Lavendel und Blütenstaub
stumm umgesehen. Zuerst dachte ich, sie würde sich erschrecken, weil alles so verändert ist, aber dann hat sie gelächelt und gesagt: 'Ein Garten im Schlafzimmer'."
"Echt?" Aurelia lachte. "Hast du so viele Pflanzen reingestellt oder wie?"
"Ich habe alles, was im Haus war und schön aussah, genommen und ins Schlafzimmer gebracht. Blumen, Topfpflanzen, ... wie im botanischen Garten ist es da oben."
"Und Papa, was hat der gesagt?"
"Der war einverstanden!" Stella sah mit großen Augen und einem Lächeln auf ihre Nichte. "Ich dachte, Erwin würde mich schimpfen, was ich da schon wieder mache, aber stattdessen hat er die Idee richtig gut gefunden."
"Na, da bin ich aber gespannt, ob das wirklich so toll aussieht, wie du gesagt hast." Aurelia zwinkerte Stella zu und erhob sich. "Schaust du inzwischen auf die beiden Racker?"
Sebastian und Marina waren immer noch mit ihrem Essen beschäftigt. Es schien ihnen zu schmecken, wenn auch der Tisch um Marina schon recht mit Essensreste übersät war.
Aurelia hatte an diesem Tag für Stella das Kochen übernommen und für ein Mittagessen gesorgt. Außerdem hatte sie eine frische Gemüsesuppe gemacht, die sie Anna nach oben bringen wollte. Die würde Oma gut tun, war sie sich sicher.
Gespannt öffnete sie die Tür.
Anna saß im Bett und betrachtete den Raum. Das tat sie nun schon den ganzen Vormittag. Sie war verzückt von dem Geschaffenen.
"Ich kann immer noch nicht glauben, dass die beiden das gemacht haben, ohne dass ich etwas mitbekommen habe", sagte sie lächelnd. "Ich muss wohl sehr tief geschlafen haben."
Aurelia sah sich um. Es wirkte tatsächlich wie im Botanischen Garten, aber dennoch nicht einengend oder erdrückend. Stella hatte die Pflanzen, Bilder, Kerzen und die Wassersäule so angeordnet, dass dennoch Raum zum Atmen und Wohlfühlen blieb.
Aurelia nahm ein kleines Betttablett und stellte die Suppe darauf. "Ja, es sieht wirklich sehr gemütlich aus", sagte sie, stellte das Tablett vor Anna und gab ihr den Löffel. "Hier, iss ein wenig, damit du zu Kräften kommst."
Anna seufzte. "Ach ja, die Kräfte ... Sie schwinden und schwinden." Nachdenklich löffelte sie die Suppe.
Aurelia sah sich im Zimmer um. Sie konnte kaum glauben, dass Stella und Erwin zusammen etwas gemacht hatten, ohne zu streiten. Sie war beeindruckt und rechnete es ihrer Tante hoch an, dass sie scheinbar ihren Groll gegen Erwin überwunden hatte.
"Schön, nicht?" Anna hatte die Suppe aufgegessen und sah Aurelia an.
Sie nickte. "Ja, sehr schön hast du es hier, Oma." Sie lächelte und nahm das Tablett mit der leeren Schüssel. "Hat es geschmeckt?"
"Ja, danke, es war sehr gut. Du kannst gut kochen." Sie lächelte.
"Das Rezept ist ja auch von dir. Niemand kocht so gut Gemüsesuppe wie du."
Anna genoss das Lob sichtlich und lehnte sich zurück in ihr Kissen. Sie schloss die Augen.
"Bist du müde?"
"Ein wenig." Ihre Stimme war leise.
"Soll ich dich alleine lassen?"
"Nein, bleib bei mir." Sie öffnete die Augen und klopfte neben sich auf das Bett. "Setz' dich her. Ich möchte, dass du mir einen Gefallen tust."
Gabriela
Er kam erst nach achtzehn Uhr nach Hause, obwohl er eigentlich früher Schluss machen wollte. Sie erwartete ihn schon an der Tür.
"Hallo Schatz!" Sie küsste ihn. "Du siehst müde aus."
Erwin gähnte und rieb sich die Augen. "Ich konnte ja auch nicht viel schlafen letzte Nacht und dann den ganzen Tag Stress in der Arbeit. Noch dazu kam eine falsche Lieferung." Er ging in die Küche, nahm ein Glas Wasser und trank es mit raschen Zügen aus. "Ich ziehe mich nur schnell um, dann können wir fahren."
Wenig später waren sie auf dem Weg zu Anna. Heute würden alle anwesend sein, auch Erni.
Gabriela hatte ein mulmiges Gefühl bei dem Gedanken, mit der ganzen Familie unter einem Dach zu sein. Wie würde Stella reagieren? Würde sie schnippisch sein?
Gabriela hatte Anna zuletzt im Krankenhaus gesehen. Erwin war immer alleine zu ihr gefahren.
"Hast du eine Ahnung, warum wir alle kommen sollen?" Fragend sah sie ihren Mann an.
Er schüttelte den Kopf und blickte auf den Verkehr. "Nein, keine Ahnung. Aurelia hat nur gesagt, dass wir am Abend da sein sollen."
"Jonathan auch?"
"Ja, der auch."
Gabriela sah wieder nach vorne auf die Straße, neugierig darauf, was sie wohl erwarten würde.
Sie sah schlecht aus. Blass und mager. Die Augen und Wangen eingefallen. Klein und schmal saß sie in der Küche am Tisch, vor sich eine Tasse mit frischem Ingwertee. Erni
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