Lavinia & Tobais 01 - Liebe wider Willen
gehen, um den Feuerhaken zu holen oder was auch immer es war, das er als Waffe bei sich trug.«
Emeline nickte. »Ja, das ergibt einen Sinn. Es wäre einfach genug für ihn gewesen, ungesehen in den Garten von Colchester einzudringen. Das Gelände ist ziemlich weitläufig.
Es muss einige Stellen geben, wo man über die Mauer klettern kann.«
»Wenn meine Leiche dann endlich entdeckt worden wäre, hätte es nichts gegeben, was Neville mit dem Mord in Verbindung gebracht hätte«, sagte Joan leise.
Tobias sah, dass ein kleiner, aber unübersehbarer Schauer durch Lavinias Körper lief.
»Es passt alles zusammen«, meinte Anthony. »Neville hat heute Abend versucht, Sie umzubringen, genau wie er all die anderen Frauen umgebracht hat. Vielleicht hatte er die Absicht, auch Ihren Körper in den Fluss zu werfen. Er hätte ihn sehr leicht in seiner Kutsche dorthin bringen können.« Joan warf ihm einen eigenartigen Blick zu. »Was haben Sie doch für eine lebhafte Vorstellungskraft, Sir.«
Anthony grinste verlegen. »Entschuldigung.«
Joan verzog spöttisch den Mund. »Man muss sich fragen, ob er die Absicht hatte, seinem privaten Künstler den Auftrag zu geben, eine Totenmaske von mir zu machen. Stellen Sie sich doch nur vor, meine Gesichtszüge könnten bei einer der erotischen Statuen in Huggetts Museum landen.«
Einen Augenblick lang sagte niemand mehr ein Wort.
Joan wandte sich an Tobias, ihre Augen blickten grimmig und ernst. »Es scheint, dass Sie und Lavinia die Sache richtig einschätzen, Sir. Ich bin gezwungen anzunehmen, dass Neville ein Mörder ist und sehr wahrscheinlich auch ein Mitglied des Blue Chamber, wie Sie es behauptet haben. Ich kann nur sehr schwer begreifen, dass mein Mann das Haupt einer kriminellen Organisation war, aber alles andere ergibt keinen Sinn. Offensichtlich glaubt Neville, dass ich zu viel weiß, und er möchte mich zum Schweigen bringen.«
Kurze Zeit später setzte sich Lavinia hinter ihren Schreibtisch, während Anthony vor dem Kamin hockte, um ein Feuer anzuzünden. Emeline setzte sich in einen der Lesesessel. Tobias öffnete den Schrank, in dem der Sherry verwahrt wurde.
Lavinia sah ihm zu, wie er zwei Gläser Sherry eingoss. Etwas an der Art, wie er sich bewegte, verriet ihr, dass sein Bein sehr schmerzte. Kein Wunder. Er hatte es heute Abend sehr angestrengt.
»Glaubt ihr, dass Joan Dove die Wahrheit sagt, wenn sie behauptet, dass sie nicht gewusst hat, dass ihr Mann Azure war?«, fragte Anthony in den Raum.
»Wer kann das schon sagen?« Tobias stellte ein Glas auf den Schreibtisch vor Lavinia und nahm dann einen Schluck aus seinem Glas. »Die Gentlemen der höheren Gesellschaft diskutieren kaum über ihre Angelegenheiten mit ihren Frauen, seien es nun finanzielle oder andere Dinge. Wie Lavinia schon sagte, Witwen sind meist die Letzten, die Einzelheiten über das Vermögen der Familie erfahren. Es ist ganz sicher möglich, dass Dove seine Frau über seine kriminellen Aktivitäten im Dunkeln gelassen hat.«
»Sie hat es gewusst«, sagte Lavinia leise.
Es gab eine erstaunte Pause. Alle sahen sie an.
Sie zuckte mit den Schultern. »Sie ist eine sehr intelligente Frau. Sie hat ihn tief geliebt, und die beiden verband ein sehr enges Band. Sie musste wissen, oder zumindest musste sie annehmen, dass Fielding Dove Azure war.«
Emeline nickte. »Da stimme ich dir zu.«
»Wie auch immer es gewesen sein mag, sie. wird es sicher nicht zugeben«, meinte Tobias.
»Dafür kann man ihr wohl kaum einen Vorwurf machen«, sagte Lavinia. »An ihrer Stelle würde ich alles tun, um die Wahrheit zu verbergen.«
»Aus Angst vor Klatsch?«, fragte Tobias interessiert.
»Nein«, widersprach Lavinia. » Mrs. Dove ist sehr wohl in der Lage, einem Sturm an Gerüchten zu widerstehen.«
»Da hast du Recht«, stimmte ihr Tobias zu.
»Es gibt andere Gründe, warum eine Frau alles tun würde, um den guten Namen ihres Mannes zu schützen«, behauptete Lavinia.
Tobias zog eine Augenbraue hoch. »Und was sind das für Gründe?«
»Liebe. Zuneigung.« Sie betrachtete den Sherry in dem Glas vor ihr. »Solche Dinge.«
Tobias sah in die Flammen. »Ja, natürlich. Solche Dinge.«
Wieder gab es ein längeres Schweigen. Diesmal war es Emeline, die es brach. »Sie haben uns noch gar nicht erzählt, was Sie heute Abend in Nevilles Haus gefunden haben, Mr March«, sagte sie.
Er lehnte sich gegen den Kaminsims. »Ich habe einen Brief gefunden, der Neville mit dem Tod von Bennett Ruckland in Verbindung
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