine ganz gute Medizin sein, aber ich halte sie für zu stark. Wenn ich wieder einmal den Schnupfen hätte und mir bliebe zu meiner Rettung nichts anderes übrig, als zwischen einem Erdbeben und einem Viertel Salzwasser zu wählen, so würde ich mein Heil mit dem Erdbeben versuchen.
    Nachdem sich der Sturm in meinem Magen etwas gelegt hatte und mir kein guter Samariter mehr über den Weg lief, borgte ich mir wieder Taschentücher und zerschnäuzte sie in Atome, wie es in den ersten Phasen der Erkältung meine Gewohnheit gewesen war. Das trieb ich so lange, bis ich einer Dame begegnete, die von jenseits der großen Ebenen kam. Sie sagte, sie habe in einer Gegend gewohnt, wo Ärzte dünn gesät seien, und die Not habe sie gezwungen, sich ein ziemliches Geschick in der Behandlung einfacher »Alltagsbeschwerden« anzueignen. Ich war überzeugt, dass sie eine reiche Erfahrung haben müsse, denn sie sah aus, als wäre sie hundertfünfzig Jahre alt.
    Aus Sirup, Scheidewasser, Terpentin und verschiedenen anderen Drogen braute sie einen Absud zusammen, von dem ich nach ihrer Anweisung alle Viertelstunden ein Weinglas voll nehmen sollte. Ich nahm nur eine einzige Dosis; das genügte mir. Sie beraubte mich aller moralischen Grundsätze und erweckte die unwürdigsten Triebe in mir. Unter ihrer unheilvollen Einwirkung heckte mein Verstandwahre Wunder von Ruchlosigkeit aus, doch meine Hand war zu schwach, diese Pläne auszuführen. Wenn zu jener Zeit meine Kraft nicht den dauernden Angriffen unfehlbarer Schnupfenmittel erlegen wäre, so wäre ich wahrhaftig imstande gewesen, den Friedhof zu plündern. Wie die meisten anderen Menschen habe ich oft niedrige Regungen und handle danach; doch bevor ich diese Medizin schluckte, hatte ich noch nie in solch übernatürlicher Verworfenheit geschwelgt und mich obendrein stolz darauf gefühlt.
    Nach Ablauf von zwei Tagen war ich wieder so weit, dass ich aufs neue herumdoktern konnte. Ich nahm noch ein paar unfehlbare Mittel und trieb schließlich die Erkältung aus dem Kopf in die Lunge.
    Nun fing ich an, unaufhörlich zu husten, und meine Stimme sank unter den Nullpunkt. Ich sprach in einem grollenden Bass, zwei Oktaven tiefer als sonst. Zu meiner regulären Nachtruhe gelangte ich erst, wenn ich mich in den Zustand völliger Erschöpfung gehustet hatte, und in dem Moment, wo ich im Schlafe zu reden begann, weckte mich dann meine krächzende Stimme wieder auf.
    Von Tag zu Tag wurde meine Verfassung ernster. Man empfahl mir klaren Gin; ich nahm ihn. Dann Gin mit Sirup; auch den trank ich. Dann Gin mit Zwiebeln; ich fügte die Zwiebeln hinzu und schluckte alles drei. Ich stellte keine besondere Wirkung fest, nur dass ich mir einen Atem wie ein Bussard zugelegt hatte.
    Nun wurde mir klar, dass ich zur Besserung meiner

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