Lavendel-Glorias Letzter Wille ROTE LATERNE Band 7 (Rote Laterne Liebesroman) (German Edition)
flüsterte Anita und duckte sich in den Sitz.
»Das ist ja ...?«
»Ja«, sagte Anita Köster, »das ist Ma-Lei-Tsung. Unglücklicherweise fliegt sie mit der gleichen Maschine. Wir bleiben ganz hinten. Da sieht sie uns bestimmt nicht.«
»Und wenn sie zur Toilette muss?«
»Schäfchen, vorn sind auch Toiletten.'Sie wird doch nicht so blöd sein und den Weg nach hinten auf sich nehmen.«
Dann hob die Maschine in Frankfurt ab. Für den Flug nach Zürich benötigte sie eine knappe Stunde. Während dieser Zeit verließ Ma-Lei-Tsung nicht ein einziges Mal ihren Platz. Sie drehte sich auch nicht um. Nachdem das Flugzeug gelandet war, verließ Ma-Lei-Tsung die Maschine, stieg in den Bus, der sie zum Abfertigungsgebäude brachte, und verschwand nach der Passkontrolle im Gewühl der Menschen.
»Gott sei Dank«, sagte Karin und atmete erleichtert auf.
»Und was nun?«, erkundigte sich Anita.
»Jetzt werden wir uns erst einmal ein anständiges Hotel suchen. Und dann sehen wir weiter.«
In einer Pension in der Nähe des Züricher Bahnhofsplatzes fanden die Mädchen schließlich preiswerte und dennoch behagliche Zimmer.
»Nicht gerade luxuriös«, meinte Anita und ließ sich auf das Bett plumpsen.
»Eine Nobelherberge können wir uns leider nicht leisten«, sagte Karin darauf. »Vielleicht ändert sich der Zustand einmal, wenn wir an Lavendel-Glorias Geld gekommen sind.«
»Du glaubst also inzwischen auch daran?«, fragte Anita.
»Woran?«
»Nun, dass dir Gloria etwas vererbt hat!«
»Ich weiß nicht«, sagte Karin. Ihr Gesicht nahm einen nachdenklichen Ausdruck an. »Aber wahrscheinlich ist es so, denn weshalb hätte sie ausgerechnet mich damit beauftragen sollen, nach Zürich zu fahren.«
»Du weißt, dass Gloria schon immer ein Rätsel gewesen ist. Manche sagen, sie habe nicht gerade saubere Geschäfte gemacht, und niemand weiß genau, wie reich sie wirklich war.«
»Da muss ich dir recht geben«, erwiderte Karin. »Aber wenn alles klappt und ich mit diesem Nägele zusammentreffen kann, dann wird es sich ja wohl herausstellen. Sollte ich tatsächlich etwas geerbt haben, dann machen wir erst mal richtig die Mücke. Wir setzen uns in ein Flugzeug und düsen ab.«
»Wohin?«
Karin ließ sich mit dem Rücken auf das Bett fallen und streckte die Arme von sich.
»Vielleicht in die Karibik«, sagte sie. »Oder vielleicht auch nach Hawaii.«
»Schön wär's«, seufzte Karin. »Aber wer weiß, in was wir noch reinrutschen.«
»Na komm«, meinte Karin nun beinahe aufgekratzt, »so schlimm wird es bestimmt nicht werden.« »Warten wir es ab«, sagte Anita.
Das Haus der Nägeles durfte wohl so um die Jahrhundertwende erbaut worden sein. Fast ehrfürchtig standen die Mädchen vor dem hölzernen Portal. Rechts daneben war eine Sprechanlage in die Mauer eingelassen. Es gab zwei Glocken mit Namensschildern. Beide Schilder waren jedoch nicht beschriftet.
»Mensch, wo soll ich denn läuten?«, fragte Karin flüsternd. »Hier muss die ser Nägele wohnen. Es ist doch die richtige Adresse.«
Anita nickte.
»Drück halt irgendwo drauf«, sagte sie. Karins Hand streckte sich zögen» aus und drückte dann zweimal auf del untersten Klingelknopf. Eine ganze Weile rührte sich überhaupt nichts.' Karin wiederholte das Läuten.
»Sie wünschen?« meldete sich nach einiger Zeit eine weibliche Stimme, die durch den Lautsprecher kühl und metallisch klang.
»Ich hätte gerne Herrn Johann Nägele gesprochen!«, rief Karin, indem sie sich ein wenig nach vorn beugte.
Augenblicke lang herrschte Schweigen.
»Es tut mir leid«, wurde dann geantwortet. »Herr Nägele ist verreist!«
»Aber - aber ich werde erwartet!«, stammelte Karin. »Ich habe mit Herrn Nägele telefoniert.«
»Ihr Name bitte?«
»Karin Clemens!«, rief Karin.
»Einen Augenblick bitte!«, schallte es aus dem Lautsprecher zurück.
Nach einer ganzen Zeit wurde die Tür einen Spaltbreit geöffnet. Das Gesicht einer Dame mit grauem, gepflegtem Haar wurde sichtbar. Karin fühlte sich von oben bis unten gemustert.
»Sie sind Fräulein Clemens?«
»Ja, ich bin Karin Clemens. Dies ist meine Freundin Anita Köster.«
»Dieser Name sagt mir nichts«, erwiderte die Dame. »Bitte, kommen Sie einen Augenblick herein, Fräulein Clemens.«
Als Anita ebenfalls eintreten wollte, verwehrte ihr die alte Dame den Zutritt.
»Sie warten besser draußen«, sagte sie. Die Stimme hatte unmissverständlich befehlend geklungen.
»Aber ich habe keine Geheimnisse vor
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