Lavinia & Tobais 01 - Liebe wider Willen
Ihnen zu sagen, was geschehen war, Lavinia«, erklärte Joan erschöpft. »Ich habe eine Nachricht bekommen, in der behauptet wurde, das Leben meiner Tochter sei in Gefahr und dass ich den Überbringer der Botschaft sofort an dem Monument im Garten treffen sollte, ohne dass mir weitere Einzelheiten mitgeteilt wurden. Ich fürchte, ich bin in Panik geraten.«
»Ist Ihnen denn nicht der Gedanke gekommen, dass die Nachricht ein Lockmittel war, das sie aus der Sicherheit des Ballsaales wegholen sollte?«, fragte Tobias.
Lavinia, die auf dem Samtkissen ihm gegenüber saß, warf ihm einen scharfen Blick zu. Er ignorierte ihn. Er wusste sehr gut, dass seine Stimme ein wenig barsch geklungen hatte, doch es scherte ihn nicht, dass er Joan womöglich verletzt hatte.
Er war in keiner guten Stimmung. Als er zusammen mit Anthony in den Ballsaal der Colchesters gekommen war und festgestellt hatte, dass sowohl Joan als auch Lavinia verschwunden waren, war er bereit gewesen, das ganze Haus auseinander zu nehmen. Emeline war es gewesen, die ihn davon abgehalten hatte, eine wahrhaft unvergessliche Szene zu machen. Sie hatte vom Balkon aus nach Lavinia und Joan Ausschau gehalten und hatte die beiden gerade entdeckt, wie sie sich durch den Garten schlichen.
Tobias hatte sie sofort alle weggebracht, er hatte Joans elegante Kutsche herbeigerufen, und sie waren ohne Abschied verschwunden. Joan hatte nicht protestiert, als er sie zusammen mit Lavinia, Emeline und Anthony in die Kutsche gesetzt hatte.
Erst nachdem sie alle sicher im Inneren der Kutsche waren, hatte Lavinia ihm schnell eine zusammengefasste Version der Ereignisse im Ballsaal und im Garten gegeben. Die Befriedigung, die er empfunden hatte, nachdem er den Brief in Nevilles Schrank gefunden hatte, war augenblicklich verschwunden.
Alles, woran er in diesem Augenblick denken konnte, war, dass Joan nicht nur sich selbst in dem überwucherten Garten in Gefahr gebracht hatte, sie hatte auch Lavinia dazu veranlasst, sich in große Gefahr zu begeben.
Abwesend bewegte er die Hand auf seinem Oberschenkel hin und her und versuchte, den dumpfen Schmerz in seinem Bein zu lindern. Joans elegante, gut gefederte Kutsche war wesentlich komfortabler als die Mietkutsche, die Anthony herbeigerufen hatte, um ihn von der Straße aufzulesen, doch die weichen Kissen trugen nicht dazu bei, seine Laune zu verbessern.
»Ich bin keine dumme Frau, Mr March.« Joan sah aus dem Fenster der Kutsche. »Mir war klar, dass diese Nachricht ein Köder sein konnte. Aber sie bedeutete auch eine Bedrohung für meine Tochter. Ich hatte gar keine andere Wahl, als auf die Nachricht zu reagieren. Ich war in der Tat sehr verzweifelt.«
»Eine vollkommen verständliche Reaktion«, erklärte Lavinia schnell. »Jede Mutter hätte das Gleiche getan. Und nicht nur jede Mutter, würde ich behaupten.« Sie warf Tobias einen bedeutungsvollen Blick zu. »Was hättest du getan, Sir, wenn du eine Nachricht bekommen hättest, die angedeutet hätte, dass Anthony in großer Gefahr ist?«
Anthony stieß ein eigenartiges Geräusch aus, das auch ein Ausdruck von Belustigung hätte sein können.
Tobias unterdrückte einen Fluch. Die Antwort auf ihre Frage war für sie alle offensichtlich. Was hätte er getan, wenn er eine Botschaft bekommen hätte, die besagte, dass Lavinia in Gefahr war? Auch die Antwort auf diese Frage kannte er.
Es hatte keinen Zweck, so weiterzuargumentieren, dachte er. Lavinia stand fest auf der Seite ihrer Klientin.
»Es scheint sehr deutlich«, meinte Lavinia in der offensichtlichen Absicht, das Thema zu wechseln, »dass Neville die Bühne für all die Ereignisse an diesem Abend vorbereitet hat. Ich wäre nicht überrascht herauszufinden, dass er sogar Pomfrey dazu gebracht hat, sich bei Emeline zu entschuldigen, weil er mich ablenken wollte.«
Emeline zog die Augenbrauen zusammen und sah betroffen aus. »Glaubst du, dass er sich auch selbst eine Nachricht geschickt hat und nicht nur Mrs. Dove?«
»So sieht es wenigstens aus, nicht wahr? Es gab ihm die perfekte Entschuldigung, den Ballsaal zu verlassen. Wenn jemand Nachforschungen anstellt, dann wird es zweifellos einige Menschen geben, die bezeugen können, dass er eine Nachricht bekam und gezwungen war zu gehen.«
»Aber er hat das Haus durch die Vordertür verlassen«, meinte Anthony.
»Das bedeutet, dass einer seiner Lakaien ihm seinen Mantel und seinen Hut gebracht hat«, meldete sich Lavinia leise. »Es erlaubte ihm auch, in seine Kutsche zu
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