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Lavendel und Blütenstaub

Lavendel und Blütenstaub

Titel: Lavendel und Blütenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. Habersatter
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da. Nur wegen eines kleinen Loches im Zaun.
    Wo war es? Sie suchte.
    "Was suchst du da?"
    Sie drehte sich um. Justus stand hinter ihr.
    "Das Loch. Wo ist es?"
    "Dort, wo du es hingemacht hast."
    "Ich hab kein Loch gemacht."
    "Doch. Hast du. Sonst wäre ich nicht hier, oder?" Er grinste. "Komm, spielen wir."
    "Ich kann nicht."
    "Warum nicht?"
    "Ich bin krank."
    "Wieso? Was hast du?" Aufmerksam sah er sie von oben bis unten an. "Siehst eigentlich ganz gesund aus."
    "Ich habe Krebs." Sie seufzte. "Ganz schlimmen, bösen Krebs."
    "Ach, macht nichts." Er winkte ab. "Komm mit, du musst mich suchen."
    Sie dachte nach. Warum nicht? Es war immerhin ihr Traum, oder?
    "In Ordnung, aber nur im Garten!", schärfte sie Justus ein. Sie schloss die Augen. "Eins ... zwei ... drei ..." Sie zählte.
    Justus versteckte sich.
    Sie suchte und fand ihn. Er war neben dem Schuppen hinter einem großen Blumentopf versteckt.
    Sie fand Gefallen an dem Spiel und lief im Garten herum, wie ein kleines Mädchen. Sie fühlte sich frei. Sie war lebendig. Sie war umgeben von Licht, Düften und Justus.
    Justus.
    Er lachte. Sein Lachen schwebte über den Garten und hüllte sie ein.
     
    Die Schmerzen hatten nachgelassen, doch ihr war schlecht. Sie öffnete die Augen, sah sich gehetzt um und rief nach Stella, dann erbrach sie sich in die Schüssel, die vorsorglich neben dem Bett stand.
    "Was ist los, Mama? Oh nein!"
    Stella kam hereingelaufen, setzte sich neben Anna und hielt ihre zuckenden Schultern. Beruhigend sprach sie auf sie ein. "Ganz ruhig", flüsterte sie ihr zu. "Gleich geht es wieder."
    Anna lehnte sich erschöpft zurück. Die Übelkeit war grausam. Eine Nebenwirkung des Krebses, der in ihrem Körper wütete, die sie nicht einmal ihrem schlimmsten Feind wünschte, so schlimm kam es ihr vor.
    "Willst du etwas trinken?"
    Anna schüttelte den Kopf. "Es geht schon", hauchte sie mit geschlossenen Augen. Sie versuchte ruhig ein- und auszuatmen.
    Stella stand auf, öffnete das Fenster und räumte die Schüssel weg. Frische Luft strömte in das Schlafzimmer und brachte die Düfte es Gartens in den Raum.
    Anna bemerkte wehmütig, dass diese Gerüche bei weitem nicht so intensiv waren wie in ihren Träumen.
    Die Sonne schien und es war warm draußen. Ein schöner Augusttag, doch sie wollte nicht aufstehen. Sie war müde, fühlte sich geschlaucht und die Übelkeit ließ nicht nach.
    Sie wollte heute nur schlafen und träumen.
     
    "Da bist du ja schon wieder", bemerkte Justus, der auf der Bank unter dem Nussbaum saß und auf sie zu warten schien.
    Sie ging über die Terrasse auf ihn zu und setzte sich neben ihn.
    "Ich bin einfach so müde", erklärte sie.
    "Jetzt auch?"
    "Ein bisschen."
    "Spielen wir wieder?"
    Sie schüttelte den Kopf. "Nein. Lass uns reden." Sie blickte auf die Hecke.
    "Worüber?" Justus klang neugierig.
    "Über dich."
    "Über mich? In Ordnung. Was willst du wissen?" Aufgeregt schlenkerte er mit den Beinen, die von der Bank hinunter hingen und den Boden nicht berührten. Nur die Zehenspitzen streiften das satte grüne Gras.
    "Bist du mir eigentlich böse?"
    Justus sah erstaunt und hielt kurz in der Bewegung inne. "Ich? Warum sollte ich böse auf dich sein?" Die Beine bewegten sich wieder. Vor und zurück. Vor und zurück.
    "Weil ich dich im Stich gelassen habe", flüsterte sie. Sie hatte Tränen in den Augen.
    Wie oft hatte sie sich dieses Gespräch mit Justus ausgemalt? Sich vorgestellt, dass sie ihn fragen würde. Sich ausgedacht, was er wohl antworten würde.
    Gespannt hielt sie die Luft an. Eine Träne bahnte sich ihren Weg nach unten, brach das helle Licht der Sonne und schien wie in Zeitlupe ins Gras zu fallen.
    "Aber du hast mich doch gar nicht im Stich gelassen! Wie kommst du darauf?" Er sah erstaunt. Blonde Haarsträhnen hingen über seine Augen.
    Sie weinte und schluchzte. "Doch! Ich hätte auf dich aufpassen müssen! Ich hätte nicht sagen dürfen, dass du dich besser verstecken sollst! Ich hätte dich vom Wasser fernhalten müssen!" Sie sackte zusammen, schlug die Hände vor das Gesicht und weinte haltlos.
    "Aber Schwesterchen! Du konntest doch nichts dafür!" Er schlang seine Arme um sie. "Es war doch nicht deine Schuld!"
    Sie sah auf. "Doch, es war meine Schuld. Ich bin schuld, dass du gestorben bist. Es tut mir so leid!", rief sie und umarmte ihren kleinen Bruder.
    Justus streichelte ihren Rücken. "Jetzt hör mir mal zu, Schwesterchen. Gräme dich nicht, es ist einfach passiert! Und wenn, dann war es meine Schuld! ICH

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