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Lavendel und Blütenstaub

Lavendel und Blütenstaub

Titel: Lavendel und Blütenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. Habersatter
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läutete es an der Tür.
    "Was ist denn heute los!" Sie warf die Arme fragend in die Luft und rieb sich dann die Augen. Sie war müde, hatte kaum geschlafen und konnte einen Kaffee gut gebrauchen. Ein kurzer Blick in den Spiegel im Vorraum, bestätigte ihr, dass sie schrecklich aussah. Es läutete noch einmal.
    "Ich komm ja schon!", rief sie genervt. Sie hoffte, dass ihre Mutter nicht aufgewacht war.
    Stella schloss die Tür auf und sah nach draußen. Sie war überrascht, ihren Sohn zu sehen.
    "Was machst du denn hier?"
    Jonathan sah betreten zu Boden. "Kann ich reinkommen? Ich muss mit dir reden."
    Wortlos öffnete Stella die Tür und ließ ihn herein. Sie hatte mit allem gerechnet, aber nach der gestrigen Abfuhr am Telefon nicht damit, dass er freiwillig herkommen würde.
    "Sei leise. Oma schläft", sagte sie. "Gehen wir in die Küche."
    Dort angekommen, deutete Stella auf einen Stuhl. "Setz' dich. Magst du einen Kaffee? Ich brauche unbedingt einen. Ich habe nicht viel geschlafen. Oma ging's nicht gut", erklärte sie knapp und rieb sich wieder die Augen.
    Jonathan sagte nichts. Er sah auf seine Schuhspitzen und knetete unruhig die Hände.
    "Willst du nicht wissen, wie es Oma geht, oder warum bist du hier?"
    "Ich muss mit dir reden", murmelte er.
    "Ja, das sagtest du bereits. Hast du das Haus abgefackelt, oder was ist los? Du kommst doch sonst auch nicht zu mir."
    Jonathan saß stocksteif da. Mit leiser Stimme antwortete er: "Nicht ganz."
    Stella glaubte, sich verhört zu haben. "Was hast du gesagt?" Sie nahm ihre Tasse mit dem heißen Kaffee und setzte sich Jonathan gegenüber. "Was ist los?", fragte sie noch einmal, dieses Mal sanfter.
    "Ich ... Stevy ... er wollte mit ein paar Kumpels vorbeikommen, und dann ..."
    "Was 'und dann'?" Stella rechnete schon mit dem Schlimmsten.
    "Irgendwie waren es plötzlich ein paar Leute mehr und ... Wir hatten ein wenig zu viel getrunken, und dann ... dann ist das ganze irgendwie außer Kontrolle geraten. Ich ... Ach, es tut mir so leid, Mum!"
    Zum ersten Mal an diesem Tag sah er seiner Mutter in die Augen. Stella sah, dass es ihm aufrichtig leid tat.
    "Komm her, Schätzchen." Sie nahm Jonathan in den Arm. "Steht das Haus noch?"
    "Ja", hörte sie ihn erstickt aus den Falten ihres Shirts. "Zwei Stühle sind kaputt. Den Rest habe ich schon weggeräumt und in Ordnung gebracht. Und die Couch hat ein paar Brandflecken abgekriegt", fügte er hinzu, nachdem er sich von der Umarmung befreit hatte.
    Ernst sah Stella ihn an. "Nur damit eines klar ist: Du wirst den Schaden mit deinem Geld wieder gutmachen. Und es war das letzte Mal, dass du alleine zu Hause warst. So lange du unter meinem Dach wohnst und an meinem Tisch isst, wirst du nicht mehr sturmfrei haben. Volljährig hin oder her. Verstanden?"
    Jonathan nickte. "Heißt das, du kommst wieder nach Hause?"
    "Nein, Oma braucht mich. Das heißt, dass du so lange ebenfalls hier schläfst."
    Jonathan wollte den Mund aufmachen, um etwas zu erwidern, doch Stella hob den Finger und sagte nachdrücklich: "Ende der Diskussion." Dann zeigte sie mit gestrecktem Arm in den Flur. "Und jetzt geh dich duschen. Du stinkst."
     
     
    Anna
     
    Es duftete so gut. So frisch. So lebendig. Sie atmete tief ein. Ihre Geschmacksnerven und der Geruchssinn waren stärker ausgeprägt denn je, und die Farben des Gartens leuchteten heller als am hellstem Tag bei strahlendem Sonnenschein. Alles schien zu leuchten.
    Es war ein Traum, der schöner nicht sein konnte. Sie wusste das und genoss ohne Wenn und Aber die Leichtigkeit, mit der sie durch den Garten schritt. Schritt für Schritt, einen Fuß vor den anderen setzend.
    "Fang mich doch, Schwesterchen! Fang mich doch!"
    Sie fuhr herum. Wieder diese Kinderstimme.
    Sofort spürte sie die Angst, die sich in ihrem Körper breit machte. Sie blickte panisch zur Hecke.
    Ein blonder Jungenkopf blickte durch ein kleines Loch in den Zweigen der Hecke.
    "Fang mich doch!"
    Sie hob die Hand. "Warte!", schrie sie, doch der Junge war schon wieder verschwunden. Sie lief zur Hecke, stellte sich auf Zehenspitzen und versuchte darüber zu sehen. "Wo bist du?", rief sie immer wieder. "Wo bist du nur?"
    "Ich bin hier! Fang mich doch!"
    Sie versuchte mit den Händen die Hecke zu teilen, um durchsehen zu können, doch die Zweige waren zu dicht. Ihre Unterarme wurden zerkratzt und sie musste sich eingestehen, dass sie nicht hindurch konnte. Wieder rief sie: "Wo bist du? Sag doch etwas!"
    Der Junge antwortete nicht. Er war verschwunden. Sie

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