Lavinia & Tobais 01 - Liebe wider Willen
vornehmen Lady erwartete, die am Nachmittag ihre Gäste bediente. Aber es war nicht drei Uhr am Nachmittag. Es war drei Uhr morgens. Sie und Tobias waren nicht hierhergekommen , um ein wenig über die neuesten Skandale der feinen Gesellschaft zu klatschen. Sie waren hier, um Mrs. Dove zur Rede zu stellen.
Bis jetzt hatte nur sie geredet. Tobias räkelte sich in einem Sessel, er blickte erstarrt vor sich hin und sagte nur wenig. Lavinia machte sich Sorgen um ihn. Er hatte sich noch die Zeit genommen, um nach Hause zu gehen und sich umzuziehen, ehe er dann vor ihrer Tür gestanden hatte, mit den Überresten des Tagebuches in der Hand. Sie war sicher, dass seine äußerliche Ruhe nur gespielt war. Er hatte heute Nacht eine Menge durchgemacht. Sie wusste, dass sein Bein ihm große Schmerzen verursachte.
»Was stand denn in der Botschaft?«, fragte Tobias.
Joan zögerte fast unmerklich, als sie die Teekanne abstellte. »Es war keine schriftliche Botschaft. Ein junger Kerl von der Straße erschien an meiner Tür und sagte, dass ich das, wonach ich suchte, in der Tartie Lane Nummer siebzehn finden könnte. Ich habe Herbert hingeschickt.«
»Das reicht, Mrs. Dove.« Lavinias Zorn kochte über. »Wenn Sie uns schon nicht die Wahrheit sagen können, dann gestehen Sie das doch wenigstens ein.«
Joan presste die Lippen zusammen. »Wieso zweifeln Sie an mir, Mrs. Lake?«
»Sie haben gar keine Nachricht bekommen. Sie haben Herbert ausgeschickt, damit er Mr March folgen sollte, ist es nicht so?«
Joans Augen blickten kalt. »Warum sollte ich so etwas tun?«
»Weil Sie gehofft haben, dass Mr March das Tagebuch finden würde, und wenn es so wäre, dann sollte Herbert es ihm stehlen. Ist das nicht die Wahrheit?«
»Wirklich, Mrs. Lake. Ich bin es nicht gewohnt, dass man an meinen Worten zweifelt.«
»Wirklich nicht?« Lavinia lächelte kalt. »Wie eigenartig. Mr March glaubt, dass Sie uns von Anfang an belogen haben. Aber ich war bereit, Ihnen Ihre Geschichte zu glauben, wenigstens den größten Teil davon. Doch wie es scheint, haben Sie versucht, uns zu hintergehen, und das ist unerträglich.«
»Ich verstehe gar nicht, warum Sie so wütend sind.« Aus Joans Stimme klang leichter Tadel. »Es ist Mr March doch nichts geschehen heute Nacht.«
»Wir sind nicht Ihre Spielfiguren, die Sie auf Ihrem Spielbrett hin und her bewegen können, Mrs. Dove. Wir sind Profis.«
»Ja, natürlich.«
»Mr March hat sein Leben aufs Spiel gesetzt, als er in diese Gasse und in das Gebäude ging. Er hat in Ihrem Auftrag gehandelt. Aber ich bin davon überzeugt, dass Ihr Mann, Herbert, versucht hätte, ihm das Tagebuch mit Gewalt wegzunehmen, wenn er geglaubt hätte, dass Mr March es gefunden hätte.«
»Ich versichere Ihnen, ich hatte nicht den Wunsch, dass Mr March oder sonst irgendwem etwas passierte.« Joans Stimme klang jetzt ein wenig schrill. »Ich habe Herbert nur gesagt, er solle ihn im Auge behalten. Das ist alles.«
»Ich habe es gewusst. Sie haben ihn wirklich dazu abgestellt, Mr March zu bespitzeln.«
Joan zögerte. »Es schien mir angemessen zu sein.«
»Bah.« Lavinia reckte die Schultern. »Mr March hat Recht. Sie haben uns von Anfang an belogen, meine Geduld ist am Ende. Wir haben unsere Aufgabe erfüllt, Madam. Hier ist das Tagebuch. Es ist recht unleserlich, wie Sie sehen können, aber wenigstens kann es jetzt keinen Schaden mehr anrichten.« Joan runzelte die Stirn, als sie die verkohlten Überreste des Tagebuches des Kammerdieners betrachtete. Sie lagen auf einer silbernen Platte.
»Aber Sie können mit Ihren Nachforschungen doch jetzt nicht aufhören«, meinte sie. »Wer auch immer dieses Tagebuch verbrannt hat, hat es zweifellos zuerst gelesen.«
»Vielleicht«, stimmte Lavinia ihr zu. »Aber Mr March und mir ist es klar, dass jemand uns mit der Zerstörung des Tagebuches sagen wollte, dass die ganze Geschichte zu Ende ist. Wir nehmen an, dass derjenige ebenfalls ein Opfer von Holton Felix ist, sehr wahrscheinlich die Person, die ihn auch umgebracht hat.«
Tobias warf einen Blick auf die Platte. »Ich glaube, dass er uns mehr mitteilen wollte, nicht nur, dass es keine Erpressungsversuche mehr geben wird.«
»Wie meinen Sie das?«, fragte Joan schnell.
Tobias' nachdenklicher Blick ruhte noch immer auf dem verkohlten Buch. »Ich denke, man will uns dazu bringen, unsere Nachforschungen in dieser Sache aufzugeben.«
»Aber was ist mit der Morddrohung, die ich erhalten habe?«, wollte Joan wissen.
»Das ist jetzt
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